Cannabicyclol, kurz CBL, gehört zu den seltensten und am wenigsten erforschen Cannabinoiden im Hanf. CBL wird im Hanf ausgehend von CBC synthetisiert. Cannabicyclol wird dann produziert, wenn Cannabichromen (CBC) Licht ausgesetzt wird. Dabei ist der Gehalt an CBL in Indica-Sorten höher als in Sativa-Sorten.
Dieses Cannabinoid wurde erstmalig 1964 entdeckt. Der Herstellungsweg von CBL war zunächst noch unklar, da man die Feststellung machte, dass der CBL-Gehalt in einer Ernte oft ansteigt und deutlich höher ist, als er in der noch lebenden Pflanze war. Erst 1971 war dann sein Herstellungsweg richtig entschlüsselt und man verstand, dass CBL auch nach der Ernte von CBC ausgehend entstehen kann, wenn es Licht ausgesetzt wird. Erstaunlich bei CBL ist seine chemische Stabilität.
Im Jahr 2008 wurden in einem 2700 Jahre alten Grab in China, Überreste von Cannabis gefunden, die mittels Gaschromatografie untersucht wurden. Während viele Cannabinoide nach diesem langen Zeitraum zerfallen waren, konnte CBL noch in deutlich messbaren Konzentrationen nachgewiesen werden. Es finden sich keine Berichte über eine etwaige Psychoaktivität, jedoch geht die Forschung davon aus, dass CBL nicht psychoaktiv ist, da es nicht am CB1-Rezeptor andocken kann. Dennoch scheint auch dieses Cannabinoid einige medizinische Anwendungszwecke bereitzuhalten.
Potenzial gegen Krebs
Eine im Jahr 2022 veröffentliche US-Studie kam zu dem Ergebnis, dass CBL ein Kandidat sein könnte, um das Wachstum von bestimmten Formen von Darmkrebs zu hemmen. Eigentlich ging es bei dieser Studie zunächst darum, zu verstehen, wie der genaue Wirkungsmechanismus von CBD, bei der Hemmung bestimmter Krebsarten funktioniert. Im Zuge dessen wurde ein gleichwertiger Effekt auch bei einigen weiteren Cannabinoiden, wie CBL, festgestellt. Diese Cannabinoide können über den CB2-Rezeptor in bestimmten Formen von Darmkrebs einen Zelltod auslösen. Die Forscher gehen davon aus, dass diese Cannabinoide auch eine vorbeugende Wirkung gegen Darmkrebs haben.
Interessant ist die Tatsache, dass CBL im Gegensatz zu vielen anderen Cannabinoiden kaum eine hemmende Wirkung auf Prostaglandine hat. Was die Ursache dafür ist und welche medizinische Relevanz dies haben könnte, ist allerdings bis heute bisher nicht vollständig geklärt. Leider ist die Forschung zu CBL nur sehr begrenzt. Prostaglandine sind eine Gruppe von hormonähnlichen Substanzen, die in ihrer chemischen Grundstruktur vom Gerüst der Prostansäure abgeleitet sind. Sie spielen eine elementare Rolle bei einer Regulierung einer Vielzahl unterschiedlicher molekularbiologischer Prozesse im Körper und können auch bei der Entstehung von Krebs relevant sein.
CBLV erhöht den Anandamid-Spiegel
Ein chemisch nahe verwandtes und chemisch von CBL abgeleitetes Cannabinoid ist Cannabicyclovarin, kurz CBLV. Es ist ein Homolog von CBL und weist ebenfalls interessante Eigenschaften auf. Ein Homolog ist in der Chemie ein Molekül, das seinem Vorläufer dahin gehend ähnelt, dass nur ein weiteres Kettenglied einer funktionalen Gruppe hinzugefügt wurde. CBLV ist höchstwahrscheinlich ebenfalls nicht psychoaktiv. Man geht davon aus, dass es aufgrund seiner chemischen Struktur, keine oder nur eine sehr geringe Affinität zum CB1-Rezeptor aufweist. Forscher vermuten außerdem, dass CBLV die Konzentration des körpereigenen Cannabinoids Anandamid erhöhen könnte.
Dies ist ein Effekt, der auch in anderen Cannabinoiden festgestellt wurde. Die Wirkung beruht darauf, dass die Wiederaufnahme von Anandamid gehemmt wird, dadurch kommt es zu einer Erhöhung der Konzentration im Blut. Diese Tatsache macht Cannabinoide wie CBLV zu einem potenziellen Kandidaten für die Behandlung zahlreicher Krankheiten. Anandamid steht in einem engen Zusammenhang mit psychiatrischen Störungen. In Studien konnte gezeigt werden, dass bei Schizophrenie-Patienten, durch die Gabe entsprechender Cannabinoide, der Anandamid-Spiegel deutlich erhöht wurde. Dies führte zu einem signifikanten Rückgang der Symptome. Ein Mangel an körpereigenen Cannabinoiden, wie Anandamid, kann mit einer Vielzahl an Störungen einhergehen. Cannabinoide wie CBLV können dies beheben, indem sie die Wiederaufnahme hemmen.
Entzündungshemmende Wirkung von CBLA
CBLA ist die saure Variante von CBL. Es entsteht, wenn Cannabichromensäure (CBCA) mit Licht bestrahlt wird. Interessant ist, dass CBLA sehr hitzebeständig ist und im Gegensatz zu anderen sauren Cannabinoiden nur schwer decarboxyliert werden kann. Es ist ebenfalls nicht psychoaktiv und zeigt keinen Effekt am CB1-Rezeptor. Allerdings ist es entzündungshemmend.
Es gibt leider noch keine klinischen Studien am Menschen, jedoch kann man aufgrund von seiner chemischen Struktur auf dieses Potenzial schließen. Forscher gehen davon aus, dass es ähnlich wie andere Cannabinoide entzündungsfördernde Botenstoffe hemmt und es dadurch bei einer Vielzahl entzündlicher Erkrankungen eingesetzt werden kann.