Virusinfektionen sind ein großes Problem in der Humanmedizin. Bis zum heutigen Tag lassen sich Viren nur sehr bedingt bekämpfen, da diese in die Körperzelle eindringen und somit nur schwer durch Wirkstoffe oder Antikörper erreichbar sind. Deswegen sind gegen Viren auch Antibiotika nicht wirksam.
Bei den allermeisten Virusinfektionen lassen sich lediglich die Symptome lindern, nicht jedoch die eigentliche Infektion bekämpfen. Es gibt einige wenige Virostatika wie Remdesivir, die gegen Viren selbst wirken. Insgesamt ist auf diesem Gebiet noch viel Forschung nötig, um zukünftig effektivere Medikamente gegen Viren zur Verfügung zu haben. Einige Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Cannabinoide ein antivirales Potenzial besitzen könnten.
THC kann die Vermehrung von Viren hemmen
Zumindest bei in vitro Versuchen konnte klar gezeigt werden, dass THC offenbar bei mehreren Typen von Viren, eine hemmende Wirkung auf deren Vermehrung hat. Bereits vor fast 20 Jahren kam eine US-Studie zu dem Ergebnis, dass THC einen Einfluss auf biologische Mechanismen hat, welche einige Viren zu deren Vermehrung nutzen. Das Forscherteam dieser Studie aus dem Jahr 2004, züchtete Viren in Gewebeproben und fügte dann THC in diese Proben hinzu.
Dabei zeigte sich klar, dass in diesen Gewebeproben im Vergleich zur Kontrollgruppe, das Viruswachstum um bis zu 50 % gehemmt wurde. Am deutlichsten ausgeprägt war dieser Effekt bei Herpesviren sowie beim Epstein-Barr-Virus. Beide sind beim Menschen als weitverbreitete Infektionserreger bekannt. Des Weiteren wurde in dieser Studie festgestellt, dass THC nicht nur die Vermehrung von Viren bremst, sondern dass es auch den Zelltod der infizierten Zelle verhindern kann. Typisch für die Infektion durch Viren ist, dass die befallene Zelle dazu animiert wird, neue Viren aus ihrem Erbgut zu erschaffen, wodurch aber die Zelle selbst stirbt. Genau diesen Prozess scheint THC zu unterbinden. Es zeigte sich, dass bei THC-Konzentrationen von 1.25 mg/ml in der Zellkultur, die Zellen erhalten bleiben und auch in der längerfristigen Überlebenszeit keinen Unterschied zu nicht infizierten Zellen aufweisen.
Auch CBD ist wirksam
Bei vielen Beschwerden gilt die Wirksamkeit von CBD noch nicht als gesichert und wird häufig infolge der Gesetzeslage, von einigen Patienten sozusagen als leicht erhältliche Alternative für THC benutzt. Doch im Kontext der antiviralen Wirkung, gilt als gesichert, dass CBD auch hier Potenzial hat. Zumindest bei in vitro Versuchen zeigte auch CBD eine hemmende Wirkung auf die Vermehrung mancher Viren. Eine im Jahr 2021 veröffentlichte Studie der medizinischen Universität von Chicago stellte fest, dass sowohl CBD als auch sein im Körper anfallendes Abbauprodukt 7-OH-CBD, antivirale Eigenschaften haben.
In dieser Studie wurden Zellkulturen von Lungenzellen und Nierenzellen erstellt, die mit Coronaviren befallen waren. Nachdem diese Zellkultur 2 Stunden lang einer für den Menschen nicht toxischen Konzentration von CBD ausgesetzt war, stellte sich heraus, dass die Reproduktion der Viren in dieser Kultur drastisch gehemmt wurde. Gemessen wurde die Reproduktionsrate der Viren in diesem Fall an der EC50 Rate. Dies ist eine Kennzahl, die angibt, in welcher Konzentration Proteine in der Zellkultur nachweisbar sind, welche für eine Vermehrung sprechen. Der EC50 Wert sank auf maximal 2.1µM. Das bedeutet, etwa zwei Zellen von einer Million, trugen noch den Virus in sich.
Dieser Wert war so erstaunlich niedrig, dass dieses Experiment wiederholt wurde. Dieses Mal jedoch nicht mit CBD welches aus Hanf extrahiert wurde, um potenzielle Wechselwirkungen mit Verunreinigungen auszuschließen, sondern mit rein synthetisch hergestelltem CBD. Auch hier waren die EC50 Werte in einem vergleichbaren Bereich. Es zeigte sich außerdem, dass CBD auch gegen einen bestimmten Typ vom Hepatitis-Virus, dem MHV, deutlich wirksam ist. Da dieser Virus eine ganz andere Struktur aufweist als Coronaviren, scheint sich CBD als antiviraler Wirkstoff mit einem breiten Wirkungsspektrum auszuzeichnen.
Erstaunlich war die Feststellung, dass sich die antivirale Eigenschaft von CBD drastisch verringert, sobald CBD mit anderen Cannabinoiden gemischt wird, wie es im natürlichen Hanf der Fall ist. Viele Wirkungen verstärken sich infolge der Gesamtkomposition an Cannabinoiden und Terpen, wie sie im Hanf vorkommen, doch ausgerechnet die antivirale Wirkung von CBD ist dann am stärksten ausgeprägt, wenn nur CBD allein in isolierter Form zur Anwendung kommt.
Noch keine klinischen Studien am Menschen
Auch wenn die obigen Studien sehr vielversprechend klingen, ist anzumerken, dass diese in Zellkulturen durchgeführt wurden, nicht an freiwilligen Patienten. Im menschlichen Körper können Faktoren das Ergebnis beeinflussen, die in einer Zellkultur nicht auftreten. Dennoch ist die Tatsache einmal mehr erstaunlich, dass ausgerechnet eine Pflanze, die seit Jahrzehnten verteufelt wird, Wirkstoffe enthält, die nachweislich gegen Viren wirksam sind.