Spätestens mit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes in Deutschland wird auch hierzulande der Eigenanbau und die Produktion von Marihuana in sogenannten Cannabis Social Clubs richtig interessant. Da Cannabis gut gedeiht und nicht zu große Ansprüche stellt, können sich Menschen mit dem Hobby „Growing“ gut selbst versorgen und sich an den Früchten ihrer Arbeit erfreuen.
Wichtig ist dabei, die passenden Sorten zu finden und das entsprechende Saatgut zu besitzen. Dabei können Grower schon seit vielen Jahren auf die unterschiedlichsten Varietäten bekannter Samenbanken zurückgreifen und zwischen verschiedenen Züchtungen wählen. So gibt es reguläre, feminisierte und automatisch blühende Pflanzen in ihrer Nussform zu erwerben, die allesamt bestimmte Vorteile vorweisen. Greift man auf reguläres Saatgut zurück, können männliche oder weibliche Cannabispflanzen wachsen, sodass der Hanfbauer in der Lage ist, selbst eigene Züchtungen durch Befruchtung herzustellen.
Bei feminisierten Pflanzen wachsen nur die begehrten und zur Cannabisproduktion erforderlichen weiblichen Gewächse, weshalb eine Vermehrung nur durch Klontechniken vonstattengehen kann. Automatisierte Samen hingegen, benötigen stets nur einen gewissen Zeitraum, bis sie unabhängig von der Beleuchtungsdauer in die Blüte gehen, doch braucht man immer neues Saatgut für den nächsten Grow. Nun hat es eine weitere Züchtung in die Kataloge gewisser Anbieter geschafft, denen sogar von dem auf Wirtschaft spezialisierten Forbes-Magazin eine große Bedeutung für die Cannabisindustrie beigemessen wird. Dort fragt man sich, ob die Triploid-Genetik den Markt grundlegend verändern könnte.
Cannabis ohne Samen
Triploides Cannabis ist eine spezielle Pflanzensorte, die drei Chromosomensätze, statt der üblichen zwei besitzt. Das heißt laut Produzenten, dass diese Sorten insgesamt 30 Chromosomen statt der üblichen 20 aufweist. Triploides Cannabispflanzen sind eigentlich eine natürliche Mutation, die nur selten auftritt, doch indessen von verschiedenen Samenbanken auch für den kommerziellen Markt entwickelt worden sind. Man sagt, dass diese wissenschaftlichen Wunderwerke dem Grower größere Blüten, stärkere Aromen, eine hochwertige Trichom-Produktion und ein deutlich geringeres Risiko der Samenbildung bieten würden. Selbst der THC-Wert könnte nochmals gesteigert werden.
Die Verwendung von Triploiden selbst ist in der Landwirtschaft aber kein neues Konzept, da der Verzehr von kernlosen Früchten für die meisten Menschen eine Bereicherung des Geschmackserlebnisses bietet. Als Beispiel könnte man Bananen nennen. Bananen haben keine Samen, weil die Bananenstaude triploid ist, auch wenn sie normalerweise bestäubt wird. Typischerweise können Arten mit einer durch zwei teilbaren Chromosomenzahl Samen produzieren, erklärt man auf Forbes.com, während Arten mit ungeraden Chromosomensätzen entweder steril sind oder keine Samen produzieren. Das hat man sich jetzt auf dem Markt für Cannabissamen zunutze gemacht. In der Regel wird bei der Zellteilung das genetische Material kopiert, wobei die neue Zelle die kopierten Chromosomen erbt, während die ursprüngliche Zelle den ursprünglichen Satz behält.
Die Behandlung einer Cannabispflanze mit einer natürlichen Chemikalie unterbricht jedoch dieses Mitose, was zu der Bildung von zusätzlichen Chromosomen ohne beiläufige Zellteilung führt. Folglich wird die ursprünglich diploide Zelle triploid – oder sogar mehr. Dabei setzen die Produzenten von potenten Cannabissamen auf eine diploide Standardpflanze, wählen einen leistungsstarken Klon aus und setzen dann eine natürliche Chemikalie ein, die den Zellteilungsprozess stört. Noch gilt dies eher als ein Nischenprodukt, doch da schnelleres Wachstum und größere Ernten versprochen werden, könnte Triploid-Cannabis in Zukunft an immer mehr Bedeutung gewinnen.
Die genauen Vorteile von triploiden Cannabissorten
Diese Züchtung von Triploid-Cannabis verbessert die Anbau- und Konsumqualität dank der Einführung von mehr Chromosomen, die eine breitere Palette von Merkmalen bieten. Die Züchtung von triploidem Cannabis soll beim Anbau den Ertrag und die Potenz steigern können. Dabei gäbe es weitere potenzielle Vorteile wie kürzeren Blütezeiten und die Produktion höherer Biomasse. Ebenso wird die Bestäubung weiblicher Blüten bei der Cannabisproduktion aufgrund der Genetik im Regelfall verhindert, was wiederum für die Herstellung von konsumierbaren Blüten vorteilhaft ist, da die Kraft der Pflanze nicht in die Samenproduktion fließt. Triploides Cannabis ermögliche es Anbauern in neuen Regionen und ertragreich im Freien anzubauen, da die Blütezeit kürzer wäre, erklärt Benjamin Lind, der Mitbegründer und wissenschaftliche Leiter von der Humboldt Seed Company.
„Dies ist sowohl für Outdoor-Grower interessant, die vor dem Winter ernten können, als auch für Indoor-Grower, die mehr Zyklen einbauen können. Die verkürzte Blütezeit, die sich um etwa zehn Tage bis zwei Wochen reduziert, kommt auf dem Markt gut an. Eine Sorte ist bereits ausverkauft, was die hohe Nachfrage zeigt“, wird Lind zitiert. Für Konsumenten böten triploide Cannabissorten einen höheren THC-Gehalt und würden auch weitere Eigenschaften des Cannabisprofils verbessern. Doch nicht nur eine verlockend klingende stärker Wirkung, sondern auch was die Nachhaltigkeit betreffen würde, wäre für Züchter und Verbraucher interessant. Man benötige dank der verringerten Wachstumszeit schließlich weniger Wasser, weniger Dünger und weniger Insektizide, die auf die Pflanzen aufgetragen werden müssten.
Das Cannabisgenom würde dazu erheblich erweitert, was zur Entstehung neuer Geschmacksrichtungen und Varietäten führe. Da die Sorten einen erhöhten Gehalt an kleineren Cannabinoiden und Terpenen aufweisen, schaffen sie auch gleich neue Möglichkeiten für die Cannabiszucht. Obwohl man den Mechanismus dahinter noch nicht kennt, bemerkte man bereits auch noch, dass triploide Pflanzen Trichome mit höheren Stielen und dichteren Trauben besitzen. Außerdem sind diese Pflanzen von Natur aus widerstandsfähiger und toleranter gegenüber Trockenheit, was möglicherweise auf die tieferen und größeren Wurzeln zurückzuführen ist. Sie sollen auch resistenter gegen verschiedene Schädlinge sein.
Worauf man Acht zu geben hat
Sarah Carter, die Kommunikationsdirektorin bei Symple Seeds, sagt jedoch, dass die Manipulation der Cannabisgenetik durch triploide Züchtung natürlich auch Überlegungen bezüglich der langfristigen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Nachhaltigkeit mit sich brächte. Die ersten Forschungsergebnisse würden auch darauf hindeuten, dass triploide Pflanzen doch mehr Wasser und Nährstoffe benötigten, was den ökologischen Fußabdruck vergrößern könnte. Während triploide Sorten bei entsprechender Züchtung zwar Vorteile in Bezug auf Potenz, Resistenz und Vitalität bieten könnten, gäbe es Bedenken hinsichtlich unbeabsichtigter Folgen.
„Genetische Manipulationen könnten zur Schaffung von invasiven Arten oder Stämmen mit unerwünschten Eigenschaften führen, was eine sorgfältige Bewertung erfordert, um negative ökologische Auswirkungen zu minimieren“, sagt sie.
Richtige Züchtungspraktiken, die Verwendung geeigneter Elternpflanzen und die Konzentration auf die gewünschten Eigenschaften wären ihrer Meinung nach entscheidend, um die Effektivität der triploiden Züchtung zu gewährleisten und mögliche negative Folgen zu minimieren. Einen Bedarf an diploidem Cannabis werde es aber immer geben, da Mutterpflanzen erforderlich sind, um triploide Pflanzen zu erzeugen.
Daher werde die triploide Genetik die Diploiden nicht verdrängen, da Triploide für die Zucht ganz einfach ungeeignet wären, erklärt Benjamin Lind. Die Verbreitung und das Verständnis für triploides Cannabis haben insgesamt noch nicht den Mainstream erreicht, doch immer mehr Züchter erlagen neue Kenntnisse über die passenden Aufzuchtmethoden, und einige Unternehmen in der Branche haben bereits damit begonnen, triploide Cannabissamen zu verkaufen. Wie man hört, auch mit Erfolg.