Hanfprodukte als Appetitanreger sind zumindest unter Experten und Konsumenten praktisch ein alter Hut, aber so richtig verstanden ist die Wirkungsweise der Cannabinoide wissenschaftlich aktuell bislang nicht. Wer an Magersucht und einer Anorexie leidet, wird in Zeiten der Legalisierung und Verfügbarkeit von Cannabis auf Rezept trotzdem zugreifen und ausprobieren, was vielen Menschen seit Urzeiten gut geholfen hat.
Mehr Essen durch THC hat natürlich mit neurologischen Aspekten zu tun und auf der Suche nach künftigen Therapien auf pflanzlicher Basis hoffen von Essstörungen Betroffene auf tapfere Nager im Labor. Von dort nämlich erreichen uns spannende neue Berichte zu den Wirkstoffen der Hanfpflanze, die nicht mehr nur durch gegenseitige Empfehlung, sondern auf der Basis konkret nachweisbarer Prozesse als wertvolle Ergänzung in den Ernährungswissenschaften einen festen Platz einnehmen könnten.
Verfressene Ratten und Mäuse auf THC
Die Ratte gilt in Fachkreisen als besonders simpel zu studieren, während Mäuse gern für chemogenetische Untersuchungen und bildgebende Verfahren an einem MRT dienen. Zum Appetitanreger Cannabis hielt man die Kreaturen kontrolliert im Schaukasten, überwachte die Zugänge zu Wasser und Futter während der Versuche streng – kein Nager blieb unbeobachtet. Nach der Gabe von Hanf, der knapp 8 % berauschendes Tetrahydrocannabinol (THC) und ein halbes Prozent rauschfreies Cannabidiol (CBD) enthielt. Außerdem gewöhnten die Forscher alle Ratten an speziell konstruierte Mini-Dampfkammern, wo es die Cannabinoide per Inhalation verabreicht gab.
Fressverhalten, Bewegung, Besonderheiten – bei der Studie kam auch eine Art Fernbedienung zum Einsatz, um direkt nach der Gabe von Hanf das Futter sozusagen wie das Manna bei Moses in der Bibel den tapferen Biestern direkt vor den Latz fallen konnte.
Auch die Maus wurde high durch verdampftes Cannabis, wie wir Menschen das vom beliebten Vaporizer kennen, der jeden in Hanfpflanzen vorhandenen Wirkstoff bei passgenauer Temperatur optimal erhitzt. Den Mäusen stand zudem spezielles Kalzium zur Verfügung, mit dessen Signalwirkung im Gehirn der Nager die Effizienz einzelner Cannabinoide auf Bereiche nachweisbar ist, die mit der Nahrungsaufnahme zu tun haben. Elektrophysiologische Aufzeichnungen beim Messen postsynaptischer Ströme und sogar die Injektion von Viren sind natürlich heftig, was die kleinen Tiere mit den scharfen Schneidezähnen zu echten Märtyrern im Dienste der Cannabisforschung macht.
Hanf beeinflusst den Hunger neurobiologisch „erheblich“
Frei gefütterte Ratten mit Zugang zum Marihuana fraßen deutlich öfter und gieriger, allerdings schwankte das Volumen der Mahlzeiten. Vor allem in den ersten zwei bis drei Stunden wurde dieser Effekt dokumentiert, wobei die Forscher meinen, es könnte eine Art sich wiederholender Mechanismus über diesen Zeitraum hindurch aktiv bleiben, ohne dass es Nachschub und mehr Cannabinoide zum Fressen benötigt. Zudem schwankten und wankten die Ratten kein bisschen und wären vielleicht selbst bei der allgemeinen Verkehrskontrolle nicht aufgefallen, so festhielt sich der allergrößte Teil der Meute auch nach längerer Gabe von THC.
Interessant außerdem: Eine Ratte im Ganzkörper Verdampfer wies bei Luft-Kontrollmessungen keine Unterschiede beim Atemquotienten auf. Freilich stieg die Sauerstoffverbrauchsrate, was jedoch nicht am Inhalieren von Cannabis lag, sondern am Energieverbrauch und Stoffwechsel durch die permanente Fresserei.
Sehr begehrt war jedes Stückchen Saccharose Zucker, das die Ratten eine Stunde nach Gabe von Hanf sofort einsackten, später aber weniger spannend fanden. Cannabis wirkt also immer von der jeweiligen Dauer und Zeit abhängig, was für eine gezielte Anregung von Patienten mit Essproblemen im Ernährungsplan genau festgelegt sein dürfte. Bei den Mäusen schlug man sich gleichfalls den Wanst voll, fraß aber bei höherer Dosis THC nicht mehr so viel, weil bei den kleineren Mäusen mehr los war im Kopf als bei der Ratte. Im Gehirn schauten sich die Forscher genauer um und entdeckten, dass Cannabinoide offenbar bisher nicht in diesem Zusammenhang erfasste MBH-Neuronen aktiviert und so direkt Lust macht auf Speisen und Getränke.