Es gibt viele Vorurteile gegenüber Cannabisnutzern, die jedoch oft nur bedingt eine Berechtigung besitzen. So wird Konsumenten des auch als Arzneimittel eingesetzten Krautes teils die Fähigkeit abgesprochen, alltägliche Dinge, wie das Autofahren, zu bewerkstelligen. Wenngleich es Untersuchungen diesbezüglich gibt, die messbare Einschränkungen als minimal bezeichnen, halten sich diese Thesen recht stabil.
Wenn die Forschung davon berichtet, dass nach dem Gebrauch von Medizinalhanf nur äußerst geringe bis gar keine Veränderung der kognitiven Leistungen messbar sind, befürchten Kritiker schlimme Auswirkungen in vielen Bereichen des Lebens. Doch gerade beim Führen eines Fahrzeugs zeigten neue Ergebnisse einer Untersuchung aus Kanada von Senioren am Steuer überraschende Ergebnisse, die das Gegenteil behaupten lassen. Selbst kurz nach der Einnahme von Cannabis fuhren die getesteten Personen eher vorsichtiger, langsamer und stets den Regeln des Verkehrs entsprechend.
Jetzt hat man in Australien ebenfalls ähnliche Forschung betrieben und die Auswirkung von medizinischem Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit überprüft. Und auch hier kann man davon sprechen, dass ein negativer Einfluss auf das Fahrverhalten nur äußerst gering ausfällt.
Veränderungen gegenüber der Ausgangsleistung minimal
Die im Journal of Psychopharmacology veröffentlichten Ergebnisse der australischen Untersuchung, sagen aus, dass Patienten nach der Einnahme von medizinischen Cannabisprodukten kaum Veränderungen in ihrer Fahrleistung aufzeigen. Um die Auswirkungen zu überprüfen, nahm eine Kohorte von 40 Patienten, die zum Konsum von Cannabis berechtigt sind, an einer Reihe von Fahrsimulatortests am Prüfungsort teil. Vor der Teilnahme wurde eine Basisbewertung des Fahrverhaltens bei den Nutzern durchgeführt.
Am Tag der Studie konsumierten die Patienten dann ihre übliche Dosis an medizinischem Cannabis, entweder Extrakte auf Cannabisbasis oder Blüten der Pflanze. Nach den Fahrtests und deren Auswertung stellten die Forscher keine signifikanten Veränderungen gegenüber der Ausgangsleistung der Patienten fest, die auf eine psychomotorische Beeinträchtigung hindeuten würden. Doch gab es einen kleinen Unterschied bezüglich der eingenommenen Medikamente.
Während Ölkonsumenten tendenziell höhere SDLP-Werte (die Standardabweichung bei der seitlichen Positionierung) aufwiesen, wurden diese im Laufe der Zeit stabil. Weitere Hinweise auf eine Beeinträchtigung bei beiden Verabreichungsarten wären nicht wahrgenommen worden. „In dieser offenen, semi-naturalistischen Studie wurde die simulierte und wahrgenommene Fahrleistung von 40 Patienten vor und nach der Selbstverabreichung ihres eigenen verschriebenen medizinischen Cannabisprodukts bewertet“, berichten die Forscher.
Kein nennenswerter Hinweis auf eine Beeinträchtigung
Die Wissenschaftler führen dazu aus, dass das Fehlen von Veränderungen in der Geschwindigkeitsvariabilität auf eine bescheidene, aber anhaltende Stabilisierung der Fahrzeugkontrolle hindeuten würde. Nicht ein nennenswerter Hinweis auf eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens – das heißt ein signifikanter Rückgang der Fahrleistungskennzahlen innerhalb des simulierten Fahrszenarios – konnte bei beiden Konsumformen im Vergleich zum Ausgangswert beobachtet werden.
Die Autoren der Studie kamen daher zu folgendem Schluss: „Insgesamt deutet diese semi-naturalistische Studie darauf hin, dass medizinisches Cannabis, wenn es wie vorgeschrieben konsumiert wird, einen geringfügigen Einfluss auf die simulierte Fahrleistung hat.“ Nach australischem Recht können Ärzte Cannabisprodukte für Patienten genehmigen, die auf herkömmliche verschreibungspflichtige Behandlungen nicht ansprechen. Die Fähigkeit, verantwortungsvoll ein Auto zu bedienen, verlieren diese Personen aber offensichtlich nicht.
Wie Norml.org zu dieser Veröffentlichung hinzufügt, stimmen die neuen Ergebnisse mit denen mehrerer anderer Studien überein. Auch in vorangegangenen Untersuchungen wurde festgestellt, dass tägliche Cannabiskonsumenten und insbesondere Patienten eine Toleranz gegenüber vielen der psychomotorisch beeinflussenden Wirkungen von Cannabis aufweisen.