Es gibt sicher immer noch einige Leute mit dem Bierglas in der Hand, die bezeichnen heilsame Effekte durch Medizinalhanf als bloße Einbildung von zugedröhnten Patienten oder denken bei THC gleich an Sprengstoff, der so ähnlich klingt, gefährlich ist und ebenfalls nur drei Buchstaben hat.
Beide Extreme bestimmen seit Jahren und hierzulande weiterhin die Argumente der Gegner einer Cannabis-Legalisierung, selbst wenn unzählige Studien der internationalen Forschung über Cannabinoide eine angebliche Wirkungslosigkeit genauso deutlich widerlegt haben wie scheinbar unvermeidliche Psychosen. Nun aber sorgt eine neue Untersuchung für Schlagzeilen, nach der unsere Überzeugungen gegenüber psychoaktiven Substanzen, wie in Haschisch und Marihuana vorhanden, direkt Einfluss nehmen auf Wirkung, Verhalten, Gehirnströme – was bedeutet das für Medizin und Pharmakologie?
Durch Überzeugung in die Abhängigkeit von Genussmitteln?
Besagte Studie von der Mount Sinai University hatte keine Hanfpflanzen im Labor auf dem Tisch, sondern beschäftigte sich mit einem Wirkstoff aus einer Botanik, der schon viel länger intensiv erforscht werden darf – Nikotin und Tabak! Neuronale Abläufe etwa, denen Überzeugungen zugrunde liegen, können logischerweise bei jeder berauschenden, belebenden Substanz von Cannabis bis Zigaretten sowohl eine potenzielle Sucht fördern als auch umgekehrt beim unkomplizierten Umgang in der Freizeit oder einer therapeutischen Verwendung jene riskanten Konsummuster vorteilhaft ausbalancieren.
Normalerweise sind Überzeugungen ein Thema in der praktischen Philosophie, Fachgebiet Ethik, manchmal vielleicht noch in der philosophischen Linguistik und Rhetorik, doch genuin neurowissenschaftlich aktive Forscher trauten sich bis dato nur selten an diesen im Menschen so tief sitzenden Hebel. Heute aber schaut man immer öfter rein in den Kopf und wollte an der „Ican School of Medicine“ wissen, wie die Überzeugung rund um das Dosieren von Wirkstoffen wie THC und in diesem Fall eben Nikotin ihren Einfluss geltend macht. Die Neurologie kann mittlerweile messen und analysieren, was im Gehirn passiert, bevor wir Entscheidungen zum Konsum treffen.
Durch Nikotin aktivierte Schaltkreise im Gehirn beeinflussen Entscheidungen – und umgekehrt!
Ersteres wissen wir bereits auch zum Cannabis bestens, doch nun wurde ebenso gezeigt, wie Überzeugungen den Effekt vom psychoaktiven Stoff nach der Einnahme beginnen zu beurteilen und daraus dann eine entsprechend betreffende Entscheidung ableiten. Man gab Probanden verschiedene Stärken Nikotin zur Einnahme und schaute sich im Anschluss das Gehirn auf einem MRT an, wie es mit gestellten Aufgaben umging und dabei ständig neuronal Bezug nahm auf die Dosierung der inhalierten Substanz. War das Nikotin sehr stark, hielten alle Teilnehmer weniger Potenz für sinnvoll, die bei vorheriger Befragung bereits weniger Interesse an dem Wirkstoff dokumentiert hatten.
Es klingt vielleicht banal, zu sagen, dass die subjektive Einstellung gegenüber Hanf und THC den tatsächlichen Umgang strukturiert, aber laut Forschung ist genau das der Fall. Wer beispielsweise als Patient Grasblüten gegen Schmerzen verdampft, wird keineswegs süchtig und so weiter, sondern konsumiert mit Überzeugung aus therapeutischen Zwecken. Immer mehr Cannabis, Bong rauchen und extrem viel THC spielt da keine Rolle und wird es nach Ansicht der neuen Studie auch nie werden.
In der erwähnten Philosophie bezeichnet man als „Hermeneutik“ jenen gleichfalls scheinbar banalen, aber faktisch entscheidenden Umgang mit Wissen und Texten durch Überzeugung. Was wir an Stoff in der Schule hassten, das lernten wir auch nur äußerst mühsam, während Begeisterung für eine schnelle, wirkliche Aufnahme der Informationen gesorgt hat.
Lässt sich Cannabiskonsum durch Persönlichkeit steuern und kontrollieren?
Die Wissenschaft hält das für möglich, schaut aber naturgemäß zunächst primär auf eigene Fachgebiete. Es geht um Intervention von Experten im Fall von Sucht, Abhängigkeit und problematischen Konsum von Genussmitteln, die der Gesundheit schaden oder aufgrund spezifischer Effekte im Alltag nachteilige Auswirkungen können. Letztere werden allerdings wie eben beim Cannabis oft vorwiegend durch staatliche Verbote befördert. Es ist wenig überraschend, wenn ähnliche Studien aus der Neurologie und auch Psychologie zeigen, wie eine echte Legalisierung rasch und zuverlässig für gelebte Normalität beim Hanf führt.
In den USA plant man an den neurologischen Instituten die ersten Kombi-Therapien mit Überzeugungen und Psychopharmaka, MRT-Check und Entscheidungsfindung. Dort verkneifen sich die Wissenschaftler im Bericht vom Fachmagazin die Frage nach einer individuellen Ausbildung von Überzeugungen, damit beim Umgang mit Drogen nichts schiefgeht. Natürlich ist das kein so simples Thema und auf keinen Fall sind die meisten Menschen heute in der Lage, etwa Opiate in Eigenverantwortung über lange Zeiträume umsichtig zu konsumieren.
Ein gesunder, frischer, neugieriger Geist hingegen und eine Persönlichkeit mit Selbstbewusstsein wird jedenfalls bei Cannabis mit Sicherheit seltener in Schwierigkeiten wegen THC landen als jemand, der in ständiger Sorge vor Cops und besorgten Bürgern mit schmierigen Dealern Geschäfte machen muss.
Quellen und weiterführende Links