Neben den Cannabinoiden sind im Hanf die Terpene jene Stoffgruppe, mit dem wahrscheinlich größten medizinischen Potenzial. Terpene sind Kohlenwasserstoffe, die vielfach für das typische Aroma von verschiedenen Hanfsorten verantwortlich sind. Terpene kommen auch in anderen Pflanzen vor und verleihen auch diesen ihre ganz spezielle Duftnote. Aufgrund ihrer potenziellen medizinischen Qualitäten sind Terpene in den vergangenen Jahren immer mehr in den Fokus der Forschung gerückt.
Eines dieser Terpene, welches besondere Aufmerksamkeit verdient, ist Beta-Caryophyllen. Dieses gehört zu den am gründlichsten erforschten Terpenen und zeichnet sich durch ein sehr breites Wirkungsspektrum aus. Beta-Caryophyllen findet sich in einigen Hanfsorten in größeren Mengen. Aber auch die Körner von schwarzem Pfeffer enthalten dieses Terpen. Pharmakologisch handelt es sich bei Beta-Caryophyllen um eine Sonderform der Terpene, da dieses auch am CB2-Rezeptor wirksam ist. Daher muss es streng genommen auch zu den Cannabinoiden gezählt werden.
Wirksam gegen eine Vielzahl von Entzündungen
Eines der wichtigsten Wirkungsspektren von Beta-Caryophyllen ist seine entzündungshemmende Wirkung. Wichtig zu verstehen ist an dieser Stelle, dass das Wort Entzündung im alltäglichen Sprachgebrauch eher ein Oberbegriff ist für unzählige verschiedene, meist lokale, immunologische Reaktionen, die sich beispielsweise in Form von Rötung und Schwellung äußern. Tatsächlich liegen den verschiedenen Formen von Entzündungen unzählige molekularbiologische Prozesse zugrunde, die sich je nach betroffenem Gewebetyp unterschiedlich äußern können. Das Besondere an Beta-Caryophyllen ist, dass es auf eine Vielzahl von verschiedenen entzündlichen Reaktionen hemmend wirkt.
Da Beta-Caryophyllen eines der am genauesten erforschten Terpene ist, gibt es mittlerweile zahlreiche Untersuchungen, die sein breites Einsatzspektrum bei Entzündungen belegen. Es dockt zunächst am CB2-Rezeptor an. Wie bereits von anderen Cannabinoiden wie CBD bekannt ist, werden über den CB2-Rezeptor zahlreiche immunologische Prozesse, wie auch Entzündungen, gesteuert. Ferner hat es eine beeinflussende Wirkung auf mehrere entzündungsfördernde Zytokine. Zytokine sind Botenstoffe in Zellen, die eine direkte Beteiligung an Entzündungen haben. Zusätzlich ist dieses Terpen am PPAR-Rezeptor wirksam. Dabei handelt es sich um einen Rezeptor, der ebenfalls in einem Zusammenhang mit Entzündungen steht. Da die genannten Regulatoren für Entzündungen praktisch in allen Organen vorzufinden sind, ergibt sich daraus ein erstaunlich breites Einsatzspektrum für Beta-Caryophyllen.
Forscher gehen davon aus, dass dieses Terpen insbesondere bei Entzündungen im Magen-Darmbereich und bei Entzündungen der Leber hilfreich ist. Aber auch neurodegenerative Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Alzheimer, denen letztlich auch ein entzündlicher Prozess zugrunde liegt, könnten mit Beta-Caryophyllen wirksam behandelt werden. Auch gegen neuropathische Schmerzen scheint es wirksam zu sein. Da es nicht psychoaktiv ist und keinerlei Abhängigkeit auslöst, könnte es für viele Patienten eine interessante Alternative darstellen. Beta-Caryophyllen setzt auch über einen indirekten Weg, der über den CB2-Rezeptor gesteuert wird, das körpereigene Opiat Beta-Endorphin frei, welches zusätzlich zur Schmerzstillung beiträgt.
Wirksam gegen Angst und Depressionen
Aktuelle Forschungsergebnisse konnten auch eine antidepressive und angstlösende Wirkung von Beta-Caryophyllen nachweisen. Beides scheint durch seine Wirkung auf den CB2-Rezeptor zustande zu kommen. Forscher gehen davon aus, dass die angstlindernde Wirkung von diesem Terpen, zukünftig eine Ergänzung oder sogar eine Alternative für Benzodiazepine bei der Behandlung von Angsterkrankungen darstellen könnte. Im Gegensatz zu vielen derzeit in der Schulmedizin verwendeten Wirkstoffen, konnten bei Beta-Caryophyllen bislang keine relevanten Nebenwirkungen festgestellt werden.
Zwar ist es bis heute noch kein Bestandteil der Schulmedizin, doch seine Einstufung als bedenkenloser Lebensmittelzusatz, lässt sein geringes Gefahrenpotenzial erahnen. Im Internet findet sich mancherorts der Ratschlag, Pfefferkörner zu kauen, wenn man zu viel Cannabis konsumiert hat und davon paranoid wurde. Genau dieser Effekt ist auf die Wirkung von Beta-Caryophyllen zurückzuführen. Auch Pfefferkörner enthalten dieses Terpen und wirken auf diese Weise der paranoiden Wirkung von THC entgegen.
Potenzial gegen Diabetes
Durch Untersuchungen an Zellkulturen konnte gezeigt werden, dass Beta-Caryophyllen eine Behandlungsoption gegen Diabetes darstellen könnte. Die Ursache von Diabetes ist häufig eine gestörte Insulinproduktion in den Zellen der Bauchspeicheldrüse. Beta-Caryophyllen kann diese Insulinfreisetzung steuern, indem es am CB2-Rezeptor dieser Zellen andockt. Man geht davon aus, dass dieses Terpen aufgrund seiner breit gefächerten entzündungshemmenden Wirkung auch gegen Folgeerscheinungen von Diabetes wirksam sein könnte.
Zum Beispiel sind Arteriosklerose oder Adipositas, infolge eines gestörten Fettstoffwechsels, häufige Begleiterkrankungen von Diabetes. Auch wenn klinische Langzeitstudien und die Zulassung als Arzneimittel noch ausstehen, kann davon ausgegangen werden, dass dieses besondere Terpen noch eine größere Rolle in der Humanmedizin spielen wird.