Da hierzulande wie anderswo der Bedarf nach medizinischen Cannabisprodukten stetig wächst, der Anbau unter professionellen Bedingungen aber oft aufgrund der Gesetzeslage nur in geringem Umfang stattfindet, profitieren die Länder, die ein wenig weiter sind. Deutschland musste beispielsweise im Jahr 2023 circa 31,6 Tonnen Cannabisprodukte für den medizinischen Einsatz und für Forschungszwecke aus dem Ausland importieren. So viel wie noch nie zuvor.
Dies liegt vor allem daran, dass die im Land arbeitenden Produzenten derzeit nur die Genehmigung besaßen, innerhalb von vier Jahren gerade einmal 10.400 Kilogramm Medizinalhanf herzustellen. Dies kam besonders einem Land auf der anderen Seite der Weltkarte zugute, wo man seit 2016 den Gebrauch seitens Patienten regulierte und 2018 den Genusskonsum von Marihuana erlaubte. Kanada zählt daher zu den weltweit wichtigsten Produzenten für medizinisches Cannabis und zu dem größten Exporteur der begehrten Naturarznei.
Weil auch Deutschland seinen Großteil des Bedarfs durch Importe aus Kanada abdeckt, hat man dort nun unter anderem aus diesem Grund die größte Menge an Hanfexporten aller Zeiten ausgeführt. Die Exporte von medizinischem Cannabis stiegen im Haushaltsjahr 2023-24 um über 36 Prozent und generierten dabei 218 Millionen kanadische Dollar – umgerechnet 147,8 Millionen Euro.
Ein All-Time-High
Das Allzeithoch der kanadischen Cannabisexporte beschränkt sich nicht nur auf medizinische Blüten, sondern auch auf weitere aus Hanf gewonnene Arzneimittel und auf Produkte, die für die wissenschaftliche Forschung gedacht sind. Lizenzierte Hersteller verließen dafür aber weiterhin den wettbewerbsintensiven Markt im eigenen Land, um in Übersee neue Absatzmöglichkeiten zu erschließen. Dabei wurde eine Steigerung der Exporte von über 36 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erzielt. So kann man von einem lebhaften und stetigen Wachstum des Exportsektors sprechen, das auf den Daten der kanadischen Regulierungsbehörde Health Canada beruht.
2019-20 betrugen die Einnahmen aus dem Export im Land gerade einmal noch acht Millionen kanadische Dollar, sodass ersichtlich wird, welchen steilen Weg die Branche eingeschlagen hat. Man weist aber darauf hin, dass die Daten für 2023 im Zuge der weiteren Validierung überarbeitet werden können, so Health Canada. Die Konzentration der Produzenten auf das Ausland, habe aber auch mit Hürden auf dem eigenen Markt zu tun, wird erklärt. So hätten kanadische Cannabisunternehmen verstärkt versucht, aus den sich bietenden Möglichkeiten im Ausland neues Kapital zu schlagen. Eine belastende Verbrauchssteuerregelung, die der Branche von der Bundesregierung auferlegt wurde, sowie die Tatsache, dass Provinzen die Unternehmen über staatliche Großhändler abkassieren, würden laut Experten zu den größten Herausforderungen im Land zählen.
Der Vorteil des Erstanbieters
Der Leiter von ASDA Consultancy Services in Surrey, aus British Columbia, erkennt aber auch den Vorteil der Produzenten in Kanada, die einen gewissen Vorsprung im Vergleich zu Herstellern in anderen Ländern erhielten. Er spricht von einem „First-Mover-Vorteil“, da Kanada bereits Ende 2018 Marihuana legalisierte. Deepak Anand, sagt, dass sich Kanada aufgrund des Rufs, hochwertige Cannabisprodukte zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren zu können, als bevorzugter Lieferant auf dem Weltmarkt positionieren konnte.
Zudem hätten in Ländern, die eigentlich niedrigere Produktionskosten böten, zu langsame regulatorische Entwicklungen eine effektive Konkurrenzfähigkeit eingeschränkt – zum Beispiel in Kolumbien. Andere Länder, wie Australien, Kolumbien, Israel, Jamaika und Portugal, wo man überall das Ziel hegt, ebenfalls einen bedeutenden Exportmarkt zu erschließen, sehen sich dagegen mit verschiedenen Schwierigkeiten konfrontiert, tatsächlich nennenswerte Mengen auszuführen. Diese Herausforderungen, mit denen die Produzenten in anderen Ländern konfrontiert wären, hätten laut Anand den Produzenten in Kanada einen bedeutenden Vorteil verschafft, der zu dem jetzigen Anstieg der Cannabisexporte beigetragen habe.
Ein Kontrast zum Inlandshandel
Wie angesprochen, sehen sich Händler in Kanada selbst vor mehrere Probleme gestellt, was das Augenmerk auf die Exporte gelenkt haben soll. Der Trend bei den Ausfuhren steht daher im Gegensatz zum kanadischen Inlandsmarkt, der sich seit einigen Jahren immer mehr verkleinert. Die Ausgaben für medizinisches Marihuana beliefen sich nach Angaben von Statistics Canada nur noch auf 355 Millionen kanadische Dollar, was einen Rückschritt von 13 Prozent im Finanzjahr 2023-24 bedeuten würde. Im Jahr davor sollen noch 409 Millionen kanadische Dollar mit Medizinalhanf erwirtschaftet worden sein. Doch schaut man noch weiter zurück, hatte man schon im Finanzjahr 2019-20 mit 609 Millionen kanadischen Dollar die Spitze erreicht.
Im Vergleich dazu hatte man jetzt einen Einbruch von 41 Prozent in Kanada diesbezüglich erreicht. Bevor Marihuana für den Freizeitgebrauch legalisiert wurde, im Zeitraum zwischen 2016 und 2017, waren die Ausgaben für medizinisches Cannabis derartig gering. Laut Mitchell Osak, dem Präsidenten des in Toronto ansässigen Unternehmens Quanta Consulting, würden aber nicht nur die regulatorischen Hürden für einen Abstieg der Verkäufe sorgen. Da Patienten oft genau das gleiche Produkt von derselben Firma zu einem viel günstigeren Preis auf dem Genussmarkt für Erwachsene bekommen könnten, griffen viele lieber darauf zurück.
Alle großen Abgabestellen würden aber mit einem rückläufigen inländischen Markt für medizinisches Cannabis kämpfen sowie einem verlangsamten Wachstum bezüglich des Genusses durch Erwachsene – dank hoher Verbrauchssteuern und eines enormen Wettbewerbs. Der lukrative Vertriebsweg für profitables und starkes Wachstum sei daher der Export von medizinischem Cannabis in den Rest der Welt.