Die therapeutischen Eigenschaften von Cannabis machen die Pflanze und ihre Inhaltsstoffe zu einem vielseitig einsetzbaren Mittel bei der Behandlung einer ganzen Reihe von Krankheiten und Beschwerden. Patienten wissen schon lange, dass die Liste an Erkrankungen, bei denen Cannabis zur Heilung oder zumindest zur Linderung von Symptomen angewendet werden könnte, schier endlos ist.
Es hat zwar länger gedauert, aber mittlerweile sind dieser Erkenntnisse auch in der Welt der Wissenschaft angekommen. Immer mehr Studien von Wissenschaftlern von unterschiedlichsten Teilen des Planeten untersuchen das therapeutische Potenzial der seit Jahrtausenden eingesetzten Heilpflanze. Ganz nach dem Motto „Trends setzt der, der sich an keine hält“ haben sich einige Länder trotz der vielen teils ungerechtfertigten Stigmata, mit denen Cannabis leider immer noch behaftet ist, besonders hervorgetan bei der Erforschung der Vorteile von medizinischem bzw. therapeutischem Marihuana.
1. Israel
Raphael Mechoulam, Professor und Forscher an der Hebräischen Universität von Jerusalem, gilt als Pionier in der Erforschung der chemischen Eigenschaften der Hanfpflanze. Nicht nur war er es, der vor über 50 Jahren den Wirkstoff THC zum ersten Mal isolierte, sondern er hat es überdies bewerkstelligt, bei der ersten Studie zur Wirkung von CBD auf Epilepsie-Patienten Cannabidiol synthetisch herzustellen. Seitdem hat Mechoulam die Forschung nie eingestellt. Aktuell ist er ebenfalls als Leiter eines Teams tätig, das sich mit der Analyse der Vorteile von Cannabis bei der Behandlung von Asthma-Erkrankungen befasst. Die israelische Regierung gilt zudem seit über einem Jahrzehnt als großer Förderer der cannabisbezogenen Forschung. So wurde z. B. ein Programm ins Leben gerufen, das es zur Aufgabe hat, die Erforschung sowie den Einsatz von medizinischem Cannabis im Land weiter voranzutreiben. Dadurch war es nicht nur möglich, dass mehr als 25 000 israelische Patienten ihre Marihuana-Medizin auf Rezept erhalten, sondern hat es auch Produzenten, Wissenschaftlern und Institutionen erleichtert, diesbezüglich aktiv zu werden, was erheblich zur Forschung und Entwicklung im Bereich Cannabis beigetragen hat.
2. Kanada
Justin Trudeau, der Premierminister Kanadas, hat es versprochen und zum Oktober 2018 wird dieses Versprechen wahr gemacht – die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken. Ebenfalls hat die Regierung entschieden, in die weitere Erforschung von Marihuana zu investieren und daher die Mitfinanzierung von 14 Forschungsprojekten beschlossen.
Bereits seit Ende der 90er-Jahre arbeitete der Gesetzgeber an einem Projekt, das den Zugang zu medizinischem Cannabis gewähren sollte. Damit war Kanada eines der ersten Länder, das seine Verbotspolitik dahin gehend lockerte. Dieses Gesetz wurde nun vor einigen Jahren überarbeitet, um den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken zu regulieren und es Firmen leichter zu machen, den Einstieg in den Markt zu finden. So war es einigen dieser Unternehmen möglich zu regelrechten Giganten in Sachen Erforschung, Produktion und Export von medizinischem Cannabis zu werden.
3. Spanien
In Spanien ist der Gebrauch von Cannabis schon seit Langem weitverbreitet und genießt ein deutlich besseres Ansehen in der Bevölkerung, als dies in vielen anderen Ländern der Fall ist. Eventuell ist das mit der Nähe zu Marokko begründet, welches seit jeher als Produktionsstätte für in Europa konsumiertes Haschisch gilt, vielleicht liegt es aber auch an der generellen Gelassenheit der Südländer. In Spanien ist z. B. der Anbau von Cannabis für den Eigengebrauch legal. Voraussetzung ist lediglich, dass keine Verkaufsabsicht an Dritte besteht. Des Weiteren ist es möglich, Genehmigungen für die Cannabisproduktion zu therapeutischen sowie Forschungszwecken von der Agencia Española de Medicamentos y Productos Sanitarios (AEMPS, dt. „Spanische Agentur für Medikamente und Medizinprodukte“) zu erhalten. Bereits 5 Firmen, die zusammen über eine Anbaufläche von mehr als 20 000 Hektar Anbaufläche vorweisen können, haben mittlerweile eine solche Genehmigung erhalten.
Aufgrund dieser Umstände war es spanischen Forschern möglich, in den letzten Jahren wichtige Erkenntnisse zu erarbeiten. Bereits vor 20 Jahren hatten Forscher dieser Universität entdeckt, dass sich THC in positiver Weise auf das durch Tumorzellen verursachte Zellsterben auswirken kann. Einige Jahre später wiederum verkündete ein weiteres spanisches Forscher-Team unter Leitung von Dr. Manuel Guzmán, dass es gelungen war, vermeintlich unheilbare Hirntumore bei Ratten durch eine Behandlung mit THC zu zerstören. Auch Dr. Guillermo Velasco und sein Team erforschen an der Complutense-Universität in Madrid die Verwendung von Cannabinoiden zur Behandlung bestimmter Krankheiten.
2015 wurde zudem das Observatorio Español de Cannabis Medicinal (OEDCM, dt.: „Spanische Beobachtungsstelle für medizinisches Cannabis“), mit dem Ziel der „Förderung, Koordination und Verwirklichung von Initiativen im Bereich der therapeutischen Eigenschaften von Marihuana und Marihuana-Produkten“, gegründet.
4. Die Tschechische Republik
Patienten dieses Landes haben seit 2013 die Möglichkeit, sich mit therapeutischem Cannabis behandeln zu lassen. Mögliche Indikationen sind z.B. chronische Schmerzen oder Krebs. Die extrem hohen Preise für cannabisbasierte Medikamente erschweren dies leider zurzeit immer noch.
2015 wurde, mit Unterstützung von amerikanischen Organisationen und dem tschechischen Gesundheitsministerium, das in Prag ansässige International Cannabis and Cannabinoids Institute (ICCI) gegründet, ein absolutes Top-Forschungszentrum für medizinisches bzw. therapeutisches Marihuana. Diese multidisziplinäre Institution arbeitet weltweit mit Technik-Konzernen, Universitäten und weiteren Einrichtungen zusammen, um die Erforschung der Heilpflanze weiter voranzutreiben. Ziel setzend für das ICCI ist es, „die wissenschaftliche Erforschung der Verbindung zwischen den Bestandteilen von Cannabis und seiner Wirkung auf den menschlichen Körper im Zuge der Behandlung bestimmter Syndrome zu ermöglichen“.
5. Die Niederlande
Seit 2003 haben niederländische Patienten unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, medizinisches Cannabis in Apotheken zu erwerben. Die Cannabisproduktion zu therapeutischen Zwecken und die Verteilung an Universitäten, Apotheken und Forschungsinstitute liegt in der Hand des dem Gesundheitsministerium unterstellten „Bureau voor Medicinale Cannabis“, welches ein Forschen an Cannabis unter bestimmten Auflagen erlaubt.
Die Firma Bedrocan, welche zurzeit noch die Monopol-Position in Sachen medizinisches Marihuana in den Niederlanden besetzt, führt u. a. eigene Studien durch, kooperiert aber auch mit anderen Forschungszentren. Im medizinischen Zentrum der Universität Leiden etwa wird untersucht, wie sich die Vaporisierung und anschließende Inhalation von Cannabis auf Fibromyalgie-Symptome auswirkt.
6. Uruguay
Auch Uruguay, welches als erstes Land der Erde die Herstellung und den Verkauf von Cannabisprodukten im gesamten Staatsgebiet vollständig legalisiert hat und außerdem ebenfalls den Export von Medizinalcannabis erlaubt, könnte sich in den nächsten Jahren ebenfalls eine Vorreiterposition in Sachen therapeutisches Marihuana erarbeiten. Uruguays Präsident Tabaré Vázquez hat vor einigen Monaten die Eröffnung einer großen privaten Forschungs- und Produktionsstätte für medizinisches Cannabis in Uruguay angekündigt. Allerdings bemängeln einige Forscher, dass ihnen trotz der günstigen Gesetzgebung nicht genügend Finanzierungsmittel für die Durchführung ihrer Studien zur Verfügung stehen.
Auch aus den Vereinigten Staaten kommen viele Forschungsprojekte bezüglich medizinischem Cannabis. Dort ist Marihuana zwar bereits in 29 Bundesstaaten als Therapeutikum erlaubt, allerdings stellt das weiter andauernde Verbot auf Bundesebene die Wissenschaftler oftmals vor fast unüberwindbare Hürden und Genehmigungsprozesse ziehen sich teilweise über mehrere Jahre. Dies macht die USA nicht gerade zu einem idealen Ort, um Forschung rund um Cannabis zu betreiben.
Auch wenn in Sachen Medizinalcannabis noch viel zu tun ist, zeigen die vielversprechenden Entwicklungen weltweit doch, dass wir auf einem guten Weg sind. Hoffentlich werden sich in Zukunft weiterhin immer mehr Länder dafür stark machen, dass ihren Bürgern die bestmögliche Therapie zugutekommt, und zwar ohne Behandlungsoptionen, aufgrund von festgefahrenen Vorurteilen, von vornherein kategorisch auszuschließen.