THC ist wahrscheinlich das bekannteste aller Cannabinoide. Es ist für die berauschende Wirkung von Cannabis verantwortlich und auch ein beträchtlicher Teil der medizinischen Wirkung geht auf dieses Cannabinoid zurück. Wenn von THC die Rede ist, dann ist damit in der Regel Delta-9-THC gemeint. Diese Variante von THC, ist die häufigste im Hanf anzutreffende Form. Es gibt von THC mittlerweile mehrere Abwandlungen.
Manche davon kommen natürlich vor, andere werden synthetisch hergestellt. Das Wort „delta“, gefolgt von einer Zahl, macht im Molekül einen kleinen, in der Wirkung jedoch sehr beträchtlichen Unterschied. Diese Formulierung gibt an, an welcher Position in der Seitenkette sich die Doppelbindung befindet. „Delta-9“ bedeutet demnach, dass die Doppelbindung an der 9. Stelle ist. Zunächst ist wichtig zu verstehen, was eine Doppelbindung überhaupt ist. Die Moleküle in einem Atom werden durch Elektronenpaare zusammengehalten.
In den meisten Fällen handelt es sich um Einfachbindungen. Das bedeutet, zwei Atome werden von einem Elektronenpaar miteinander verbunden. Bei einer Doppelbindung findet diese Verbindung über 2 Elektronenpaare statt. In der Strukturformel des Moleküls werden Doppelbindungen mit einem Doppelstrich gekennzeichnet. Diese vermeintlich kleine Modifikation, bei der die Doppelbindung an eine andere Position verschoben wird, hat einen beträchtlichen Einfluss auf die pharmakologischen Eigenschaften. Es gibt zwischen den einzelnen Abwandlungen von THC einige beträchtliche Unterschiede.
Delta-9-THC, der Klassiker
Die mit Abstand häufigste THC-Variante ist Delta-9-THC. Fast der gesamte THC-Gehalt im Hanf setzt sich aus Delta-9-THC zusammen. Dabei kommt Delta-9-THC hier in Form einer Säure vor. In der Chemie wird diese Säureform von THC als THCA bezeichnet. Erst durch das Erhitzen dieser Säure, wird der Säureanteil, der auch als Carboxylgruppe bekannt ist, abgespalten und die freie Base von Delta-9-THC bleibt übrig, welche für die eigentliche psychoaktive Wirkung zuständig ist. Dieser Vorgang wird daher auch als Decarboxylierung bezeichnet.
Nimmt man es ganz genau, gibt es auch von Delta-9-THC noch vier weitere Abwandlungen, nämlich 4 verschiedene Stereoisomere. Das bedeutet, die Summenformel vom Molekül ist immer die gleiche, jedoch die räumliche Anordnung einzelner Gruppen in der Strukturformel ist eine andere. Wenn sich identische funktionale Gruppen auf der gleichen Seite vom Molekül befinden, spricht man von einem cis-Isomer und wenn diese gegenüberliegen, von einem Trans-Isomer.
Diese beiden Typen von Stereoisomeren gibt es auch bei Delta-9-THC. Zusätzlich gibt es von beiden dieser Stereoisomere noch eine Plus- und eine Minus-Variante. Dieses Vorzeichen gibt an, ob das Molekül links- oder rechtsdrehend ist. Das sind vermeintliche Kleinigkeiten, die aber einen erheblichen Unterschied in den pharmakologischen Eigenschaften ausmachen. Psychoaktiv ist nur das Minus-trans-delta-9-THC. Die anderen Stereoisomere sind wenig bis gar nicht psychoaktiv.
Delta-8-THC, die sanftere Version
Während Delta-8-THC in Deutschland kaum verbreitet ist, findet dieses Cannabinoid in vielen US-Staaten schon seit einigen Jahren Anklang. Spuren von diesem Cannabinoid kommen auch im Hanf vor, jedoch nicht in ausreichenden Mengen, bei denen sich eine Extraktion lohnen würde. Deswegen wird Delta-8-THC in der Regel halbsynthetisch hergestellt. Es gibt mehrere Synthesewege, mit denen man mit praktikablem Aufwand Delta-8-THC herstellen kann. Einer der bekanntesten, ist die von CBD ausgehende Isomerisierung, die im Jahr 2004 von Raphael Mechoulam und seinem Forscherteam patentiert wurde. CBD und THC sind zueinander isomer. Das bedeutet, die Summenformel ist gleich, aber die Strukturformel anders.
Man führt zunächst eine Isomerisierung von CBD durch, um THC zu erhalten und verschiebt dann mit einem weiteren chemischen Trick, die Doppelbindung auf die 8. Position. Die Wirkung von Delta-8-THC wird als sanfter wahrgenommen, als jene von Delta-9-THC. Sie ist sehr viel weniger psychedelisch und vor allem die paranoiden Nebenwirkungen sind erheblich geringer. Stattdessen dominiert eher eine körperliche Sedierung. Dies kann primär für Patienten mit psychotischen Vorerkrankungen, die aber dennoch nicht gänzlich auf die Heilwirkung von THC verzichten möchten, eine interessante Option sein.
Auch für Patienten, die im Alltag nicht zu sehr durch eine berauschende Wirkung beeinträchtigt sein möchten, kann dieses Cannabinoid eine Alternative darstellen. Leider ist in Deutschland Delta-8-THC illegal. In vielen US-Staaten jedoch, erfreut sich dieser sanfte Bruder vom Original-THC, großer Beliebtheit. Sowohl für Freizeitkonsumenten, als auch für Menschen, die nach einer sanfteren medizinischen Alternative zum Original suchen.
Delta-10-THC, die wach machende Variante
Befindet sich die Doppelbindung im THC-Molekül an 10. Position, hat dies eine weitere deutliche Veränderung seiner Wirkung zur Folge. Während THC normalerweise eher dafür bekannt ist, sedierend zu sein, dominiert bei Delta-10-THC eine leicht stimulierende und aktivitätssteigernde Wirkung. Auch bei diesem Cannabinoid sind Paranoia bei Weitem nicht so stark ausgeprägt wie beim klassischen Delta-9-THC.
Dieser Aspekt kann es ebenfalls für Patienten interessant machen, die psychotische Vorerkrankungen haben, oder im Alltag nicht zu sehr eingeschränkt sein möchten. Delta-10-THC kommt nicht in Hanf vor. Dieses Cannabinoid wird im Labor halbsynthetisch hergestellt. In der Regel isomerisiert man auch hier zuerst CBD zu THC und führt anschließend die entsprechenden Modifikationen an der Doppelbindung durch.
Delta-10-THC ist in Deutschland ebenfalls illegal. Wichtig zu wissen ist auch noch, dass Drogenschnelltests nicht zwischen den genannten Abwandlungen von THC unterscheiden können. Außerdem bilden alle Formen von THC, das Abbauprodukt THC-COOH, welches von Drogenschnelltests erkannt wird.