Du willst diesen Beitrag hören statt lesen?
Klicke dazu auf den unteren Button, um den Inhalt von Soundcloud zu laden.
Eine vergleichsweise unbekannte Gruppe von Rezeptoren im menschlichen Körper sind die PPAR-Rezeptoren. Die Abkürzung PPAR steht für Peroxisom-Proliferator aktivierte Rezeptoren. Ein Peroxisom ist ein Entgiftungsapparat einer Zelle. Ein Proliferator ist ein Zellbestandteil, der bestimmte Genexpressionen kontrolliert.
Das bedeutet, die Funktion eines Gens, bestimmte molekularbiologische Prozesse zu steuern, wird darüber reguliert. Aus dieser Beschreibung lässt sich auch die mögliche Bedeutung dieses Rezeptors für die Medizin bereits vermuten. Versteht man den genauen Prozess der über diese Rezeptoren gesteuerten Stoffwechselprozesse, lassen sich daraus unter Umständen neuartige Behandlungsmethoden ableiten. Bisher sind aus der Gruppe der PPAR-Rezeptoren wiederum drei Unterarten bekannt. Aktuell kennt man den Alpha, Beta und Gamma-PPAR-Rezeptor.
Alle diese Rezeptoren kommen im Zellkern vor. Die Forschung konnte zeigen, dass die PPAR-Rezeptoren streng genommen zum Endocannabinoidsystem gezählt werden müssen, da mehrere körpereigene Cannabinoide an diesen andocken und wichtige Prozesse steuern. Auch pflanzliche Cannabinoide können an diesen Rezeptoren wirken. Sogar die neuroprotektive Wirkung von CBD wird unter anderem durch eine Wirkung an diesen Rezeptoren ausgelöst.
Zahlreiche essenzielle Funktionen
Wie bereits erwähnt, regulieren PPAR-Rezeptoren primär Genexpressionen. Das bedeutet, je nachdem wie stark der jeweilige Rezeptor aktiviert oder gehemmt wird, so stark zeigt sich der jeweilige molekularbiologische Effekt, der mit einem bestimmten Gen im Zusammenhang steht. Man kann sich die Bedeutung dieser Rezeptoren am einfachsten vorstellen, wie Regulatoren, über welche die Auswirkungen von bestimmten Genen gesteuert werden können.
Dies hat weitreichende Auswirkungen auf zahlreiche Körperfunktionen und kann bei entsprechendem Verständnis dieser Prozesse medizinisch genutzt werden. PPAR-Alpha Rezeptoren kommen vorwiegend in Zellen des Verdauungssystems vor. Sie steuern den Fettstoffwechsel und haben auf diese Weise Einfluss auf die Blutfettwerte. Ferner werden mehrere entzündliche Prozesse über diesen Rezeptor beeinflusst.
Der PPAR-Beta Rezeptor findet sich in fast allen Zelltypen im Körper und ist für die Zellteilung und das Zellwachstum zuständig. Auch über diesen Rezeptor werden verschiedene Prozesse des Fettstoffwechsels reguliert. PPAR-Gamma hat wichtige Funktionen bei der Steuerung des Zuckerstoffwechsels, sowie bei der Wirkung von Insulin. Auch bestimmte entzündliche Prozesse, wie das Entstehen von Arteriosklerose, werden über diesen Rezeptor reguliert.
Zentrale Rolle der Endocannabinoide
Eine agonistische oder antagonistische Wirkung an den PPAR-Rezeptoren kann durch eine Vielzahl an körpereigenen Substanzen ausgelöst werden. Unter anderem spielen auch körpereigene Cannabinoide in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle. Sowohl die Endocannabinoide selbst als auch chemische Vorstufen von diesen können an diesen Rezeptoren andocken. Obwohl PPAR-Rezeptoren bereits 1990 entdeckt wurden, begann man erst in den vergangenen Jahren zunehmend den Zusammenhang zwischen dieser Rezeptorgruppe und körpereigenen Cannabinoiden zu verstehen.
Eine der wichtigsten Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet stammt von einer britischen Universität aus dem Jahr 2016. Diese Forschungsarbeit fasst mehrere Studien zusammen, die sowohl durch Beobachtungen an Mäusen als auch durch Versuche an menschlichen Zellkulturen die Wirkung körpereigener Cannabinoide auf diese Rezeptorgruppe untersuchten. Die Forschungsergebnisse konnten hierbei zeigen, dass die Endocannabinoide Anandamid, 2-AG, sowie Virodhamin, eine agonistische Wirkung auf den PPAR-Alpha Rezeptor aufweisen.
Auch Oleoylethanolamid, ein Ausgangsstoff für die Produktion endogener Cannabinoide, zeigte eine agonistische Wirkung am PPAR-Alpha Rezeptor. Oleamid, welches ebenfalls eine Vorstufe von körpereigenen Cannabinoiden ist, zeigte in Versuchen eine agonistische Wirkung am PPAR-Beta Rezeptor. Sowohl das Endocannabinoid N‐Arachidonoyl‐Dopamin, als auch Oleamid, zeigten außerdem eine agonistische Wirkung am PPAR-Gamma Rezeptor. Dies erweitert das Grundverständnis des Endocannabinoidsystems beträchtlich. Der aktuelle Forschungsstand legt nahe, dass vor allem die entzündungshemmende und anti diabetische Wirkung einiger Cannabinoide maßgeblich über die PPAR-Rezeptoren vermittelt wird.
Wirkung pflanzlicher Cannabinoide auf die PPAR-Rezeptoren
Die Wissenschaft geht davon aus, dass auch ein Teil der Wirkung von CBD durch seine Wirkung auf die PPAR-Rezeptoren bedingt ist. Insbesondere gibt es einen Zusammenhang zwischen der neuroprotektiven Wirkung von CBD und dessen Wirkung am PPAR-Gamma Rezeptor. In den vergangenen Jahren zeigte unter anderem auch die Alzheimer-Forschung ein verstärktes Interesse an CBD. Durch seine neuroprotektiven und entzündungshemmenden Eigenschaften gilt CBD als potenzieller Kandidat, den Verlauf von Alzheimer zu verlangsamen.
Beobachtungen an Ratten konnten nachweisen, dass ein Teil der neuroprotektiven Wirkung von CBD durch seine Wirkung am PPAR-Gamma Rezeptor ausgelöst wird. Dockt CBD am PPAR-Gamma Rezeptor in einer agonistischen Weise an, werden bestimmte entzündungsfördernde Zytokine, die mit neurodegenerativen Prozessen im Zusammenhang stehen, blockiert. In Versuchen konnte durch entsprechende Gegenproben gezeigt werden, dass genau diese Wirkung von CBD durch eine antagonistische Wirkung am PPAR-Gamma Rezeptor wiederum aufgehoben werden kann. Auch die anti diabetische Wirkung von Cannabimovon, einem eher seltenen Cannabinoid aus dem Hanf, scheint maßgeblich in einem Zusammenhang mit PPAR-Rezeptoren zu stehen.
Versuche an Zellkulturen konnten nachweisen, dass Cannabimovon durch eine agonistische Wirkung am PPAR-Gamma Rezeptor die Insulinresistenz senkt, welche eines der Leitsymptome von Diabetes ist. Außerdem werden durch die Wirkung von Cannabimovon an diesem Rezeptor Prozesse im Fettstoffwechsel gehemmt, die für eine Entwicklung von Diabetes mitverantwortlich sind. Auch Cannabinoide aus anderen Pflanzen sind an dieser Gruppe von Rezeptoren wirksam. Vor allem zu nennen sind an dieser Stelle Cannabinoide aus der Gruppe der Amorfrutine.
Eine italienische Studie aus dem Jahr 2023 kam zu dem Ergebnis, dass mehrere Amorfrutin-Cannabinoide aus der Süßholzgattung Glycyrrhiza foetida eine agonistische Wirkung am PPAR-Alpha und PPAR-Gamma Rezeptor aufweisen. Cannabinoide aus der Gruppe der Amorfrutine weisen starke entzündungshemmende Eigenschaften auf. Forscher gehen davon aus, dass diese Gruppe von Cannabinoiden in Zukunft primär bei entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt werden könnte.