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Migräne ist eine schmerzhafte neurologische Erkrankung, die anfallsartig auftritt und in westlichen Industrieländern etwa 10 % der Bevölkerung betrifft. Neben starken Kopfschmerzen, die in der Regel einseitig auftreten, kommt es auch zu Störungen im Gesichtsfeld, Lichtempfindlichkeit und Übelkeit. Es gibt eine Reihe an medikamentösen Ansätzen, die sowohl akute Anfälle lindern, als auch das Auftreten neuer Anfälle reduzieren können, welche jedoch oft mit Nebenwirkungen verbunden sind.
Immer mehr Erkenntnisse sprechen dafür, dass Cannabis eine effektive Therapie darstellen könnte. Da Cannabinoide auch bei anderen neurologischen Erkrankungen, sowohl bei neuropathischen Schmerzen, als auch bei weiteren Begleitsymptomen wirksam sind, liegt die Vermutung nahe, auch Migräne damit therapieren zu können. Nun gibt es eine neue Studie von 2024, die diese Wirkung bestätigen konnte.
Klinische Studie an 92 Patienten
Ein Forschungsteam aus Kalifornien veröffentlichte 2024 die Ergebnisse einer klinischen Studie, welche die Wirksamkeit von verschiedenen Cannabinoiden bei Migräne untersuchte. Für die Studie wurden 92 Migränepatienten ausgewählt. Die Patienten litten in unterschiedlicher Häufigkeit und Intensität an Migräneanfällen. 71 der Teilnehmer hatten während des Beobachtungszeitraums mindestens 1 Anfall. Ziel der Studie war es, bei jedem Patienten bis zu vier Migräneattacken mit verschiedenen Zubereitungen zu behandeln und im Anschluss die Schmerzfreiheit und Anfallsfreiheit in den Tagen danach zu bewerten.
Insgesamt wurden 234 Migräneanfälle behandelt, wobei bei jedem Anfall ein anderes Präparat zum Einsatz kam. Zur Auswahl standen neben einem Placebo ein 6%iges THC-Konzentrat, ein 11%iges CBD-Konzentrat sowie eine Mischung aus 6 % THC und 11 % CBD. Das Präparat wurde mit einem Vaporizer inhalativ verabreicht. Zwischen den einzelnen Verabreichungen wurde 1 Woche Pause eingehalten, um Wechselwirkungen auszuschließen. Anhand einer Skala wurden 2 Stunden nach der Einnahme die Schmerzlinderung sowie die Reduktion von Begleitsymptomen bewertet. Untersucht wurde auch die Anfallsfreiheit nach 24 und 48 Stunden. Die Mischung aus 6 % THC und 11 % CBD erwies sich in dieser Studie als am effektivsten. Nach 2 Stunden wurde in 67,2 % der Fälle von einer Schmerzlinderung berichtet.
Bei 34,2 % wurde sogar eine völlige Schmerzfreiheit erreicht. Die weiteren Begleitsymptome wie Übelkeit und Lichtempfindlichkeit waren in 60,3 % der Fälle vollständig verschwunden. Bei jenen Anfällen, bei denen THC alleine verabreicht wurde, zeigte sich eine vergleichbare Schmerzlinderung, jedoch konnten die Begleitsymptome nicht so effektiv beseitigt werden. CBD alleine war in diesem Versuch einem Placebo nicht überlegen. Die Studie konnte eindeutig zeigen, dass eine Kombination aus THC und CBD bei einem Großteil der Patienten einen akuten Migräneanfall stoppen kann und auch für Beschwerdefreiheit in den nächsten 48 Stunden sorgt.
Gute Verträglichkeit
Cannabis wurde sehr gut vertragen. Bei keinem Studienteilnehmer traten erwähnenswerte Nebenwirkungen auf. Wie bei vielen anderen medizinischen Indikationen erwies sich auch hier Cannabis als praktisch nebenwirkungsfreie Alternative zu konventionellen Medikamenten. Häufig kommen zur Behandlung akuter Migräneanfälle nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) zum Einsatz. Diese wirken zwar zuverlässig, bringen aber bei häufiger Anwendung das Risiko von Leberschäden und Magenproblemen mit sich. Obwohl Opiate sehr starke Schmerzmittel sind, erweisen sich diese ausgerechnet bei Migräne in vielen Fällen nicht als wirksam.
Abgesehen davon bergen sie bei Dauergebrauch das Risiko einer erheblichen Abhängigkeit. Nicht zu unterschätzen ist auch der medikamenteninduzierte Kopfschmerz, also ein Kopfschmerz, der durch den Dauergebrauch von Kopfschmerzmitteln ausgelöst wird. Neben NSAR tritt dieses Problem auch bei Ergotaminen und Triptanen auf, die ebenfalls bei Migräne zum Einsatz kommen. Dieser sehr paradoxe Mechanismus, welcher nicht vollständig verstanden ist, führt dazu, dass Kopfschmerzmittel den gegenteiligen Effekt auslösen. Bereits nach 3 Monaten kann sich dieser Effekt einstellen. Dieses Phänomen ist bei Cannabis nicht bekannt.
Indikation für medizinisches Cannabis in einigen Staaten
Auch andere Studien in der Vergangenheit kamen zu dem Ergebnis, dass Cannabis eine Behandlungsoption bei Migräne sein kann. Im Internet finden sich auch zahlreiche Berichte von Patienten, die Cannabis zur Selbstbehandlung gegen Migräne einsetzen und damit gute Erfolge erzielen. Während in Deutschland Migräne bisher nicht explizit als Indikation für die Verschreibung von Cannabis gelistet ist, ist dies in anderen Ländern bereits möglich. In Kanada und einigen US-Staaten ist Migräne eine Indikation für medizinisches Cannabis.