Die Welt steht vor einem riesigen Problem mit Kunststoffen, deren Reste sich mittlerweile nahezu überall nachweisen lassen. Im Meer schwimmen nach Schätzungen allein 80 Millionen Tonnen der schlecht abbaubaren Überbleibsel von Kunststoffprodukten. Daher ist es dringend nötig Alternativen zu finden, wobei einmal mehr Hanf eine bedeutende Rolle spielen könnte. Denn Hanf bietet eine vielversprechende Option gegenüber fossilen Rohstoffen zur Herstellung von Bio-Kunststoffen, die biologisch abbaubar sind.
Eine neue Studie aus Kanada legt nahe, dass eine erste wichtige Verwendung von Hanf-Biokunststoffen in der Verpackungsindustrie zu finden ist. Ein Forschungsteam von der Western Universität (WU) in Ontario hat es geschafft, die konventionell für die Kunststoffherstellung verwendeten Polyethylenpellets durch ein aus zermahlenen Hanfstängeln produziertes Pulver zu ersetzen. Dabei konnten sie das Material ohne spezielle Technologien oder Verfahren direkt in den Herstellungsprozess der Verpackungen einbringen, was für den simplen Einsatz des nachwachsenden Rohstoffs spricht.
Geeignet für den Einsatz
„Diese Forschungsarbeit demonstriert eine neue Reihe von Bioverbundwerkstoffen, die vollständig aus erneuerbaren Ressourcen gewonnen werden können und ein hohes Potenzial für den biologischen Abbau in der Umwelt haben“, heißt es in der Studie, die im Journal of Polymer Science veröffentlicht wurde. Die Tests hätten gezeigt, dass die Festigkeit und Formbarkeit des hanfbasierten Materials zwar nicht vollständig den Maßstäben herkömmlicher Kunststoffe entspricht, aber dennoch fester und formbarer ist als andere pflanzliche Materialien. Es besäße somit eine ausreichende Qualität für viele Anwendungen, so die Forscher.
Elizabeth Gillies, Chemieprofessorin an der WU und Autorin der Studie, erklärte gegenüber dem kanadischen Sender CBC, dass Kunststoffe in Bezug zu Verpackungen oft genutzt würden, um Dinge wie Metall oder Glas zu ersetzen, da beide Materialien schwer und teuer wären. Je nach Form könne Hanf jedoch eine faserige Struktur aufweisen, die sich zur Verstärkung von anderem Material hervorragend eigne. In der Studie kommt man daher zu dem Schluss, dass Hanf-Biokomposite eine umweltfreundliche Alternative darstellen, um die Bewältigung des Problems von Kunststoffabfällen voranzubringen.
Es gäbe schließlich insgesamt nur unzureichende Recyclingprogramme und die globale Mikroplastikverschmutzung verschärfe die Situation enorm.„Glasrecycling ist nicht sehr rentabel, und obwohl viele Kunststoffe potenziell recycelbar sind, ist dies in der Praxis oft nicht der Fall“, so Gillies, die an der Fakultät für Chemie- und Bioverfahrenstechnik der Universität arbeitet und auch den kanadischen Forschungslehrstuhl für polymere Biomaterialien an der WU innehat.
Suboptimale Voraussetzungen
Leider wird in der Wirtschaft jedoch weniger auf die Nachhaltigkeit als auf das Geld geachtet, was in dem Fall erneut zu einem Problem werden könnte. Zumindest für einige Zeit. Denn auch die Forscher haben im Blick, dass Biowerkstoffe in der Herstellung aktuell noch teurer sind als die Produktion von Kunststoffen, sodass wohl erst eine Senkung der Kosten stattfinden muss, bevor sich Firmen umstellen werden. Das Forschungspapier fügt sich daher zwar in die wachsende Zahl von Arbeiten um Hanffasern als Ausgangsmaterial für Biokunststoffe ein, bietet jedoch eine nüchterne Einschätzung des Geschäftspotenzials.
Es gäbe aber Unternehmen, die an der Optimierung und Senkung der Preise arbeiten, sodass die Kosten in den kommenden Jahren mit der Verbesserung dieser Technologien voraussichtlich sinken werden. Doch werden Biokunststoffe aus Hanf, ähnlich wie umweltfreundliche Baumaterialien auf Hanfbasis, mit Sicherheit starken Gegenwind von etablierten Kunststoffherstellern bekommen, deren Produkte auf Erdöl basieren. Das bedeutet dann höchstwahrscheinlich wieder, dass sich die Investitionen in den Biokunststoffsektor, der sich im Wesentlichen noch in einem experimentellen Stadium befindet, nur schleppend entwickeln dürften.