Mit den Plänen der deutschen Bundesregierung, Cannabisgenuss erwachsener Bürger zu entkriminalisieren, verstärkte sich auch die Debatte, ob der THC-Grenzwert im Straßenverkehr erhöht werden müsste. Erst im August des vergangenen Jahres äußerten sich Experten auf dem Verkehrsgerichtstag diesbezüglich und forderten eine Erhöhung der bislang geltenden Regel. Nur 1,0 Nanogramm müssen bei Kontrollen aktuell im Blut eines Fahrzeugführers nachgewiesen werden, um diesen mit Sanktionen hin zum Führerscheinentzug zu bestrafen.
Dieser Wert ist selbst nach vielen Tagen oder sogar einigen Wochen nach dem Konsum noch nachweisbar, obwohl eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit nahezu auszuschließen ist. Doch in der Diskussion über die Erhöhung auf einen wirklich die Teilnahme am Straßenverkehr behindernden Grenzwert wird weiterhin von Gegnern mit alten Argumenten geführt. Es gäbe keine wissenschaftlichen Grundlagen, auf die man sich stützen könnte, um eine Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Im Gegensatz zu Alkohol wäre der Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit bei Cannabis zu individuell, heißt es auch.
Die Sicherheit im Straßenverkehr dürfe daher nicht zur Disposition stehen, hieß es einst seitens des ADAC beispielsweise. Doch dass sich mit einer Legalisierung wenig auf den Straßen ändern dürfte, hat nun eine aktuelle Untersuchung aus Kanada herausgefunden, wo nach der Freigabe von Cannabis kein signifikanter Einfluss auf die Anzahl der Verkehrsunfälle wahrgenommen werden konnte.
Werte vor und nach der Legalisierung fast unverändert
Kanadische Forscher haben die Entwicklung von Verkehrsunfällen in Toronto in den Jahren vor und unmittelbar nach der Einführung der Legalisierung des Konsums für Erwachsene untersucht und ihre Erkenntnisse im Journal Drug and Alcohol Review veröffentlicht. Durch die Datenanalyse wurde festgestellt, dass weder die Legalisierung von Marihuana für Erwachsene noch die Zunahme des Einzelhandelsverkaufs von Cannabis mit einem Anstieg von Kraftfahrzeugunfällen verbunden wäre.
Die Forscher berichten, dass der Canadian Cannabis Act sowie auch die Anzahl der Cannabisgeschäfte pro Kopf nicht in Verbindung mit einer gleichzeitigen Veränderung der Verkehrssicherheitsergebnisse stehen würden. Im ersten Jahr der Umsetzung des Gesetzes zum Freizeitkonsum von Cannabis in Toronto hätten keine signifikanten Veränderungen bei Unfällen, der Anzahl von Verkehrsopfern und getöteter oder schwer verletzten Verkehrsteilnehmer beobachtet werden können.
Ein bestätigendes Ergebnis
In den vergangenen zehn Jahren hatten bereits eine Reihe von anderen Studien damit begonnen, den Zusammenhang zwischen dem Freizeitkonsum von Cannabis und Verkehrsunfällen zu untersuchen. In der aktuellen Analyse brachten die Forscher neben den Unfällen und der Verfügbarkeit von Cannabis ebenfalls die Daten um Niederschlag, Temperatur und Schnee ins Spiel. Die Informationen stammen vom Toronto Police Service, der Alcohol and Gaming Commission of Ontario und von Environment Canada.
Der Analysezeitraum war vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2019. Bereits vorangegangene Untersuchungen in diese Richtung aus dem letzten Jahr fanden keine Beweise für eine Veränderung im Straßenverkehr nach der stattfindenden Legalisierung. Wie Norml.org berichtet, hieß es in dieser Studie, dass die Umsetzung des Cannabisgesetzes „nicht mit signifikanten Veränderungen in den Mustern der verkehrsbedingten Notaufnahmen aller Fahrer oder speziell der verkehrsbedingten Notaufnahme-Besuche von jungen Fahrern verbunden war.“
Eine andere in diesem Jahr veröffentlichte Studie konnte ebenfalls davon berichten, dass es insgesamt keine eindeutigen Beweise dafür gebe, dass die Freizeit-Cannabisgesetze irgendeine Auswirkung auf die Anzahl von Behandlungen in der Notaufnahme oder Krankenhauseinweisungen aufgrund von Verletzungen durch Kraftfahrzeuge oder Fußgänger sowie Radfahrer in ganz Kanada gegeben hätte.
Diese Erkenntnisse aus Kanada sollten unter Berücksichtigung der Verkehrssicherheit in die Debatte über eine Erhöhung des THC-Grenzwertes für Fahrzeughalter bitte schön berücksichtigt werden. Im Endergebnis sprechen die Forscher der neusten Analyse schließlich davon, dass ohne eindeutigen Kausalzusammenhang die kanadischen Cannabisgesetze mit einem nicht signifikanten Rückgang der Verkehrsunfälle von bis zu neun Prozent in Verbindung gebracht werden könnten.