Cannabis ist neben einem Genussmittel auch zu medizinischen Zwecken einsetzbar. Das ist mittlerweile in weiten Teilen in der Allgemeinheit angekommen. Doch bei welchen Erkrankungen ein Betroffener daraus genau seinen Nutzen ziehen kann, wissen oft nur aufgeschlossene und gut informierte Kenner und sich darauf spezialisierende Mediziner.
In welcher Weise die Wirkstoffe der Hanfpflanzen aber auf den Körper wirken und wie sie beispielsweise mit dem körpereigenen Endocannabinoidsystem interagieren, bleibt in der Regel wissenschaftlich arbeitenden Forschern vorenthalten. Seitdem sich die Möglichkeiten diesbezüglich aufgrund fortschreitender Legalisierung und Aufklärung erheblich verbesserten, wird verstärkt daran geforscht, den Geheimnissen dem seit Jahrtausenden im Einsatz befindlichen Gewächs auf den Grund zu gehen.
Beispielweise stehen die entzündungshemmenden Eigenschaften gern im Fokus von Teams, die sich mit Cannabis auf wissenschaftliche Weise beschäftigen. Jetzt haben Forschende sich auf verschiedene Cannabinoide konzentriert und herausfinden können, auf welche Weise sie ihre hilfreiche Wirkung entfalten. Dabei kam heraus, dass besonders Cannabidiol (CBD) gegen Entzündungen hilft und gleich in zweifacher Weise etwas im Körper verursacht.
Internationale Zusammenarbeit – auch aus Deutschland
Ein Team von Forschern der Universität Jena hat in Zusammenarbeit mit internationalen Kollegen aus Italien, Österreich und den USA neue Erkenntnisse über die Wirkung von Cannabinoiden gewonnen und die Ergebnisse ihrer Untersuchungen im Fachmagazin „Cell Chemical Biology“ veröffentlicht. Seit einigen Jahrzehnten wird intensiviert an den Wirkstoffen von Cannabis geforscht, doch die nun zutage gebrachten Ergebnisse waren bislang unbekannt. So wurde der Wirkmechanismus der Pflanzensubstanzen enträtselt, der darauf schließen lässt, wie unterschiedliche Cannabinoide ihre entzündungshemmenden Eigenschaften im Körper entfalten, was zuvor noch nicht wissenschaftlich geklärt werden konnte.
Untersucht wurde, wie die aus Cannabis gewonnenen Stoffe auf menschliche Immunzellen reagieren und was sie mit diesen anstellen. Zu diesem Zweck wurde das besonders wirksame CBD in Versuchen als auch im Tiermodell genau beobachtet. Erkannt werden konnte unter anderem, dass die von diesen Immunzellen produzierten Botenstoffe in Zellkulturen durch die Zugabe der Cannabinoide beeinflusst wurden.
Es zeigte sich, dass sämtliche untersuchten Substanzen die Bildung von entzündungsfördernden Botenstoffen in den Zellen hemmten und zugleich die Bildung von Entzündungen reduzierenden Botenstoffen verstärken, so Lukas Peltner, Doktorand und Erstautor der Studie, auf ingenieur.de. Damit besäßen die Cannabinoide – von denen acht verschiedene in der Untersuchung eingesetzt worden sind eine doppelte entzündungshemmende Wirkung. Es werden schließlich die Freisetzung von entzündungsfördernden Botenstoffen reduziert und sogleich die Produktion von immunregulierenden Enzymen angeregt.
Ein eindeutiges Ergebnis
Alle acht eingesetzten Cannabinoide wiesen diesen Effekt auf die Immunzellen auf, wobei die stärkste positive Wirkung CBD zugeschrieben werden kann. Bereits in geringen Dosen zeigte sich die entzündungshemmenden Eigenschaften bei bestimmte Enzymen, die eigentlich Entzündungen fördern würden. Interessant wurde es bei tiefer greifenden Analysen, da herausgefunden werden konnte, dass dieser Effekt nicht über das Endocannabinoidsystem und die Cannabinoidrezeptoren gesteuert wurde. Stattdessen soll eine unabhängige Enzymreaktion durch die Cannabinoide beeinflusst worden sein, wodurch das immunregulatorische Enzym 15-Lipoxygenase-1 (15-LOX) aktiviert werden würde.
Dr. Paul Jordan von der Universität Jena erklärt diesbezüglich, dass CBD in den betroffenen Zellen so etwas wie einen Schalter umlegen würde, der das Entzündungsgeschehen von der fördernden zur hemmenden Seite umlenken könne. Dies könne als Vorteil gegenüber herkömmlichen entzündungshemmenden Medikamenten wie Aspirin, Ibuprofen oder Paracetamol verstanden werden. Durch Cannabinoide wie CBD wird dann nämlich nicht nur die Freisetzung von entzündungsfördernden Botenstoffen reduziert, sondern auch gleich die Produktion von Substanzen angekurbelt, die regulatorische Funktionen im Immunsystem haben. Möglicherweise erkläre dieser Umstand dann auch, warum Cannabinoide zur Wundheilung und Geweberegeneration potenziell beitragen können.
Denkbar sei es laut Dr. Jordan, dass CBD bei sterilen Entzündungen, also Autoimmunerkrankungen, helfen könnte. Auch der Einsatz bei bakteriellen oder Gelenkentzündungen wäre vorstellbar, so der Seniorautor der Studie. Betont wird zudem, dass CBD im Mittelpunkt künftiger Therapieansätze stehen sollte, da es die stärksten positiven Effekte aufzeigte. Das berauschend wirkende Tetrahydrocannabinol (THC) soll dagegen eine deutlich geringere Wirksamkeit gezeigt haben. Hoffnung besteht bei dem Team der Forscher, dass ihre Untersuchungsergebnisse auf den Menschen übertragbar sind und künftig den Kranken helfen können, die sich keinen täglichen Gebrauch wünschten.