Der größte legale Cannabis-Produzent kehrt Österreich den Rücken. Alexander Kristen, der Mann hinter „Flowery Field“ verlegt seinen Betrieb nach Italien. Ein Grund dafür ist die rückschrittliche Politik der österreichischen Regierung.
Wie in der „Presse am Sonntag“ zu lesen ist, gibt es in Österreich für Flowery Field keine Zukunftschancen mehr. „Wir wollten wachsen“, wird Alexander Kristen dort zitiert. Angesichts des Rückwärtsgangs, den die österreichische Politik beim Thema Cannabis einzulegen scheint, sei dies aber in der Alpenrepublik nicht möglich. Kristen verkauft pro Woche ungefähr 25.000 Hanfstecklinge und bewegt sich damit laut dem Bericht stets am Rande einer juristischen Grauzone. In Österreich ist der Besitz von Cannabispflanzen, solange sie sich nicht in der Blüte befinden, erlaubt. Der Handel mit Stecklingen ist sozusagen ein offenes Geheimnis.
Durch den globalen Aufschwung und die Legalisierung in den Teilen der USA erlebte die österreichische Cannabisszene zuletzt einen Aufschwung. Es entstand ein großer Markt für CBD-Produkte und in manchen Bundesländern findet man sogar Coffeeshops, in denen man sich bis auf das nahezu THC-freie Gras wie auf einem Ausflug in die Niederlande fühlt. Die Zahlen sprechen für sich. Innerhalb der letzten beiden Jahre hat sich die Zahl der Growshops fast verdreifacht.
Regierungswechsel sorgt für Ernüchterung
Der Regierungswechsel zu Türkis-Blau – eine Koalition aus konservativer ÖVP und rechtspopulistischer FPÖ – trübt jedoch die Stimmung der Branche. Im Regierungsprogramm steht nämlich, dass der Verkauf von Hanfsamen und -stecklingen verboten werden soll. Vor allem Anbauern und Growshops, die Stecklinge im Angebot haben, dürften die Pläne der neuen Regierung nicht gefallen. Wird das Verbot tatsächlich umgesetzt, steht eine Millionenbranche vor dem Aus und Österreich würde bezüglich Cannabis gleich mehrere Schritte zurückgehen. Dennoch müsste den Unternehmen der Branche bei einem Verbot eine Übergangsfrist von mindestens vier bis fünf Jahre eingeräumt werden.
So weit will es Alexander Kristen mit Flowery Field gar nicht erst kommen lassen und verlegt sein Unternehmen in die Toskana. Ein weiterer Grund für den Umzug ist jedoch auch eine nachhaltigere Produktion. Bisher hatte seine Firma im Wiener Umland den Stromverbrauch einer Kleinstadt. In der Provinz Lucca dagegen benötige man höchstens im Winter elektrische Lampen, so Kristen. Außerdem steht man dem Thema Cannabis in Italien wesentlich liberaler gegenüber.
Hanf Magazin: Es gab in jüngster Vergangenheit ja Bestrebungen, die politische Situation so weit in den Griff zu bekommen, dass das Samen- und Stecklingsverbot nicht kommen wird. War das aussichtslos und warum denkst du, dass das Verbot wirklich kommen wird?
Alexander Kristen: Die Bundesregierung hat ein Verkaufsverbot für Hanfpflanzen und Hanfsamen im Regierungsprogramm formuliert. Ob dieses Verbot tatsächlich kommt und vor allem wann, ist derzeit völlig ungewiss. Diese Ungewissheit verhindert eine Wachstumsstrategie in Österreich, und darauf habe ich als Unternehmer reagiert.
Hanf Magazin: Was sind die wichtigsten Gründe, die bei der Wahl des Landes für Italien sprechen?
Alexander Kristen: Die Gesetzeslage ist klar, und darüber hinaus ist in Italien aus klimatischen Gründen eine nachhaltige Produktion möglich. Durch die Produktion im Glashaus sind gewaltige Stromeinsparungen möglich, denn die künstliche Beleuchtung ist nur mehr ergänzend notwendig. Eine Fotovoltaikanlage produziert zudem 45.000 Kilowattstunden jährlich. Durch die Größe des Grundstücks kann die Produktion je nach Marktsituation flexibel ausgeweitet werden. In Italien profitieren Agrarunternehmen zudem von einem pauschalierten Steuersatz von zehn Prozent. Wir haben in der Toskana bereits ein tolles Team aufgebaut und fühlen uns in diesem Umfeld ausgesprochen wohl.
Hanf Magazin: Wie lange planst du diesen Schritt bereits und wie schnell soll der Umzug geschehen?
Alexander Kristen: Ich habe jetzt drei Jahre daran gearbeitet, meine Produktion nachhaltiger zu gestalten, und jetzt in der Toskana den perfekten Standort dafür gefunden. Am neuen Standort werden bereits Hanfstecklinge produziert, wöchentlich werden es mehr. Wir werden hier sukzessive 7000 Quadratmeter Glashaus und 20.000 Quadratmeter Freifläche bewirtschaften.
Hanf Magazin: Werden deine Produkte weiterhin auch für Kunden in Österreich zu erwerben sein?
Alexander Kristen: Flowery Field bleibt mit allen Shops in Österreich präsent, solange die Gesetzeslage den Verkauf unserer Hanfpflanzen zulässt. Die Hauptproduktion wird aber künftig in Italien stattfinden, um den österreichischen wie auch den italienischen Markt zu bedienen. Die Qualität unserer Pflanzen hat uns zum Marktführer in Österreich gemacht. Dieser Qualität bleiben wir treu. Darum wird weiterhin keine einzige Pflanze zugekauft. Wir produzieren selbst, und das nach den höchsten Standards.
Hanf Magazin: Denkst du, dass auch andere in naher Zukunft den Schritt ins Ausland gehen werden?
Alexander Kristen: Mit der Expansion nach Italien erreichen wir einen enormen Professionalisierungsgrad. Wer sich heute auf dem boomenden Cannabismarkt wirtschaftlich durchsetzen will, braucht eine Internationalisierungsstrategie, um vom Know-how der profunderen Forscher und Agrarwissenschaftler zu profitieren. Unser Ziel ist, die Genetik unserer Sorten aufzuschlüsseln, um eine standardisierte Produktion medizinischer Cannabisblüten zu etablieren. Denn hier wird sich nur durchsetzen, wer eine verlässliche, standardisierte Wirkstoffzusammensetzung an Cannabinoiden und Terpenen gewährleisten kann.
Hanf Magazin: Wie, denkst du, sind die Zukunftsaussichten für Österreich in den nächsten 5 Jahren?
Alexander Kristen: Ich gehe davon aus, dass sich auch in Österreich natürliche Cannabinoide in der Medizin durchsetzen werden. Wir brauchen eine rasche Legalisierung von Medizinalhanf, eine allgemeine Legalisierung von Cannabis halte ich in Österreich derzeit nicht für realistisch. Politisch würde ich Österreich den Weg, den die Schweiz gerade einschlägt, empfehlen.
Hanf Magazin: Und last but not least – wird der Firmenname gleich bleiben?
Alexander Kristen: Flowery Field bleibt in Österreich Flowery Field.