Cannabinoide spielen eine zentrale Rolle bei der Regulierung unzähliger Prozesse im menschlichen Körper. In fast allen Körpergeweben finden sich Cannabinoidrezeptoren an denen Cannabinoide, die der Körper selbst herstellt, andocken können. Auf diese Weise werden eine Vielzahl an Körperfunktionen reguliert. Insbesondere bei intrazellulären und immunologischen Prozessen gehören Cannabinoide zu den wichtigsten Regulatoren. Aber auch der Druck in Gefäßwänden wird unter anderem über Cannabinoide gesteuert. Während manche Cannabinoide wie Anandamid bereits seit Langem bekannt und relativ gründlich erforscht sind, gibt es noch deutlich exotischere Varianten, deren genaue Funktion man erst allmählich zu begreifen beginnt.
Noladinether als Druckregulator
Eines der noch weitgehend unerforschten Cannabinoide ist Noladinether. Die exakte chemische Bezeichnung lautet 2-Arachidonylglycerylether. Dabei handelt es sich um eine Glycerinverbindung, die erstmals im Jahr 2001, an der Hebräischen Universität entdeckt wurde. An der Hebräischen Universität wurde bereits in den 1980er-Jahren an Cannabinoiden geforscht. Unter anderem stammt auch das legendäre synthetische Cannabinoid HU-210 von dort. Bei Noladinether handelt es sich um ein Cannabinoid, welches sowohl am CB1- als auch am CB2-Rezeptor wirksam ist.
Seine Bindungsaffinität am CB1-Rezeptor ist mit einem Ki-Wert von 21, dabei etwa mit jener von THC vergleichbar. Seine Potenz am CB2-Rezeptor ist deutlich geringer und hat dort einen Ki-Wert von 480. Noch gibt es kaum Studien zu diesem sehr exotischen Cannabinoid. Was bislang als gesichert gilt ist, dass es an der Steuerung des Augeninnendrucks beteiligt ist. Vermutet wird auch eine Beteiligung an der Schmerzweiterleitung, da es ähnlich wie andere Endocannabinoide neben den Cannabinoidrezeptoren auch an den TRPV1-Rezeptoren wirksam ist.
2-AG hat THC-ähnliche Wirkung
Die exakte chemische Bezeichnung von 2-AG lautet 2-Arachidonylglycerol. Bei diesem Cannabinoid handelt es sich ebenfalls um eine Glycerinverbindung die im Jahr 1995 an der Hebräischen Universität, unter der Leitung von Raphael Mechoulam entdeckt wurde. 2-AG wird in allen Körpergeweben mittels einer Reaktion von Arachidonsäure und Glycerol produziert. Das Besondere an 2-AG ist, dass dieses Cannabinoid, mit einer fast identischen Potenz wie THC, sowohl an den CB1- als auch den CB2-Rezeptoren wirkt. Deswegen ist auch sein pharmakologisches Profil sehr ähnlich zu seinem pflanzlichen Vertreter aus dem Hanf.
Der Körper schüttet 2-AG aus, um Symptome zu lindern, welche stark an die Einsatzgebiete von medizinischem Cannabis erinnern. Das bedeutet, 2-AG spielt eine zentrale Rolle in der Regulierung vom Appetit, dem Schmerzempfinden, sowie von zahlreichen immunologischen und entzündlichen Prozessen. Ähnlich wie THC hat es auch weitreichende Wirkungen im Gehirn und Zentralnervensystem. So kam unter anderem eine kanadische Studie zu dem Ergebnis, dass 2-AG vom Körper ausgeschüttet wird, um einen epileptischen Anfall einzudämmen. Es ist auch von Cannabis schon lange bekannt, dass es ein sehr wirksames Mittel gegen Epilepsie ist.
Möglicher weiterer Cannabinoidrezeptor
Forscher gehen davon aus, dass es noch weitere körpereigene Substanzen gibt, die an den Cannabinoidrezeptoren wirken und deren Funktion noch nicht bekannt ist. Obwohl es bereits Forschungsarbeiten aus dem Jahr 2008 gibt, in denen der GPR55-Rezeptor erwähnt wird, ist seine Funktion bis heute nicht vollständig verstanden. Mancherorts wird dieser Rezeptor auch als der mutmaßliche CB3-Rezeptor bezeichnet. Als gesichert gilt bislang, dass bisher bekannte körpereigene Cannabinoide, an diesem Rezeptor eine ähnliche Aktivierung der Signalwege auslösen, wie bei den besser bekannten CB1- und CB2-Rezeptoren. Bei diesen Signalwegen handelt es sich um die sogenannten Kalziumkanäle.
Das sind vereinfacht gesagt Ströme von Kalziumionen die der Informationsweiterleitung dienen. Man geht nach aktuellem Wissensstand davon aus, dass es bis zu 200 weitere zumindest cannabinoidähnliche Substanzen im Körper geben könnte. Eine Substanz, von der bislang bekannt ist, dass sie am GPR-Rezeptor wirkt, ist Oleoylethanolamid. Chemisch handelt es sich hierbei um ein Analog des besser bekannten Endocannabinoids Anandamid.
Oleoylethanolamid könnte in Zukunft noch an medizinischer Bedeutung gewinnen, da es sowohl beim Menschen als auch bei Tieren, eine zentrale Rolle in der Regulierung der Appetits zu spielen scheint. Oleoylethanolamid wird in den Darmzellen produziert und bei ausreichender Aufnahme von Fetten ausgeschüttet, wodurch das Sättigungsgefühl entsteht. Man geht davon aus, dass Oleoylethanolamid eine wirksame Therapie gegen Adipositas sein könnte, sowie gegen weitere Störungen des Fettstoffwechsels, die in der heutigen Zivilisation weitverbreitet sind.