In Hanf sind über 100 verschiedene Cannabinoide enthalten. Während Substanzen wie THC und CBD bereits in der breiten Masse bekannt und verbreitet sind, gibt es immer wieder weitgehend unbekannte Cannabinoide, bei denen noch weitere Forschung nötig ist. Eines dieser relativ unbekannten Cannabinoide ist Cannabicitran, kurz CBT.
Im Stoffwechsel der Hanfpflanze kommt CBT als enzymatisches Nachfolgeprodukt von CBC vor. Obwohl dieses Cannabinoid bereits im Jahr 1974 zum ersten Mal in libanesischem Haschisch entdeckt und davor 1971 erstmalig synthetisiert wurde, gibt es bis zum heutigen Tag erstaunlich wenige Forschungen dazu. CBT kommt primär in Hanfsorten mit einem hohen CBD-Gehalt und niedrigen THC-Gehalt vor. Chemisch liegt CBT als Racemat vor. Das bedeutet, es liegt als Gemisch von 2 sozusagen gespiegelten Molekülen, sogenannten Isomeren, vor.
Das Vorkommen als Racemat, ist eine Eigenheit einiger Cannabinoide, die man unter anderem auch von HHC kennt. Aufgrund dieser Spiegelung weisen beide Moleküle leicht unterschiedliche pharmakologische Eigenschaften auf. Erstaunlich ist außerdem, dass dieses Cannabinoid nicht nur im Hanf vorkommt, sondern auch bereits in anderen Pflanzen nachgewiesen wurde. Im Jahr 2011 gelang es einem japanischen Forscherteam, CBT in der chinesischen Heilpflanze Rhododendron antophogonoides nachzuweisen.
An neuartigem Cannabinoidrezeptor wirksam
CBT ist laut aktuellem Wissensstand nicht psychoaktiv, da es keine Aktivität am CB1-Rezeptor besitzt. Jedoch scheint es an einem der neu entdeckten Cannabinoidrezeptoren aus der GPR-Gruppe eine agonistische Wirkung aufzuweisen. Seine Hauptwirkung entfaltet CBT über den GPR18 Rezeptor. Aus Beobachtungen an Tieren ist bislang bekannt, dass es den Augeninnendruck senkt. Der GPR18-Rezeptor ist aus mehreren Studien als eine Art Druckregulator im Auge bekannt.
Dies könnte es zu einem neuen Kandidaten in der Behandlung von Grünen Star beim Menschen machen. Bereits bei einer im Jahr 1984 durchgeführten Studie, bei der eine Reihe von Cannabinoiden auf ihr Potenzial den Augeninnendruck zu senken untersucht wurden, erwies sich CBT als vielversprechender Kandidat. Über die Wirkung auf andere Cannabinoidrezeptoren ist bislang nichts bekannt, jedoch gibt es für dieses Cannabinoid noch kaum Studien.
Bestandteil der chinesischen Medizin
Da CBT auch in Rhododendron antophogonoides isoliert wurde, einer Pflanze, die eine wichtige Rolle in der traditionellen chinesischen Medizin einnimmt, kann man so gesehen sagen, dass es bereits eine lange geschichtliche Verwendung hat. Nebenbei erwähnt, sieht man an solchen Beispielen auch die Absurdität der Drogenpolitik und der Pflanzenverbote. China, ein Land, das drakonisch gegen Hanfprodukte, selbst gegen nicht psychoaktives CBD vorgeht, benutzt selbst cannabinoidhaltige Pflanzen als Teil seiner traditionellen Medizin. Es gibt auch psychoaktive Gattungen von Rhododendron, die ebenfalls in China verwendet werden. In der chinesischen Medizin findet Rhododendron antophogonoides vorwiegend Anwendung gegen Entzündungen.
Es scheint gegen eine Vielzahl von Erkrankungen wirksam zu sein, denen unterschiedliche entzündliche Prozesse zugrunde liegen. Es erwies sich bereits als wirksam gegen Asthma, Arthritis und weiteren entzündlichen Erkrankungen. Ferner weist diese Pflanze ein Wirkungsspektrum auf, dass auch insgesamt sehr an das breite Wirkungsspektrum von Cannabinoiden erinnert. Studien weisen darauf hin, dass die Pflanze antioxidativ wirkt. Außerdem hemmt sie das Wachstum einiger Arten von Krebszellen. Sie scheint ein breites antimikrobielles Wirkungsspektrum zu haben und zeigt sich gegen eine Vielzahl von Bakterien, Viren und Pilzen als wirksam. Aufgrund von ihrem antimikrobiellen Wirkungsspektrum findet diese CBD-haltige Pflanze in der chinesischen Medizin hauptsächlich gegen Atemwegsinfektionen Verwendung.
Wieder in den Fokus der Forschung gerückt
Während CBT in der westlichen Forschung zunächst für einige Jahrzehnte in Vergessenheit geriet, beginnt man sich seit einigen Jahren wieder vermehrt dafür zu interessieren. Vor allem seit 2019 beginnen sich US-Unternehmen verstärkt für CBT zu interessieren. Die Forscher knüpfen hier vor allem an den Studienergebnissen der 1980er-Jahre an, in denen bereits die senkende Wirkung von CBT auf den Augeninnendruck bestätigt wurde. Ein erhöhter Augeninnendruck ist der Hauptauslöser von Glaukom, also von Grünem Star.
Die Erkrankung ist in der westlichen Welt relativ weitverbreitet und kann schwerwiegende Folgen haben. Es ist durch mehrere Studien eindeutig belegt, dass einige Cannabinoide ein sehr wirksames Mittel gegen Grünen Star sind. Dieser Effekt, zusammen mit seinem breit gefächerten Anwendungsbereich aus der chinesischen Medizin, könnte CBT in den nächsten Jahren noch zu einem interessanten Wirkstoff in der Medizin machen.