Viele Menschen in Deutschland trinken gerne Bier, sind stolz auf das Reinheitsgebot für Brauereien und können dank der Legalisierung von Cannabis ab sofort auch sogenannten Mischkonsum beider Genussmittel ausprobieren. Gibt es diesbezüglich besondere gesundheitliche Gefahren und was sagt die internationale Forschung heute über den Joint zum Glas Rotwein?
In letzter Zeit haben sich diverse Studien mit Alkohol und Hanf beschäftigt, Wirkstoffe verglichen und neurologische Effekte durch gleichzeitigen Verzehr untersucht. Eine Analyse von der University of Ilinois Urbana-Champaign sticht hervor, da geht es um Tests mit tapferen Laborratten und beide Substanzen im Organismus statt getrennt wie normalerweise üblich. Was bedeuten THC und Alkohol in Interaktion für ein noch junges Gehirn wie für das Verhalten und welche Risiken sind theoretisch denkbar?
Simulierte Realität für besoffene Ratten und bekiffte Labormäuse
Viele Untersuchungen zum Thema konzentrieren sich auf eine beider Substanzen, deren Effekte isoliert betrachtet und mit dem anderen Genussmittel abgeglichen werden. Außerdem werden Cannabis wie Alkohol oft injiziert und zwangsweise verabreicht, was mit den Konsumgewohnheiten im Alltag kaum etwas zu tun hat. Ein Rausch unter Druck und eben nicht freiwillig wirkt gegenüber der selbstbestimmten Einnahme sehr wohl verschieden, egal ob Schnaps auf dem Plan steht oder Haschisch und Marihuana.
Bei Tierversuchen braucht es deshalb auch mal eine möglichst realistische Simulation, bei der die sonst meistens ziemlich geschundene Maus sozusagen selbst entscheiden darf, ob und wie stark sie berauschende Substanzen konsumiert. In Illinois entschied man sich zu einem solchen Versuch mit jungen Laborratten beiderlei Geschlechts. Serviert wurden Brownies, einmal versetzt mit 3 mg bis 10 mg THC pro Körpergewicht und einmal mit einer 10%igen Ethanol-Lösung. Auch eine Kontrollgruppe Nager nahm teil, die lediglich ganz normale Kekse und gesüßtes Wasser in den Napf bekamen. Zugang zu Cannabis und Alkohol bestand nur am Abend, normales Futter war rund um die Uhr vorhanden und die Ratten bildeten ohne Stress in kürzester Zeit entsprechende Konsummuster aus.
Neurologische Effekte im Jugendalter: Ist Cannabis zusammen mit Alkohol besonders riskant?
Knapp drei Wochen lief die Party im Labor, danach ging es für jede Ratte zur Blutprobe. Auch Tests zum Gedächtnis führten die Forscher durch, bei denen sich einzelne Tiere an bestimmte Positionen erinnern mussten und Leckerli nur dann bekamen, wenn der sprichwörtlich richtige Hebel bedient wurde. Analysen zeigten, dass vor allem bei den weiblichen Nagern einige Abbauprodukte vom THC im Organismus lange nachweisbar blieben, es jedoch zu keinerlei dauerhaften Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung kam.
Freilich langten die Ratten nicht sofort von Anfang bei den Cannabis-Keksen richtig zu, sondern mieden höher dosierte Süßigkeiten sogar ausdrücklich! Warum ist laut Studie unklar, da der Verzehr bis auf vorsichtiges Knabbern zunächst komplett unterblieb. Möglicherweise riechen einige Nager Cannabinoide, wie Spürhunde alle möglichen Substanzen erschnüffeln oder sind in der Lage, Anteile von Hanf schon im ersten Krümel zu schmecken? Es benötigte Geduld, bis der tierische Appetit mehr wurde und entsprechend hohe THC-Dosierungen im Rattenkörper für weitere Untersuchungen zur Verfügung standen.
Denen ist der Zugang zu Cannabis und Alkohol normalerweise verwehrt, aber gesoffen wie gekifft wird leider trotzdem – Feuer frei auf noch zarte, wachsende Neuronen im Gehirn? Gefährdet ist bei Mischkonsum in jungen Jahren die „synaptische Plastizität“ als Vorgang, bei dem im präfrontalen Kortex Verbindungen ausbilden. Je mehr, desto besser, doch sowohl Cannabinoide als auch Ethanol wirken laut Untersuchung hinderlich auf solche wichtigen Wachstumsprozesse, und zwar extra riskant bei gleichzeitiger Einnahme. Bedingt scheint das durch eine veränderte Übertragung von Signalen im Kopf und durch zu wenige chemische Botenstoffe wie Gamma-Aminobuttersäure (GABA).
Nun gilt es zu klären, welche Neuronen durch welche Substanz und deren Zusammenspiel betroffen sind und wie sich nachteilige Entwicklungen therapieren lassen. Wer also sehr jung sehr viel kifft und zusätzlich regelmäßig trinkt, kann tatsächlich dumm bleiben.
Eine kluge Cannabis-Prävention muss unbedingt auf Risiken durch potenziellen Mischkonsum mit alkoholischen Getränken Bezug nehmen, sonst geht jede Legalisierung am wichtigen Ziel Jugendschutz genauso sicher vorbei wie an Bedürfnissen von Erwachsenen, denen keine regulierten Fachgeschäfte für Hanf Produkte erlaubt sind.