Es gibt gute Gründe, warum viele Landwirte auf immer mehr Flächen Nutzhanf als Zwischenfrucht anbauen. Viele verschiedene Produkte können nach dem Ernten der nicht berauschend wirkenden Pflanzen hergestellt werden und die Anforderungen an die Umwelt sind seitens des Gewächses nicht hoch. Wenig Wasser, wenig Dünger und keine Pestizide werden benötigt, um erfolgreich das wiederentdeckte Multitalent Cannabis sativa großzuziehen. Dass sich Hanf auch anbietet, viele Probleme der Landwirtschaft zu lösen, erkennen dazu nun ebenfalls Wissenschaftler, die sich aufgrund der hohen Nitrat- und Treibhausgasemissionen auf Feldern und Höfen näher mit Nutzhanf beschäftigen.
300.000 € für die Forschung
Eine Projektpartnerschaft zwischen dem Forschungsinstitut für Nutztierbiologie Dummerstorf (FBN), der Hochschule Neubrandenburg, des Dienstleistungsunternehmens FPS Anklam GmbH aus Murchin und einem Landwirt der Hanffarm Co. KG in Melz möchte herausfinden, inwieweit der Anbau von Nutzhanf dazu beitragen kann, eine Verringerung von Nitratkonzentrationen in Böden herbeizuführen. Auch wird in dem Projekt untersucht, ob sich Hanfblätter dafür eignen, als Ersatz für den Sojaanteil im Futter von Milchkühen genutzt zu werden. Der Name des von der FBN geführten Projektes ist dabei Programm. „ZwiHanf“ heißt es und steht dafür, dass Hanf möglicherweise ideal als Zwischenfrucht zwischen der Produktion von zwei Hauptfrüchten auf einem Feld gepflanzt werden könnte, da die Samen erst im Spätsommer nach der Ernte der ersten Hauptfrucht gesät werden. Die Partner des mit 300.000 € geförderten Projektes sind jedenfalls davon überzeugt, dass Hanf eine Lösung für die unerwünschten Nitrat- und Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft darstellen kann.
Nach der Verdrängung wieder da – Hanf auf den Feldern
Viele Jahrhunderte wurde Hanf auch in Deutschland regulär angebaut. In erster Linie zur Faser- und Ölgewinnung. Unterschiedlichste Dinge konnten anschließend mit den hergestellten Fasern hergestellt werden. Unter anderem Papier, Textilien, Teppiche, Netze, Säcke, Segel und Seile. Ebenfalls wurden die übrig bleibenden eiweißreichen Pflanzenmaterialien für die Tierfütterung genutzt. Kühe, Schweine und Hühner fraßen in der Vergangenheit Hanf, bis der Anbau von Raps und die billige Baumwoll- und Sojaproduktion im Ausland – sowie natürlich die Prohibition – die vielseitig einsetzbare Nutzpflanze von den heimischen Feldern verdrängte. Mittlerweile wurde der Hanf aber aus guten Gründen aufseiten von Landwirten wiederentdeckt und es häufen sich aktuelle Meldungen, wie sinnvoll der Einsatz als Tierfutter beispielsweise ist. So gab es erst in jüngster Vergangenheit die Nachricht, dass Hanf den Stressmarker von Kühen senkt oder dass Hühner in Thailand auf den Einsatz von Antibiotika verzichten können, wenn ihnen Hanf als Futter bereitgestellt wird. Trotz oder aber gerade wegen dieser Meldungen wird in dem Projekt „ZwiHanf“ ebenfalls untersucht, ob importiertes Soja künftig durch Hanfprodukte aus einheimischem Anbau ersetzt werden kann. Strenger werdende Auflagen an den Pflanzenschutz und aufgrund des Klimawandels machen es anscheinend nötig, dass man in der Landwirtschaft umzudenken beginnt.
Multitalent Nutzhanf
Landwirt Rafael Dulon von der Hanffarm in Melz wird auf dem Nachrichtenportal Informationsdienst Wissenschaft dahin gehend zitiert, dass Hanf wegen seiner bis zu drei Meter in die Tiefe ragenden Wurzeln und aufgrund seines schnellen Wachstums sehr viel Stickstoff aus dem Boden zieht. Mittels Hyperspektralmessungen und Biomasse-Erhebungen will man während des Projektdurchlaufes herausfinden, wie groß die Nitrataufnahme in den jeweiligen Bodenschichten tatsächlich ist. Dies ist bislang nämlich unbekannt. Prof. Eike Stefan Dobers von der Hochschule Neubrandenburg erklärt auf dem wissenschaftlichen Nachrichtenportal, dass dazu „auf konventionell als auch biologisch bewirtschafteten Flächen Bodenproben in unterschiedlichen Tiefen genommen“ würden. Analysiert werden die Pflanzen- und Bodenproben seitens des Labors der FPS Anklam GmbH aus dem Landkreis Vorpommern Greifswald. Auch würde hier der THC-Wert der Pflanzen mittels einer eigenen und etablierten Methode festgestellt. Dies ist schließlich für den Einsatz als Futtermittel von Bedeutung, da Hanf für diesen Zweck nur einen Gehalt des unter Umständen berauschend wirkenden Cannabinoids von unter 0,2 Prozente besitzen darf. Als Futtermittel wäre Hanf äußerst geeignet, da es bis zu 23 Prozent Eiweiß besitzt und damit einen höheren Gehalt als einheimische Hülsenfruchtpflanzen wie Klee oder Luzerne aufweist. Auch sei laut Projektleiter PD Dr. Björn Kuhla vom FBN ein Fettanteil von 20 Prozent in Hanfblättern enthalten, sodass das Pflanzenprodukt sehr viele wertvolle Nährstoffe für Tiere bereithält. Herauszufinden sei nun nur, wie gut verdaulich das Eiweiß und das Fett der Hanfblätter sind. Ebenfalls müsse während des Projektes „ZwiHanf“ geklärt werden, ob andere enthaltene Inhaltsstoffe die Verdauung der Tiere oder deren Methanproduktion negativ beeinflussen könnten.
Das Interesse an Hanf wächst allgemein
Auch in anderen Ortschaften finden immer mehr Landwirte zurück zum Hanf. Erst Anfang September berichtete die Landwirtschaftskammer Niedersachsen davon, dass Hanf als Feldfrucht äußerst interessant sei und sich die Anbaufläche im genannten Bundesland in der Vergangenheit ungefähr verdreifacht habe. Ebenfalls erkannte man aufseiten eines Experten der Kammer die vielen Vorteile an, die mit dem Anbau einhergehen. Da Hanf mit keiner heimischen und etablierten Kulturpflanze eng verwand wäre, stelle er aus Sicht der Landwirtschaftskammer Niedersachsen eine gute „Fruchtfolgeerweiterung“ dar. Dies bedeute zeitgleich, dass sich mögliche Krankheiten von Hanfpflanzen nicht auf andere Kulturen übertragen können. Erwähnt wird auf Landwirtschaft spezialisierten Nachrichtenportalen dazu noch der Vorteil des Humusaufbaus, sät man auf seinen Feldern die einst stark in der Kritik stehende Nutzpflanze. In Friesland, wo sich die Hanfanbaufläche auch aktuell schon um satte 275 Prozent vergrößert hat, sieht man großteils die Gewinnung von Dämmmaterialien und damit verbundene Ersparnisse als vorteilhaft an. Ähnlich wie bei dem Projekt „ZwiHanf“ wird hier erwartet, dass man durch die heimische Produktion nachhaltige Produkte herstellen wird, die nicht erst andernorts produziert und aufwendig importiert werden müssen, was dann natürlich wieder mit positiven Auswirkungen für die Umwelt verbunden ist.
Mit ersten Ergebnissen aus der in Deutschland angesiedelten Untersuchung rechnet das Projektteam von „ZwiHanf“ bereits im nächsten Jahr. Man hofft darauf, dass praxistaugliche Methoden für die Produktion von Nutzhanf auf landwirtschaftlich genutzten Feldern gefunden werden, die dann dafür sorgen, dass Nitrat-Emissionen aus Ackerböden verringert werden können. Ebenfalls steht im Interesse, dass man den Import von Sojabohnen reduzieren kann und so den damit verbundenen CO₂-Ausstoß eindämmt. Praktisch wäre dazu, wenn zeitgleich die Methanemissionen aus der Milchkuhhaltung zurückgehen würden. In diesem Fall könne Nutzhanf in unseren Gefilden wieder universell eingesetzt werden. Einfach und praktisch!