Die wahrscheinlich größte Nebenwirkung von Cannabis ist, dass man damit erwischt wird. Zwar ist in Deutschland eine Entkriminalisierung von Cannabis nun tatsächlich Realität, doch in vielen anderen Ländern, wie auch im Nachbarland Österreich, ist eine Legalisierung von einer altbewährten Naturmedizin noch immer kein Thema. Daher muss man dort auch weiterhin auf neuartige synthetische Cannabinoide zurückgreifen, wenn man auf der legalen Seite bleiben möchte.
Deswegen werden schon seit Jahren immer wieder neue legale Alternativen entworfen. Es ist schon fast eine Ironie, dass der Gesetzgeber noch immer auf die Verbotsideologie im Zusammenhang mit Drogen setzt. Nach einem Verbot dauert es in der Regel nicht lange, bis eine neue und leicht abgewandelte Variante am Markt erscheint. Auch ein Verbot von ganzen Stoffgruppen ändert daran nichts, weil man auch Stoffgruppen dementsprechend adaptieren kann. Eines dieser neuartigen Cannabinoide, die jetzt am Markt aufgetaucht sind, ist HHCPO. Es ist ein Nachfolger von HHC, einem sehr populären Cannabinoid, welches in vielen Ländern bereits wieder verboten ist.
Chemische Eigenschaften
Die exakte chemische Bezeichnung von HHCPO lautet Hexahydrocannabiphorol-O-Acetat. Wie man aus dem Namen ableiten kann, ist HHCPO ein Derivat von HHCP. Dieses ist wiederum ein Derivat von HHC. Die letzten beiden werden im Zuge kommenden Aktualisierung des NPSG-Gesetzes in Deutschland verboten, doch man hat am Molekül so herumgebastelt, dass die aktuelle Fassung von diesem Gesetz umgangen werden konnte. Es handelt sich chemisch um eine acetylierte Form von HHCP. Das bedeutet, dass an das Molekül von HHCP eine Acetat-Gruppe, also ein Essigsäurerest, angehängt wurde. Damit erhält man faktisch eine neue Substanz, die wieder legal ist.
Während viele Cannabinoide, die in den vergangenen Jahren am Markt erschienen sind, schon vor Jahrzehnten das erste Mal synthetisiert wurden, ist HHCPO tatsächlich noch extrem neu. Die erstmalige Synthese dieser Verbindung lässt sich im Internet mit 2022 datieren. Grundsätzlich ist aber die Idee, verbotene psychoaktive Substanzen zu acetylieren, um sie wieder legal zu machen, nicht neu. Eine relativ bekannte Substanz aus einer anderen Stoffgruppe, mit der dies ebenfalls gemacht wurde, war 4-AcO-DMT, auch bekannt unter dem Namen O-Acetylpsilocin. Diese Substanz diente als legaler Ersatz für Psilocybin, dem Wirkstoff der Zauberpilze, bei welchem es sich chemisch um 4-HO-DMT handelt. Man tauschte also die HO-Gruppe gegen eine Acetat-Gruppe aus, und erhielt, zumindest vorübergehend, wieder ein legales Molekül.
Wahrscheinlich stark psychoaktiv
Da dieses Cannabinoid absolut neu ist, finden sich im Internet bislang nur wenige exemplarische Berichte über seine Wirksamkeit. Man kann aber davon ausgehen, dass dieses Cannabinoid sehr potent ist. Die Intensität seiner Wirkung dürfte etwa mit jener von HHCP vergleichbar sein. HHCP war unter den bisherigen HHC-Derivaten das mit Abstand potenteste. Es handelt sich hierbei um THCP, an welches zwei Wasserstoffatome angefügt wurden. THCP wiederum hat die 33-fache Potenz von natürlichem THC. Es ist davon auszugehen, dass HHCPO etwa die gleiche Bindungsaffinität am CB1- und CB2-Rezeptor aufweist, wie HHCP.
Gesundheitliche Auswirkungen unklar
Da dieses Cannabinoid sehr neu ist und es kaum Erfahrungsberichte dazu gibt, kann man keine gesicherte Aussage über gesundheitliche Risiken treffen. Eine toxikologische Untersuchung aus dem Jahr 2022 sollte man sich jedoch beachten. In den USA sind in Bundesstaaten, in denen Cannabis für Konsumzwecke noch immer illegal ist, bereits mehrere acetylierte Cannabinoide am Markt erschienen. Ein US-Forscherteam führte 2022 eine toxikologische Untersuchung dieser neuen Gruppe von Cannabinoiden durch und stellte dabei fest, dass bei der Verbrennung acetylierter Cannabinoide das sehr giftige Gas Keten entsteht. Ein Problem, mit dem Giftgas Keten, gab es vor wenigen Jahren bereits bei E-Zigaretten, welche ebenfalls ein Acetat, nämlich das Vitamin-E-Acetat enthielten.
Damals kam es in den USA zu einem gehäuften Auftreten von schweren Lungenerkrankungen, durch den Konsum von E-Zigaretten. Es gilt als wahrscheinlich, dass die zu hohe Menge Vitamin-E-Acetat, die beim Verdampfen ebenfalls Keten bildet, der Auslöser war. Es ist von Keten bekannt, dass es bei der Inhalation zu Lungenödemen führen kann. Ob beim Verdampfen von HHCPO-Produkten eine bedenkliche Menge Keten freigesetzt wird, kann aktuell bisher nicht beurteilt werden.
Unklar ist auch noch, ob HHCPO bei Schnelltests nachweisbar ist. Kritisch zu betrachten ist hier auf jeden Fall die Tatsache, dass als Trägermaterial oftmals Nutzhanfblüten verwendet werden. Diese sind nur THC-arm, jedoch nicht THC-frei. Man muss davon ausgehen, dass durch dieses Produkt in einer Verkehrskontrolle ebenfalls der Führerschein und die Existenz weg sind, was diese Produkte im Grunde sinnfrei macht. Das alles sind Folgen der Prohibition, die man ganz einfach lösen könnte, indem man ein altbekanntes Naturprodukt vernünftig reguliert und endlich evidenzbasierte Grenzwerte im Straßenverkehr einführt.