Infolge der Prohibition haben im Laufe des vergangenen Jahrzehnts synthetische Cannabinoide eine große Bedeutung bekommen. Erstmals in der breiten Masse bekannt wurden synthetische Cannabinoide im Jahr 2007, als das Cannabis-Ersatzprodukt mit dem Namen Spice auf dem Markt erschien, welches primär die Cannabinoide HU210 und JWH-018 enthielt.
Nach seinem Verbot folgten bis zum heutigen Tag hunderte weitere synthetische Cannabinoide. Die Bezeichnung „synthetische Cannabinoide“ ist ein Überbegriff für synthetisch hergestellte Substanzen, die genauso wie THC am CB1-Rezeptor wirken und dadurch ebenfalls eine fast identische psychoaktive Wirkung auslösen. Der entscheidende Unterschied ist, dass diese Substanzen strukturell überhaupt nicht mit THC verwandt sind. Deswegen sind sie als Ersatzstoff für THC interessant, da sie infolge der völlig anderen chemischen Struktur, folglich auch bei einem Drogentest auf Cannabis nicht nachweisbar sind, welcher nur auf THC und sein Abbauprodukt THC-COOH anschlägt.
Ein weiterer sehr wichtiger Unterschied ist, dass synthetische Cannabinoide erheblich potenter sind als das natürliche THC. Im Gegensatz zu THC, welches nur ein partieller Agonist am CB1-Rezeptor ist, sind synthetische Cannabinoide stets ein Vollagonist mit teilweise der mehrfachen Potenz von THC. Es gibt Cannabinoide, welche die bis zu 600-fache Potenz von THC haben. Aufgrund dieser enormen Potenz können Überdosierungen mit synthetischen Cannabinoiden tödlich enden, ganz im Gegensatz zu THC, wo es bis heute keinen nachgewiesenen Todesfall gibt.
Synthetische Cannabinoide werden nicht nur absichtlich geraucht als legale Alternative für Cannabis. In den vergangenen Jahren taucht immer mehr Gras vom Schwarzmarkt auf, welches mit synthetischen Cannabinoiden gestreckt ist, um seine Potenz zu steigern und den Gewinn zu maximieren. Vielfach werden sogar einfach nur CBD-Blüten verkauft, die mit synthetischen Cannabinoiden besprüht sind. Dies kann eine enorme Gesundheitsgefahr für den Konsumenten sein, welcher davon ausgeht, hier natürliches Cannabis zu erhalten. Bei einer ungleichmäßigen Verteilung des Wirkstoffes auf der Blüte oder bei einer unwissentlich zu hohen Dosis können hier potenziell schwere Vergiftungen die Folge sein.
Wäre natürlicher Hanf legal und vor allem gäbe es realistische Grenzwerte im Straßenverkehr, würde ein Markt für synthetische Cannabinoide gar nicht existieren, da niemand auf die Idee kommen würde, diese zu rauchen, wenn es ein vergleichsweise ungiftiges Naturprodukt gibt. Der Nachweis von synthetischen Cannabinoiden, zum Beispiel in Proben von Rauchmischungen, ist bis heute eine große chemische Herausforderung. Der Grund ist die völlig unterschiedliche chemische Struktur dieser Cannabinoide. Gemeinsam haben diese Substanzen lediglich, dass sie hochpotente CB1-Vollagonisten sind, jedoch in ihrem chemischen Aufbau unterscheiden sie sich völlig.
Bis heute kein zuverlässiger Schnelltest möglich
Es gibt Schnelltests, mit denen eine Probe auf einige der gängigsten Cannabinoide analysiert werden kann. Diese Schnelltests bestehen im Wesentlichen aus einer Flüssigkeit, die mit einer Probe vermischt und geschüttelt wird. Die Flüssigkeit verändert durch eine chemische Reaktion, je nach enthaltenem Cannabinoid, ihre Farbe. Aus einer beigelegten Farbtabelle kann dann abgelesen werden, welche Cannabinoide in der Probe nachgewiesen wurden. Hierbei handelt es sich vor allem um schon länger bekannte Cannabinoide aus der JWH- und AM-Serie. Diese stellen jedoch nur einen kleinen Teil der aktuell verfügbaren Cannabinoide dar, sodass ein solcher Schnelltest nicht mit Sicherheit das Vorhandensein oder das Fehlen von synthetischen Cannabinoiden beweisen kann.
Ähnlich verhält es sich beim Nachweis von synthetischen Cannabinoiden im Urin mittels Schnelltest. Zwar bilden synthetische Cannabinoide ähnlich wie THC Abbauprodukte, die mit einem Immunassay-Test am Teststreifen nachgewiesen werden können, jedoch sind auch wiederum nur für schon länger bekannte Cannabinoide solche Schnelltests erhältlich. Durch die kontinuierlich wachsende Anzahl von neuen Cannabinoiden mit permanent wechselnder Molekülstruktur, kann es keinen zuverlässigen Test geben, der alle Cannabinoide abdeckt. Ein Immunassay-Test basiert auf einer Antigen-Antikörper-Reaktion. Bei jeder Substanz, die der Körper abbaut, so auch Cannabinoide, bildet er ein Paar aus einem Antigen und einem Antikörper, um dessen Abbau durchzuführen. Genau dieses gebildete Paar kann mit einem Teststreifen zum Beispiel im Urin nachgewiesen werden. Wichtig zu wissen ist, dass diese Tests nur als Vortest zu verstehen sind und nicht gerichtlich verwertbar sind.
Chromatografie als einziges zuverlässiges Analysemittel
Die einzige Methode, mit der beliebige synthetische Cannabinoide, sowohl qualitativ als auch quantitativ nachgewiesen werden können, ist die Chromatografie im Labor. Um ganz vereinfacht zu verstehen, wie Chromatografie funktioniert, hilft es wahrscheinlich am besten, sich an ein Experiment aus der Grundschulzeit zu erinnern, welches sicherlich die meisten einmal durchgeführt haben. Man malt mit einem Filzstift einen Punkt auf ein Stück Löschpapier und stellt dieses dann in Wasser. Einige Zeit später wird durch das im Löschpapier aufsteigende Wasser dieser Farbpunkt in seine einzelnen Farben zerlegt. Exakt dieses Prinzip nutzt ein Chromatograf aus. Eine Probe wird in einem geeigneten Lösungsmittel gelöst.
Dieses diffundiert dann durch ein Medium hindurch. Dadurch wird die Probe zunächst in alle seine einzelnen Bestandteile zerlegt. Jeder Bestandteil wandert unterschiedlich weit und unterschiedlich deutlich durch das Medium hindurch. Ein als Massenspektrometer dienender Sensor liest diesen Vorgang ab und erzeugt in einer geeigneten Software dann das sogenannte Chromatogramm. Damit kann potenziell jede Substanz nachgewiesen werden. Die meisten mobilen Einrichtungen, die zum Beispiel Drugchecking auf Veranstaltungen anbieten, arbeiten mit so einem mobilen Chromatografen. Damit kann innerhalb weniger Minuten auch eine Aussage darüber getroffen werden, welches synthetische Cannabinoid in welcher Konzentration in der Probe enthalten ist.
Wie wichtig Drugchecking sein kann, zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 2020 vom Drogeninformationszentrum in Zürich. Von 91 Proben, die dort abgegeben und als Cannabis gekauft wurden, enthielten 50 davon mindestens 1 synthetisches Cannabinoid. Die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Gras-Proben vom Schwarzmarkt potenziell lebensgefährliche synthetische Cannabinoide enthalten, die nur mit erheblichem Aufwand nachgewiesen und in ihren Risiken eingeschätzt werden können, wirft einmal mehr die Frage auf, warum nicht Cannabis, allein schon aus gesundheitlichen Gründen, endlich legalisiert und unter kontrollierten Bedingungen an Erwachsene abgegeben wird.