Bereits vor und auch nach dem Beschluss des Cannabisgesetzes im Bundestag wurden häufig die Bedenken seitens Kritikern öffentlich gemacht, die vor den möglichen Gefahren des Konsums warnten. Neben gewissen Vereinigungen aus Justiz, Polizei und Pädagogen teilten unter anderem auch immer wieder Teile der Ärzteschaft ihre Befürchtungen mit, die sich in erste Linie auf einen befürchteten Anstieg psychischer Erkrankungen bezogen.
Menschen ab 18 Jahren würden von dem Gesetz nicht geschützt, da die Gehirnentwicklung noch nicht abgeschlossen wäre, was zu großen Schäden führen könne, so unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde. Insgesamt wird oft die Meinung vertreten, dass eine Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken zu mehr Gebrauch und damit auch zu mehr Ausbrüchen seelischer Störungen führen müsse. Doch schon 2022 konnte aufgrund einer kanadischen Untersuchung mit 24.000 Cannabispatienten darüber berichtet werden, dass „Cannabisvergiftung“ oder „psychische Störungen oder Verhaltensstörungen aufgrund des Cannabiskonsums“ nur sehr selten auftreten.
Oft hatten die betroffenen Personen auch weitere Probleme wie vorher vorhandene Störungen durch Drogenmissbrauch, andere psychische Störungen, aufgrund ihres Alters, Diabetes oder chronisch-obstruktiver Lungenerkrankungen. Nun hat eine neue Studie aus Kanada überprüft, inwieweit sich die Legalisierung auf eine Zunahme von cannabisbedingten psychotischen Episoden auswirkt. Mit dem Ergebnis, dass die Öffnung des kanadischen Marihuana-Marktes hier mit keinem Anstieg verknüpft ist.
Notdienst der Stadt Quebec war Gradmesser
Die im kanadischen „Journal of Psychiatry“ veröffentlichten Studienergebnisse der Forscher lassen zu dem Schluss kommen, dass die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken erwachsener Bewohner des Landes nicht mit einem Anstieg cannabisbedingter psychotischer Episoden verbunden ist. Überprüft wurde dazu die Häufigkeit von psychotischen Vorfällen im Zusammenhang mit Marihuana in Quebec, die alle einen Krankenhausaufenthalt erforderten, wobei man auf Daten zurückgriff, die zwölf Monate vor und zwölf Monate nach der Freigabe als Genussmittel gesammelt worden waren.
Berichten konnten die Wissenschaftler daraufhin, dass der Anteil der Konsultationen wegen einer psychotischen Episode, bei denen ein Cannabiskonsum nachgewiesen werden konnte, vor und nach der Legalisierung nicht gestiegen wäre. Sie fügten an, dass ihre Ergebnisse „mit früheren Studien übereinstimmen, die besagen, dass die Legalisierung keinen signifikanten Einfluss auf die Konsultationen in der Notaufnahme wegen einer Psychose hatte“. Zwei vorherige Untersuchungen aus Kanada kamen schließlich bereits zu ähnlichen Ergebnissen.
Die Erstere aus dem Jahr 2022 besagte ebenfalls, dass die Umsetzung der kanadischen Cannabislegalisierung nicht mit einem Nachweis signifikanter Veränderungen bei cannabisinduzierten Psychosen oder Schizophrenien in der Notaufnahme verbunden gewesen war. Die Zweite, die Anfang dieses Jahres veröffentlicht wurde, „fand keine Beweise für einen Anstieg der Inanspruchnahme von Gesundheitsdiensten oder der Fälle von psychotischen Störungen während des kurzen Zeitraums (17 Monate) nach der Legalisierung von Cannabis“.
Ähnliches Bild in den USA
Auch in den USA wurden die Gesetze zur Legalisierung von Marihuana auf bundesstaatlicher Ebene bislang nicht mit einem statistisch signifikanten Anstieg psychosebezogener Gesundheitsergebnisse in Verbindung gebracht. Insbesondere eine im Jahr 2022 im „Journal of the American Medical Association (JAMA)“ veröffentlichte Studie, wies darauf hin. In dieser Untersuchung konnte kein Zusammenhang zwischen der Legalisierung von Cannabis und der Gesamtzahl der Psychose-Diagnosen oder der verschriebenen Antipsychotika festgestellt werden, was dafür spricht, dass es diesen Zusammenhang auch nicht gibt. Wie Norml.org aber noch hinzufügt, ist der Konsum von Cannabis und anderen kontrollierten Substanzen bei Personen mit psychotischen Erkrankungen häufiger.
Durch Marihuana ausgelöste Psychosen bei Personen ohne psychiatrische Vorerkrankungen bleiben relativ selten. Einer kürzlich durchgeführten Studie zufolge hätten weniger als ein halbes Prozent aller Cannabiskonsumenten jemals über psychotische Symptome berichtet, die ein medizinisches Eingreifen erforderlich machten. Dies sei eine Anzahl, die niedriger ist als die mit Alkohol verbundene Rate. Warum also Jugendliche ab 16 Jahren hierzulande Bier, Wein oder Sekt in der Öffentlichkeit trinken und kaufen dürfen, könnte vielleicht auch einmal näher von der vor der Cannabislegalisierung warnenden Ärzteschaft erklärt werden.