Im Hanf stecken viele hochwirksame Inhaltsstoffe. Für den sicheren Konsum in der Freizeit oder zu therapeutischen Zwecken braucht es zu Cannabis genauso umfassende Aufklärung und Forschung wie beim Alkohol. Den wichtigsten Anteil am beliebten Effekt von Haschisch und Marihuana haben Substanzen, die Wissenschaftler heute als Cannabinoide wie THC oder CBD klassifizieren, wobei längst nicht alle Inhalte von Hanfpflanzen berauschen. Ihre Wirkung wird zusätzlich durch die ebenfalls reichlich vorhandenen, aromatischen Terpene beeinflusst.
Als Medizin und Genussmittel bietet Cannabis ein stets variables, unterschiedlich dosiertes Profil, und um etwa Schmerzen zu lindern oder Entspannung zu fördern, bemühen sich Züchter mittlerweile um passgenaue Botanik. Doch wie beeinflussen gezielter Anbau und Wildwuchs diese Pflanze und ihre enthaltenen Substanzen und worauf sollten Hobbybauern achten, damit Erntekorb nur Grasblüten in bester Qualität landen?
Das merkwürdige Cannabis als Sonderfall der Evolution
Bevor wir uns zum Anteil der Cannabinoide und Terpene die ganze abgefahrene Labortechnik aus einer neuen Studie rund um verschiedene Hanf-Profile anschauen, lohnt sich ein Blick auf die Verbreitung von Cannabis Sativa auf Mutter Erde. Vor knapp 30 Millionen Jahren sollen die ersten Sämlinge auf den hoch liegenden Bergplateaus von Tibet gesprossen sein und schließlich beginnen asiatische Stämme in der Jungsteinzeit mit einer intensiven Nutzung der damals noch gänzlich wilden, unverfälschten Landrassen. Neben einer Verwendung für Rausch und Heilung ist die Hanfpflanze zum vielseitigen Verarbeiten als Seil, Textil und Nahrungsmittel geeignet und gehört zum unverzichtbaren Bestandteil menschlicher Kulturgeschichte.
Der Clou beim Gras ist dessen faszinierende Bereitschaft, Fressfeinde nicht zu lähmen, zu töten oder mit scharfen Blättern zu verletzen, sondern wohltuend zu stimulieren – und auf diese Weise die eigene geografische wie botanische Varianz zu entfalten! Kaum ein anderes Gewächs schleppen wir seit unseren Vorfahren so durch die Gegend wie Cannabis, bauen es, wenn möglich, überall an oder finden meistens jemanden, der von der Pflanzenmasse etwas zur Verfügung stellt. Mit einer außergewöhnlichen Vielfalt bei Effekt, Geschmack und Aroma sprechen Hanfprodukte Genießer an, wie das auch Alkohol oder Tabak tun, können aber dank der enthaltenen Wirkstoffe im Gegensatz zu den riskanten Genussmitteln therapeutische Optionen bieten.
Sicher ist die Botanik robust und lässt sich gerne in jede Richtung fast beliebig spreizen, doch am Ende läuft es auf dem Hanffeld ohne beteiligte Landrassen ein bisschen so wie bei den fiesen multiresistenten Keimen im Krankenhaus. Um die per neuer, doch wieder wirksamer Antibiotika zu killen, müssen Mediziner in entlegenen Korallenriffen auf Tauchgang gehen und mühsam nach Substanzen im Gewebe dieser ozeanischen Kläranlagen suchen. Genauso wie Züchter von großen Unternehmen auf Expedition zur Entdeckung wilder Hanfpflanzen geschickt werden, egal ob in den Dschungel Afrikas oder in zentralasiatische Hochland. Frische Genetik und Vergleiche zum Profil der Terpene wie Cannabinoide bei Wildwuchs und Kulturbotanik sind deshalb auch für die Cannabisforschung ein wichtiges Thema.
Hanf anbauen: Outdoor, Indoor oder Natur pur?
Wo noch reine, nicht gekreuzte Landrassen der Hanfpflanze zu finden sind, verraten kundige Bewohner solcher Regionen wahrscheinlich ähnlich zögerlich wie die Grabräuber im Dorf gleich hinter dem Tal der Könige die Frage nach einer offiziell unentdeckten Pharaonen-Gruft. Für die allermeisten Hanfbauern, die selbst in Deutschland laut offizieller Regierungszusage bald bis zu drei Spots im eigenen Garten anbauen dürfen, geht es also beim Herauskitzeln der Inhaltsstoffe nur bedingt um möglichst unverfälschte Zutaten. In der aktuellen Studie wird darauf Bezug genommen und lediglich verglichen, welchen Einfluss das Outdoor-Growing als Anbau im Freien wie um das Indoor-Growing als Methode in geschlossenen Räumen, wo künstliches Licht für Energie und Wachstum der Cannabispflanze sorgt.
Die beim Analysieren der Cannabinoide und Terpene praktisch als Standardverfahren verwendete Gas-/Flüssigkeitschromatografie und Massenspektrometrie sorgen für Übersicht bis in die letzte Falte jeder Faser vom Hanf hinein, wobei Ergebnisse in der Wissenschaft als sogenanntes „Metabolisches Profil“ bezeichnet werden.
Diverse Tests zeigten: Indoor angebautes Cannabis unter künstlicher Beleuchtung enthält deutlich mehr oxidierte, abgebaute Cannabinoide – während ein Outdoor Grow sonst eher selten ausgebildete Wirkstoffe wie THCA anreichert! Bei den Terpenen übertrumpfte der Hanf draußen seine botanischen Verwandten im Haus durch eine äußerst üppige Entfaltung von wohlriechenden β-Caryophyllen, α-Bergamoten, α-Humulen und α-Guaien, um auch mal ein paar biologische Termini zu zitieren. So weit, so gut, aber ob etwas mehr Aroma nach einem heißen Sommer unter der glühenden Sonne vom Klimawandel die Befürworter der Indoor-Zucht wirklich bei der nächsten Aussaat ins Freie treibt? Nötig ist das nicht, meint die Forschung, aber vor allem die Verbraucher ohne eigenen Cannabisanbau sollten schon wissen, ob eine Marihuana-Sorte von drinnen weniger Bioaktivität und Wirksamkeit hat.
Hilft die Hanfpflanze beim Austricksen von Mutter Natur?
Die zitierte Untersuchung fordert mehr Analysen und Vergleiche, bei denen rasch die genannten Landrassen zur weiteren Verfeinerung herangezogen werden. Ob das klappt und reines Gras in der Wildnis entdeckt wird oder eben ein profitgieriger Saatgutkonzern den Wissenschaftlern die Tresore öffnet, bleibt abzuwarten. Mit der Entdeckung jener besonders seltenen, aber auch therapeutisch äußerst effektiven Cannabinoide wie C4-THCA und C6-THCA geht das intensive Kreuzen per Inzest weiter. Auch braucht es in Zeiten einer global zunehmenden Legalisierung von Cannabis robuste, wirksame Strains, um die schiere Nachfrage decken zu können.
Ohne ab zu und etwas Reinrassiges einzukreuzen, dürfte es kaum gehen, aber wer weiß schon, was der botanische Sonderling Hanf noch alles in petto hat? Wichtig sind außerdem noch viel bessere, genauere Analysemethoden zum Auslesen der Inhaltsstoffe. Bei einer sogenannten „ROC-Kurvenanalyse“ mit Zufallsmodell zeigte die neue Studie, dass wohl vorwiegend die Cannabinoide CBT, CBNDA und CBN sowie die Terpene α-Guaien und α-Bergamoten im Cannabis als recht zuverlässige Anzeiger dienen könnten, um eine wahrscheinlich beeinträchtigte Qualität in den Hanfprodukten festzustellen! Das hilft gerade Patienten beim Kauf im Fachgeschäft beziehungsweise beim Ausstellen vom Cannabisrezept beim Arzt, wo das jeweilige pflanzliche Wirkstoffprofil bekanntlich noch viel größere Bedeutung hat als beim bloßen Genusskonsum von Haschisch und Marihuana nach Feierabend.