Resistenzen gegen Antibiotika werden ein zunehmendes Problem in der Medizin. Während zur Zeit der Entdeckung der ersten Antibiotika wie Penicillin, bakterielle Infektionskrankheiten schon als bald besiegt galten, häufen sich heutzutage die Zahl der Bakterienstämme, gegen die kein bekanntes Antibiotikum mehr ausreichend wirksam ist. Es treten vermehrt Fälle auf, in denen bereits als besiegt geglaubte Infektionskrankheiten zurückkehren und auf kein Antibiotikum ansprechen.
Oftmals sind es einfache Wundinfektionen, mit denen Patienten sich in Krankenhäusern anstecken, die erhebliche Probleme bereiten. Seit vielen Jahren befindet sich die Forschung in einem Wettrüsten mit Infektionserregern, um immer wieder neue Antibiotika, wenn möglich, mit ganz neuen Wirkungsmechanismen, zur Verfügung zu haben. Auf diesem Gebiet sind in den vergangenen Jahren vermehrt auch Cannabinoide und Terpene in den Fokus gerückt. Einige von ihnen weisen antimikrobielle Eigenschaften auf, die in mehreren in vitro Studien bestätigt wurden.
Cannabinoide gegen antibiotikaresistenten Krankenhauskeim wirksam
Die erste umfassende Studie auf diesem Gebiet wurde im Jahr 2008 in einer italienischen Universität durchgeführt. In Bakterienkulturen wurde die mögliche antimikrobielle Wirkung der wichtigsten Cannabinoide aus dem Hanf untersucht. Dabei wurde die erstaunliche Feststellung gemacht, dass sowohl THC und CBD, als auch unbekanntere Cannabinoide wie CBG, CBN und CBC, gegen den Bakterienstamm Staphylococcus aureus wirksam sind.
Bei diesem Bakterienstamm handelt es sich um Erreger einer schweren Wundinfektion, die häufig in Krankenhäusern auftritt, weshalb er auch als Krankenhauskeim bezeichnet wird. Er verursacht insbesondere bei Patienten mit einem geschwächten Immunsystem schwere Entzündungen. Ein erhebliches Problem ist, dass es Subgattungen von diesem Bakterienstamm gibt, die gegen das Standardantibiotikum welches hier zur Anwendung kommt, nämlich Methicillin, resistent sind. Man spricht aus diesem Grund auch vom Methicillin resistenten Staphylococcus aureus, kurz MRSA. Genau gegen diesen MRSA-Erreger zeigten sich die 5 genannten Cannabinoide in einer in vitro Untersuchung als hochwirksam.
Auch Terpene haben antibiotische Eigenschaften
Im Jahr 2021 wurde in der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität von Buenos Aires eine weitere Studie durchgeführt, die systematisch sowohl Vollspektrumextrakte als auch isolierte Wirkstoffe aus dem Hanf, in Bakterienkulturen, auf deren antibiotisches Potenzial testete. Zunächst bestätigte sich die Beobachtung, dass mehrere Cannabinoide wirksam gegen MRSA sind. Weiterhin wurde festgestellt, dass sowohl einzelne Cannabinoide als aus Hanfextrakten eine antibiotische Wirkung gegen eine Vielzahl von gefährlichen Erregern aufweisen.
Zum Beispiel konnte gezeigt werden, dass diese gegen den Erreger der Cholera und der Tuberkulose wirksam sind, um nur einige zu nennen. Neben den Cannabinoiden wurden auch die gängigen Terpene auf deren antimikrobielle Eigenschaften untersucht. Es zeigte sich, dass zahlreiche Terpene antimikrobielle Eigenschaften aufweisen. Fast alle Terpene zeigten sich zu einem gewissen Grad als wirksam gegen einige grampositive Streptokokken und Enterokokken, welche beide beim Menschen als Entzündungsauslöser bekannt sind. Als Terpen mit dem breitesten Wirkungsspektrum erwies sich Alpha-Pinen, welches sich gegen eine ganze Reihe an grampositiven und gramnegativen Bakterien als wirksam erwies.
Schonend für das Mikrobiom
Eine besondere Entdeckung wurde bei einem Extrakt aus Hanfsamen gemacht. Dieses Extrakt zeigte sich als wirksam gegen Erreger, die beim Menschen typischerweise Darminfektionen auslösen, wie Escherichia coli, sowie einige Gattungen von Salmonellen. Erstaunlich war, dass dieses Samenextrakt die nützlichen und probiotischen Keime, die ebenfalls in der Darmflora vorkommen, nicht abtötet. Es konnte keine antimikrobielle Wirkung gegen typische Gattungen von Lactobazillen, wie sie im Mikrobiom des Darms heimisch sind, festgestellt werden. Diesen Wirkungsmechanismus zu verstehen, könnte ein neuer revolutionärer Schritt sein, um Krankheitserreger sehr viel selektiver zu bekämpfen.
Bei vielen der derzeit in der Schulmedizin verwendeten Antibiotika besteht das Problem, dass auch nützliche Bakterien im Mikrobiom eliminiert werden. Dies kann weitreichende Nebenwirkungen nach sich ziehen, indem durch ein Ungleichgewicht in der Darmflora, die Anfälligkeit für Pilzinfektionen oder andere Darmerkrankungen ansteigt. Nach einer schweren Antibiotikatherapie ist oftmals der gezielte Wiederaufbau der Darmflora mit Probiotika nötig. Dies könnte entfallen, wenn man sich den Wirkungsmechanismus, der hier im Kontext des Hanfsamenextraktes entdeckt wurde, zunutze macht.
Zwar sind Studien am Menschen noch ausständig, doch in Anbetracht der Notwendigkeit, mit der neue Antibiotika gefunden werden müssen, kann davon ausgegangen werden, dass in den nächsten Jahren Antibiotika am Markt erscheinen werden, die auf dem Wirkungsmechanismus von Hanfinhaltsstoffen basieren.