Das Endocannabinoidsystem zählt zu den wichtigsten Regulationssystemen im menschlichen Körper. Es spielt bei einer Vielzahl an Prozessen eine so entscheidende Rolle, dass ein Überleben ohne ihm nicht möglich wäre. Obwohl bis zum heutigen Tag durch alteingesessene Verbote, eine medizinische Forschung an THC vielerorts noch immer nicht möglich ist, blieb währenddessen die Erforschung des Endocannabinoidsystems nicht stehen.
Seit seiner erstmaligen Entdeckung im Jahr 1990, wurden immer mehr körpereigene Cannabinoide entdeckt und deren Bedeutung allmählich begriffen. Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, inwiefern auch Tiere über ein solches System verfügen. Tatsächlich gelang der erstmalige Nachweis von einem Endocannabinoidsystem in tierischen Gewebeproben. Das Team von Raphael Mechoulam benutzte Gewebeproben von Ratten, um erstmalig die Existenz von einem Endocannabinoidsystem nachzuweisen. Der aktuelle Stand der Forschung ist, dass in allen Säugetieren ebenfalls ein solches körpereigenes Cannabinoidsystem existiert. Auch bei Vögeln, Fischen und Reptilien wurde dieses System nachgewiesen. Sogar zahlreiche wirbellose Tiere wie der Regenwurm scheinen ein Endocannabinoidsystem zu besitzen.
Strukturelle Ähnlichkeit der Rezeptoren
Wie beim Menschen gibt es auch im Tierreich CB1- und CB2-Rezeptoren. Der molekularbiologische Aufbau ist überraschend ähnlich, weist aber ein paar Unterschiede auf. Es gibt eine kanadische Studie aus dem Jahr 2011, die sich mit dem Aufbau und der Ähnlichkeit von Cannabinoidrezeptoren einiger Säugetiere beschäftigt hat. Zunächst wurden von einem Hund, einem Schimpansen, sowie von Maus und Ratte, eine Gewebeprobe entnommen. Aus diesen Proben wurde dann der jeweilige CB2-Rezeptor isoliert und geklont. Anschließend wurden diese Rezeptoren sequenziert, das bedeutet, sie wurden in die einzelnen Proteinsequenzen aufgespalten, aus denen sie bestehen.
Dabei wurde festgestellt, dass diese tierischen CB2-Rezeptoren in ihrer Proteinstruktur eine Übereinstimmung von 76 bis 82 % mit der Proteinstruktur menschlicher CB2-Rezeptoren haben. Diese isolierten Rezeptoren wurden dann verschiedenen körpereigenen und synthetischen Cannabinoiden ausgesetzt. Dabei zeigte sich, dass an tierischen CB2-Rezeptoren die gleichen Cannabinoide andocken können, wie bei menschlichen Rezeptoren. Ein Unterschied machte sich jedoch bemerkbar, der insbesondere bei Hunden auffiel. Die Intensität der intrazellulären Reizweiterleitung ist eine etwas andere als bei menschlichen CB2-Rezeptoren.
An CB2-Rezeptoren, die aus Ratten isoliert wurden, wurde wiederum festgestellt, dass einige synthetische Cannabinoide an diesen Rezeptoren eine andere Bindungsaffinität aufweisen, als an menschlichen CB2-Rezeptoren. Aus diesem Grund müssen Wirksamkeitsstudien von Cannabinoiden, die an solchen Rezeptoren durchgeführt werden, als kritisch betrachtet und können nicht immer 1:1 auf den Menschen übertragen werden.
Ähnliche Funktion wie beim Menschen
Man geht aktuell davon aus, dass bei Tieren das Endocannabinoidsystem im Wesentlichen die gleiche Funktion wie beim Menschen hat. Auch bei Tieren scheint die Modulation zahlreicher neurologischer und immunologischer Prozesse in einem direkten Zusammenhang mit dem Endocannabinoidsystem zu stehen. Neben den Rezeptoren, die man vom Menschen kennt, werden auch in Tieren die gleichen körpereigenen Cannabinoide wie Anandamid produziert. Einige größere Unterschiede zum Menschen scheint es in der anatomischen Lage, sowie in der Anzahl der Cannabinoidrezeptoren zu geben. So wurde beispielsweise bei Hunden festgestellt, dass diese im Gehirn eine erheblich größere Anzahl an CB1-Rezeptoren besitzen als der Mensch.
Durch diese hohe Anzahl an Rezeptoren sind Hunde gegenüber THC empfindlicher als Menschen. Eine Nebenwirkung die bei Hunden aus diesem Grund auftreten kann, ist die sogenannte statische Ataxie. Erstaunlich ist, wie sich Funktionen im Endocannabinoidsystem, die man vom Menschen kennt, selbst im kleinsten Tierreich wiederfinden lassen. Es gibt eine italienische Studie aus dem Jahr 1999, die sich mit dem Endocannabinoidsystem von Hydra vulgaris beschäftigt. Dabei handelt es sich um ein kleines Süßwassertier, welches zu den ersten Lebewesen mit einem komplexen Nervensystem zählte. Die Untersuchung kam zu dem Schluss, dass Hydra vulgaris CB1-Rezeptoren besitzt und außerdem Anandamid produziert.
Aufgrund von Beobachtung des Fressverhaltens bei verschiedenen Anandamid-Konzentrationen wurde festgestellt, dass in Hydra vulgaris offenbar das Endocannabinoidsystem die Nahrungsaufnahme steuert. Auch beim Menschen ist bekannt, dass Cannabinoide einen großen Einfluss auf den Appetit oder das Sättigungsgefühl haben. Viele Konsumenten von Cannabis kennen sicherlich den typischen Heißhunger, der bei einigen Sorten eintritt und eine typische Wirkung von Cannabinoiden ist.
Fazit
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Endocannabinoidsystem im Tierreich allgegenwärtig ist. Bis aus wenige Ausnahmen, die primär aus dem Reich der Insekten stammen, scheinen die allermeisten Tiere über ein solches System zu verfügen. Am Beispiel von Hydra vulgaris kann vermutet werden, dass das Endocannabinoidsystem eines der bewährtesten Systeme der Evolution ist. Es findet sich in frühesten komplexen Wasserbewohnern und ist bis heute im menschlichen Körper präsent.