Für Space-Cookies muss man zuerst Cannabis-Butter herstellen, also ein Öl-Extrakt aus den Blüten oder Blättern, um die Cannabinoide zu lösen und über das Gebäck für die Verdauung besser bioverfügbar zu machen. Wenn man andere traditionelle Rezepte mit Cannabis anschaut, merkt man schnell, dass häufig eine Fettquelle verwendet wird, um die Cannabinoide aus den Pflanzenteilen zu lösen. Wasser alleine kann das nicht so gut wie Fett. Cannabinoide wie THC und CBD sind in ihrer natürlichen Form nämlich überwiegend fettlöslich und nur in sehr geringem Maße wasserlöslich.
Ist wasserlösliches CBD besser?
Man findet heute im Handel aber auch wasserlösliches CBD-Isolat oder Produkte, die es enthalten und es scheint besser bioverfügbar und total praktisch zu sein. Ein in Wasser lösliches CBD ist klasse, da man Getränke dann einfach mit CBD infusen kann! Auch die Kosmetikindustrie würde ein wasserlösliches CBD sicherlich sehr spannend finden, um das CBD dann besser über die Hautporen resorbierbar zu machen. Ob das so einfach geht und ob wasserlösliches CBD so viel besser bioverfügbar ist als Vollspektrum CBD-Öl, schauen wir uns jetzt mal genauer an.
Diese wasserlöslichen CBD-Isolate sind in den meisten Fällen tatsächlich nur mithilfe von Emulsions- oder Suspensionsmitteln in Wasser löslich, wobei das CBD dabei nicht wirklich gelöst wird, sondern nur in dem Wasser besser verteilt wird und sich dann nicht am Boden absetzt. Es wird eine Suspension erzeugt. Das Wort Suspension beschreibt ein Stoffgemisch aus einem fein verteilten Feststoff in einer Flüssigkeit. Ein renommierter Hersteller aus den USA stellt ein solches Produkt in Form eines weißen Pulvers her, bezeichnet es allerdings nicht als wasserlöslich, sondern als „Wasser mischbar“ und „stabil in Lösung“. Ich habe mir dieses Produkt genauer angeschaut, es lässt sich tatsächlich gut in Wasser (bei Zimmertemperatur) vermischen. Es bilden sich keine Klumpen und auch am Boden bildet sich nicht so schnell ein Absatz.
Das Wasser bekommt eine leicht milchige Färbung. Wenn man normales CBD-Isolat in Wasser gibt, kann man sogar sehen, dass es sich nicht gut mit dem Wasser verbindet, es flockt oder setzt sich ab am Boden. Von daher scheint das Produkt aus den USA auf den ersten Blick nicht schlecht zu sein. Als ich mir die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe näher betrachtete, musste ich dann doch staunen, denn es war nur 20 % CBD drin. Die restlichen 80 % bestehen aus modifizierter Lebensmittelstärke und Akazienfaser (Ballaststoffe). Außerdem gibt es ähnliche solcher „wasserlöslichen“ Produkte von anderen Herstellern, die dann statt Stärke pflanzliches Lecithin und Akazienfaser (auch bekannt unter dem Namen Gummi arabicum) enthalten. Aus lebensmitteltechnischer Sicht ist das nicht weiter tragisch. In der Lebensmittelindustrie werden solche Zusatz-, Träger- oder Füllstoffe wie modifizierte Stärke und Ballaststoffe recht häufig verwendet. Wirklich bedenklich sind solche Stoffe auch nicht, vor allem wenn man sie nicht täglich in großen Mengen verzehrt.
Wie sich solch ein Produkt bzw. die nun zwangsläufig enthaltenen Zusatzstoffe in Kombination mit dem CBD dann im Verdauungstrakt verhalten und inwiefern das Erzeugnis besser bioverfügbar ist als das „normale“ CBD, das konnte mir bislang noch keiner so genau erklären. Eine ballaststoffreiche Ernährung gilt bekannterweise als gesund und die Darmflora (als „Darmmikrobiota“ bezeichnet) spielt eine große und wichtige Rolle bei der Verdauung von Lebensmitteln. Ob CBD in Kombination mit löslichen Ballaststoffen wie Akazienfaser nun besser im Darm resorbiert wird, wage ich allerdings zu bezweifeln. Einige Chemiker, mit denen ich darüber sprach, sind der Ansicht, dass diese Form von „wasserlöslichen“ CBD-Mischungen keine verbesserte Bioverfügbarkeit mit sich bringen.
Direkte Studien darüber, ob ein solches „wasserlösliches“ CBD-Isolat, ein normales fettlösliches CBD-Isolat oder ein Vollspektrum-Extrakt besser bioverfügbar ist, habe ich bislang bedauerlicherweise noch nicht finden können. Mein subjektives Gefühl und meine Erfahrung mit CBD Produkten sagt mir, dass diese „wasserlöslichen“ CBD-Produkte nicht besser bioverfügbar sind als ein Voll- und Breitspektrum CBD-Öl. Bioverfügbarkeit ist meiner Ansicht nach vielmehr eine Frage der Art und Weise der Einnahme von CBD – z. B. in Kombination mit einer fetthaltigen Mahlzeit (idealerweise Omega-3-Fettsäuren) und der intakten Vielfalt der natürlich enthaltenen Pflanzenstoffe: Cannabinoide, Terpene, Flavonoide, Chlorophyll.
Ein wirklich wasserlösliches CBD müsste nach meinem Verständnis eher eine technische Umwandlung des CBD-Moleküls voraussetzen. Ob man dann ein natürlich gewonnenes CBD Molekül technisch umwandelt oder ob dann ganz auf synthetische Cannabinoide gesetzt wird, bleibt schleierhaft. Die Gerüchteküche brodelt, dass einige technische Innovationen auf dem Weg sind, um das CBD-Molekül so umzuwandeln, dass es in Wasser löslich ist. Alles noch streng geheim. Ein Händler bietet mir am Abend vor Abgabe dieses Artikels für das Hanf-Magazin dann noch ein solch chemisch und technisch umgewandeltes CBD-Isolat an. Er bezeichnet diese Produkte als komplett wasserlöslich und betont, dass sie eben nicht nur eine Suspension bilden und gänzlich ohne Emulgatoren und Stabilisatoren auskommen.
Es handelt sich um chemisch modifiziertes Cannabidiol in zwei Varianten. Die erste Variante ist für pH-Bereiche unter 7 und enthält 2 Aminogruppen als Ammoniumchlorid Salze, die Summenformel ist C33H50Cl2N2O8. Die zweite Variante ist für pH-Bereiche über 7 und enthält 2 Carbonsäuregruppen als K + Salze, die Summenformel ist C25H32K2O6. Auch für Leser, die keine Biochemiker sind, lässt sich hier anhand der Summenformel erkennen, dass die molekulare Struktur geändert wurde. Normales CBD hat die Summenformel C21H30O2. Der Händler meint, dass es sich um patentierte Produkte handelt. Was die Bioverfügbarkeit angeht, so schätze ich mal, dass sie recht hoch sein wird, genaueres kann man aber erst sagen, wenn man solche Produkte ausgiebig testet. Sobald sich das Molekül eines Inhaltsstoffes für Lebensmittel verändert, ist es aus lebensmittelrechtlicher Sicht allerdings wieder als neuartig, also Novel Food, einzustufen. Selbst wenn das normale CBD nun endgültig auf EU-Ebene zugelassen wird, müsste solch ein wasserlösliches, chemisch modifiziertes CBD hinsichtlich der Verbrauchersicherheit neu bewertet werden.
Wohingegen das CBD, das wassermischbar ist und mit Stärke und Akazienfaser oder anderen Emulgatoren vermischt ist, keine zusätzliche Novel Food Hürde mit sich bringt, da das CBD Molekül an sich nicht verändert wurde. Wie das bei der Verwendung als Kosmetik aussieht, kann ich nicht absehen. Ich vermute, dass chemisch modifiziertes CBD hier einfacher und schneller für die Verwendung genehmigt wird als im Lebensmittelbereich. Wir dürfen also gespannt sein, wie sich die CBD-Evolution weiter entfaltet. Ich plädiere weiterhin für natürliche und hochwertige Vollspektrum und Breitspektrum CBD-Öle, da ich der Meinung bin, dass insbesondere die Vielfalt der enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe (Cannabinoide, Terpene, Flavonoide, Chlorophyll) die entscheidende Rolle für den Entourage-Effekt und somit die Effizienz spielen. Warum ich das so sehe, könnt ihr in meinem neuen Buch CBD – Heilen mit Hanf ohne „High“ nachlesen, welches ab 1. Februar 2021 im Buchhandel erhältlich ist. Auf der Website des Verlags ist bereits eine kostenfreie Leseprobe erhältlich.
Über den Autor, Milan Hartmann:
Jahrgang 1986, ist Ernährungswissenschaftler in zahlreichen alternativen Heilmethoden ausgebildet und steht für eine gesunde Lebensweise zum Wohle des größeren Ganzen. Mit seinen Büchern möchte er die Leser zu einem gesunden und glücklichen Lebensstil inspirieren. Milan Hartmann hat mehrere Jahre berufliche Erfahrung mit Superfoods und Nahrungsergänzungsmitteln. Seit Anfang 2019 arbeitet er intensiv in der Nutzhanf- und medizinisch orientierten Cannabisbranche. Der Autor lebt mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern in Radebeul bei Dresden.