Nutzhanf als nachwachsenden Rohstoff für robuste Textilien effizient wie profitabel verarbeiten, könnte laut neuen Berichten in den kommenden Jahren richtig durchstarten. Während das rauscharme Cannabis in Deutschland leider bisher nicht auf dem Schirm ist, etwa von Wirtschaftsminister Habeck, stecken Regierungen andernorts viele Subventionen rein, wird durch private Unternehmen kräftig investiert und geforscht.
Im Jahr 2021 betrugen die globalen Umsätze mit Kleidung aus Hanfpflanzen knapp 2,5 Milliarden US-Dollar und die Summe könnte sich bis zum Ende der Dekade mindestens verzehnfachen.
Kleidung aus Cannabis ohne THC ist ein echter Evergreen
Schonend für das Klima, nachhaltig anzubauen und zu verarbeiten, extrem flexibel – es gibt viele triftige Gründe für einen neuen Boom beim Nutzhanf, der in der Bekleidungsbranche ohnehin ein alter Hut sein mag. Schon in den allermeisten Hochkulturen der Antike galten die Fasern von Cannabis ruderalis als vorzügliche Option zum Weben, Spinnen, Nähen und fanden sich in jeder Schneiderei genauso selbstverständlich wie Seide, Pelz und Baumwolle. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts blieb Industriehanf ein Klassiker, wurde dann aber durch diverse internationale Abkommen zur Bekämpfung von Drogenmissbrauch fast genauso geächtet wie Heroin, Kokain oder eben psychoaktive Cannabinoide.
Hanf-Klamotten fanden sich für lange Zeit höchstens in der Nische, im Sortiment von Headshops und später dann auch im Internet. Stattdessen wuchs jede Menge durstige Baumwolle auf den Feldern, deren Bewässerung etwa in Zentralasien das beinahe vollständige Versiegen vom einst riesigen Aralsee zur Folge hat. Synthetische Fasern kamen auf den Markt, reißfest und auf Wunsch sogar wasserdicht, aber auch bei vielen Leuten für Allergien verantwortlich oder beim Herstellen für neue Belastungen einer ohnehin geschundenen Umwelt. Durch die Legalisierung von Cannabis mit THC rückt dessen rauschfreie Verwandtschaft nun endlich wieder verstärkt in den Fokus der Textilunternehmen und es geht um unschlagbare Vorteile für Klima, Auswahl und Profit.
Nutzhanf-Fasern sind langlebig, atmungsaktiv und lassen sich vielseitig verarbeiten
Studien aus der Cannabisforschung zeigen für Industriehand ohne berauschenden Inhalt beeindruckende Daten: Weniger chemischen Dünger samt fieser Pestizide und Herbizide, weniger Wasser beim Anbauen – der ökologische Fußabdruck ist deutlich geringer als bei der handelsüblichen Konkurrenz, weil der botanische Alleskönner Hanf auch gleich noch ordentlich CO-2 einsparen hilft! Ein halber Hektar Krume mit Cannabis ruderalis darauf kann bis zu 15 Tonnen vom Klimagas unschädlich machen. Und weil es für Kleidung vom Feld logischerweise um ordentlich große Flächen geht, könnte sich eine boomende Industrie doppelt lohnen.
Laut Wissenschaft steht Nutzhanf in puncto Nachhaltigkeit gleich neben Jute, Flachs und Bambus. Die Botanik sprießt rasch, bietet vielen Vögeln attraktive Brutstätten und reinigt sogar ausgelaugte Böden. Bei Studien zum Auswaschen von Schwermetallen im Boden rund um ehemalige Kupferminen half solcherlei Cannabis beim Renaturieren und eignet sich zudem bestens als Zwischenfrucht. Mais zum Beispiel wuchs bei Untersuchungen auf ehemaligen Nutzhanfflächen rascher zu voller Größe heran. Viele Chancen für Bauern und pfiffige Investoren also und hohe Umsätze durch nachhaltige Produkte in Zeiten steigenden Umweltbewusstseins.
Klimafreundliche Textilien statt Kinderarbeit: „Greenwashing“ durch Hanf?
Verschmutzte Flüsse und dreckige Luft, Sklavenfabriken und niedrige Preise zulasten der Menschenrechte werden mit der internationalen Textilbranche häufig in Verbindung gebracht. Natürlich kann Nutzhanf nicht alle Probleme beim Herstellen von fairer und umweltfreundlicher Kleidung lösen. Wohl aber kann er nach Ansicht der Fachleute Alternativen zu vielen Verwerfungen bieten, weil es für eine profitable Zucht und Verarbeitung weder tropische Sonne noch arme Tagelöhner ohne Fachwissen benötigt.
Nutzhanf spielt für einfallsreiche Start-ups genauso eine Rolle wie für Branchenriesen und selbstverständlich investieren auch andere Leute in diesen Mega-Trend. „Greenwashing“ als Aufpolieren vom Image braucht es dabei gar nicht zur Motivation – die Industrie rund um solcherlei Cannabis soll in der Summe bereits 2028 mehr als 50 Milliarden Dollar einbringen und Textilien haben daran einen immer höheren Anteil! Vorneweg bei Anbau wie Weiterverarbeitung sind die Amerikaner und Asiaten, während in der EU über Impulse durch den „Green Deal“ vor allem blumig geredet wird.
Deutschland könnte Förderprogramme für Nutzhanf gut gebrauchen
Auch in Deutschland könnte rauscharmes Cannabis auf dem Acker effektiv mithelfen beim Kampf gegen den Klimawandel, aber ausgerechnet dieser Aspekt wurde bei der jüngst erfolgten THC-Freigabe überhaupt nicht bedacht. Kein Wort zum Industriehanf und dicken Chancen. Sowohl der eingangs erwähnte Robert Habeck als auch sein grüner Kollege Cem Özdemir als Landwirtschaftsminister scheinen die wirklich aussichtsreichen Trends einfach zu ignorieren.
Wenn Analysen zeigen, dass der Handel mit Klamotten in den vergangenen zehn Jahren um gut 60 % zugelegt hat, die Lebensdauer von Kleidung und deren Verwendung jedoch um etwa die Hälfe gesunken ist, braucht es dringend neue Ansätze und Innovationen. Subventionen fließen zwar reichlich an die Bauern in Europa, aber am liebsten halten Verantwortliche in Brüssel wie Berlin den ländlichen Raum mit neuen Vorschriften in Atem. Man verschließt sich vor Hanfpflanzen als Rohstoff und erzählt weiterhin lieber über angebliche Risiken, selbst wenn vom berauschenden Wirkstoff THC in Industriehanf nur winzige Spuren vorhanden sind.
Ohne Förderung oder Erleichterungen wird keine Textilindustrie bestehen können, außer vielleicht unter Leitung von Wolfgang Grupp, der mit Sicherheit auch an so spannenden Stoffen wie der Hanffaser Interesse hätte. Dank der unkomplizierten Aufzucht und den vielen Vorteilen wäre mit Industrie-Cannabis eine waschechte Kreislaufwirtschaft machbar, mit Kleidung „Made in Germany“, deren Verarbeitung direkt in der Fabrik neben dem Feld möglich ist und die gut bezahlte Arbeitsplätze, Steuern und Perspektiven bringt. Warum man bei der Ampel-Koalition ausgerechnet solche Entwicklungen nicht fördert, bleibt ähnlich unverständlich wie die mangelnde Bereitschaft der Bundesregierung, in Brüssel jene im Koalitionsvertrag fest versprochenen Fachgeschäfte für Hanf-Produkte mit THC durchzusetzen.