Als die Regierungskoalition die Legalisierung von Cannabis als Genussmittel beschloss, war eine Regulierung des Anbaus, der Verarbeitung und des Handels vorgesehen. Neben der Beendigung von Jahrzehnten des Unrechts hätte dies auch wirtschaftlich enorm positive Auswirkungen. Ein ganzer Industriezweig würde weitestgehend neu entstehen, außerdem spart das Land sehr viel Ressourcen, die bisher in die Strafverfolgung gesteckt werden. Leider lassen internationale Konventionen jedoch eine solch umfassende Regulierung nicht zu. Speziell der kommerzielle Handel mit Cannabis wird zunächst nicht umgesetzt werden können.
Entkriminalisierung, Eigenanbau, Modellprojekte
Als Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Agrarminister Cem Özdemir bei der Pressekonferenz die Marschroute skizzierten, mit der Cannabis nun aus dem Verbot geholt werden soll, stellten sie einen Plan mit zwei Stufen vor. Zunächst einmal soll es eine Entkriminalisierung geben, auch der Eigenanbau, ob allein oder gemeinschaftlich in einem eigens dafür gegründeten Verein, soll gestattet sein.
In der zweiten Phase sollen Modellprojekte eine Regulierung der Abgabe simulieren und den Weg ebnen für spätere Reformen. Auf den ersten Blick scheint der wirtschaftliche Aspekt der Legalisierung jetzt erst einmal in den Hintergrund zu rücken, da die Abgabe von Cannabisprodukten in Cannabis Social Clubs nicht gewinnbringend, sondern lediglich kostendeckend erfolgen soll. Dennoch ergeben sich für manche Branchen auch Chancen und Vorteile durch die Entkriminalisierung von Cannabis.
Welche Branchen profitieren von der Entkriminalisierung?
Ein technischer Bereich könnte einen Aufschwung erleben, sobald die Entkriminalisierung von Cannabis realisiert wird, die Industrie für Vaporizer. Schon jetzt sind Vaporizer aus Deutschland in aller Welt gefragt. Bisher waren Vaporizer hierzulande offiziell eher im medizinischen Kontext nach außen präsentiert worden. Im Falle der Entkriminalisierung können Hersteller in der Öffentlichkeit anders auftreten und den Lifestyle-Aspekt der Produkte betonen.
Manche Stimmen mögen sagen, wer Cannabis anbauen will, der macht das auch jetzt schon. Davon ist allerdings nicht wirklich auszugehen. Für viele Konsumenten dürfte der Anbau zu Hause die einfachste Variante sein, sich mit Cannabis zu versorgen. Nicht für jeden werden Anbauvereine in kurzer Entfernung zur Verfügung stehen. Günstiger ist der Homegrow außerdem in der Regel auch. Die Branchen rund um das Kultivieren der Pflanze im privaten Bereich dürften auf jeden Fall zu den Gewinnern der Planänderung von Lauterbach und Co. zählen.
Neben den genannten Industriebereichen, die von Natur aus mit Cannabis assoziiert sind, gibt es noch weitere, die die Entkriminalisierung für sich nutzen können. Im Bildungssektor können Seminare, Kurse und Workshops angeboten werden. Auch werden die Social Clubs eventuell Merchandise produzieren lassen, um es zu veräußern. Zu guter Letzt werden selbstverständlich auch für die nicht kommerzielle Abgabe von Cannabis-Verpackungen und im Rahmen der Herstellung vereinzelt auch Softwarelösungen benötigt.
Kaum abzuschätzen ist die Entwicklung, die die CBD-Branche nehmen wird. Einerseits wird es manche Nutzer geben, die lieber auf THC-Cannabis umsteigen, wenn dies legal ist. Das könnte vorwiegend den Blüten-Sektor betreffen. Andererseits wird die durch die Legalität wachsende Akzeptanz von Hanf sich insgesamt auch auf die CBD-Verkäufe günstig auswirken.
Insgesamt wird auch die Entkriminalisierung ein Gewinn für Gesellschaft und Industrie sein, doch erst der erlaubte und regulierte Handel wird den Schwarzmarkt ersetzen und dessen gigantische Umsätze in legale Kanäle lenken.