Beim Thema Hanf und seinen wertvollen Inhaltsstoffen denkt man zunächst an Cannabinoide und Terpene. Diese beiden Stoffgruppen machen einen Großteil seiner Wirkung aus und sind bislang am gründlichsten erforscht, jedoch gibt es noch weitere deutlich unbekanntere Stoffgruppen, bei denen es sich lohnt, genauer hinzusehen. Eine dieser Gruppen sind die Flavonoide.
Chemisch handelt es sich bei Flavonoiden um einer Untergruppe der Polyphenole. Flavonoide kommen in vielen Pflanzen vor und sind häufig verantwortlich für deren Farbe von Blüten und Früchten. Im Hanf spielen Flavonoide auch eine Rolle beim Entourage-Effekt, also jenem Effekt, der besagt, dass die Gesamtheit aller in dieser Sorte enthaltenen Stoffe, dessen einzigartige Wirkung ausmacht. Einige dieser Flavonoide sind noch kaum in der breiten Masse angekommen und scheinen ein interessantes medizinisches Potenzial zu besitzen.
Breites Wirkungsspektrum von Apigenin
Eines dieser noch weitgehend unbekannten Flavonoide ist Apigenin. Neben dem Hanf kommt Apigenin unter anderem auch noch in der Kamille, aber auch in weiteren Pflanzen vor. Chemisch zählt Apigenin wiederum zu den Flavonen, einer Untergruppe der Flavonoide. Die bisherigen Erfahrungswerte mit dieser Substanz lassen auf ein sehr breites therapeutisches Wirkungsspektrum schließen. Besonders interessant ist, dass Apigenin pharmakologisch auch zu den Phytoöstrogenen zählt. Aus Studien an Zellkulturen ist bekannt, dass Apigenin das Wachstum von Brustkrebszellen verlangsamen kann. Es zeigte bei in-vitro Versuchen eine ausgeprägte zytotoxische Wirkung auf mehrere Typen von Brustkrebszellen, während gesunde Zellen nicht angegriffen wurden. Eine weitere wichtige Eigenschaft von Apigenin ist seine entzündungshemmende Wirkung.
Dies ist vermutlich auch der Grund, warum auch Kamille bereits seit dem Altertum als entzündungshemmend bekannt war, da es in dieser Pflanze ebenfalls reichlich enthalten ist. Es liegen mehrere in-vivo und in-vitro Studien vor, die aufzeigen, dass Apigenin verschiedene Formen von entzündlichen Reaktionen eindämmen kann. Die Wirkung besteht darin, dass es die Aktivität mehrerer verschiedener entzündungsauslösender Zytokine hemmen kann. Apigenin könnte auch als Kandidat für die Behandlung von Alzheimer oder anderen neurodegenerativen Erkrankungen interessant sein. Aktuelle Studienergebnisse legen nahe, dass es eine neuroprotektive Wirkung aufweist, welche genau jene intrazellulären und oxidativen Prozesse in den Nervenzellen verlangsamt, die eine zentrale Rolle beim Fortschreiten von Alzheimer spielen.
Apigenin scheint auch zur unterstützenden Behandlung von Diabetes interessant zu sein, da es wirkungstechnisch in einem direkten Zusammenhang mit der Insulinfreisetzung steht. Interessant zu erwähnen ist auch, dass es eine schwache Bindungsaffinität am GABA-Rezeptor hat. Das ist jener Rezeptor, an welchem auch Benzodiazepine wirken. Dies ist der Grund, warum es auch als Supplement gegen Schlaflosigkeit erhältlich ist.
Quercetin gegen Entzündungen
Ein ähnlich interessantes Flavonoid ist Quercetin. Dieses gehört zur Untergruppe der Flavonole und zeichnet sich primär durch entzündungshemmende Wirkungen aus. Es unterdrückt ebenfalls die Freisetzung von entzündungsauslösenden Zytokinen, woraus sich prinzipiell ein breites Anwendungsspektrum ergibt, da viele Erkrankungen in ihrer Ursache auf ein entzündliches Geschehen zurückzuführen sind. Die aktuelle Studienlage geht davon aus, dass es insbesondere bei Allergien wirksam ist, da es hier an mehreren Orten wirkt. Es hemmt zum einen die allergische, entzündliche Reaktion und senkt gleichzeitig die Ausschüttung von Histamin. Histamin ist ein Botenstoff, der bei allergischen Reaktionen ausgeschüttet wird und für Reaktionen wie Juckreiz und Hautausschläge verantwortlich ist.
Ferner ist aus Studien bekannt, dass es den oxidativen Stress in Nervenzellen reduziert, was es für einen Kandidaten zur Behandlung von Alzheimer machen könnte. Mit der Reduktion von oxidativen Stress ist auch noch die Prävention gegen weitere Krankheiten möglich. Beispielsweise spielt bei Arteriosklerose oxidativer Stress in Verbindung mit Cholesterin eine zentrale Rolle. Aufgrund seiner antioxidativen Eigenschaften ist Quercetin auch in Reinform als Nahrungsergänzungsmittel im Handel erhältlich.
Zahlreiche weitere antioxidative Flavonoide
Es gibt im Hanf noch zahlreiche weitere Flavonoide, deren antioxidativen Eigenschaften bereits durch Studien belegt sind. Vitexin, welches wiederum ein Derivat von Apigenin ist, kommt ebenfalls in vielen Hanfsorten vor und ist Gegenstand einiger Studien. Aufgrund seiner antioxidativen Eigenschaften ist es ebenfalls als Nahrungsergänzungsmittel im Handel. Auch Luteolin und Orientin sind antioxidative Flavonoide, die sich in größeren Mengen in vielen Hanfsorten finden. Unter anderem aufgrund seines Gehalts an zahlreichen antioxidativen Inhaltsstoffen ist Hanf, zum Beispiel in Form von Hanfsamen, auch eines der gesündesten Lebensmittel und sollte auf keinem Speiseplan fehlen.
Fazit
Am Beispiel der Flavonoide lässt sich auch das Prinzip des häufig erwähnten Entourage-Effekts besser verstehen. Viele vermeintlich unscheinbare Wirkstoffe haben ein nicht zu unterschätzendes Wirkungsspektrum. Unter anderem können diese auch an Rezeptoren wirken, die an psychoaktiven Effekten beteiligt sind, wie man am Beispiel von Apigenin sehen kann. In der Pharmakologie wird auch heute noch häufig der Denkfehler gemacht, von der Wirkung eines isolierten Hauptwirkstoffes, auf die Gesamtwirkung einer Pflanze zu schließen. Es ist stets die Gesamtkomposition aller Inhaltsstoffe, die das individuelle Wirkungsprofil der jeweiligen Hanfsorte ausmacht.