Cannabis im medizinischen Einsatz erhält immer stärkeren Rückhalt bei Ärzten und in der Bevölkerung. Mehr und mehr Menschen setzen auf das natürliche Arzneimittel bei den unterschiedlichsten Krankheitsbildern, die mittels der Naturarznei besser in den Griff zu bekommen sind.
Spätestens nach dem Inkrafttreten des „Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (CanG)“ ist davon auszugehen, dass der Anteil noch weiter steigt, da nun auch die Verschreibungsoptionen von Cannabis zu medizinischen Zwecken vereinfacht wurden. Doch schon im vergangenen Jahr stiegen die Importe aus dem Ausland, während hierzulande für produzierende Unternehmen noch die Beschränkungen bezüglich der genehmigten Anbaumengen galten. Über 25 Prozent mehr Cannabis wurde im Vergleich zu 2022 im Jahr 2023 nach Deutschland importiert, das für wissenschaftliche und medizinische Zwecke genutzt werden konnte.
31,6 Tonnen Cannabis – ein Rekord
Die neusten Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sagen aus, dass Deutschland im Jahr 2023 genau 31.398 Kilogramm – oder in etwa 31,6 Tonnen – an Cannabisprodukten aus dem Ausland importierte. Dies stellt eine Rekordmenge an ins Land geholtem Cannabis für medizinische und wissenschaftliche Zwecke dar. Grund dafür ist neben dem steigenden Bedarf am natürlichen Arzneimittel wohl auch die Tatsache, dass im Feld agierende internationale Unternehmen stärker nach Absatzmöglichkeiten in Europas größtem staatlich regulierten Markt für medizinisches Marihuana suchten.
Im Jahr 2022 wurden noch 24.876 Kilogramm eingeführt, was somit jetzt eine prozentuale Steigerung von 26,2 Prozent ausmacht. Auch wenn dies nach einem enormen Anstieg betreffend der Importe von Cannabis aussieht, so hat sich das Wachstumstempo in den letzten Jahren etwas verlangsamt, da es in der Vergangenheit schon größeres Wachstum zu beobachten gab. So wurden beispielsweise zwei Jahre nach der Genehmigung zur medizinischen Nutzung 2019 gar 80 Prozent mehr Cannabis nach Deutschland importiert, als noch im Jahr 2018.
Und selbst noch im Jahr 2021 konnte, mit 20.771 Kilogramm im Jahr 2021, ein Anstieg von 77 Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichnet werden. Eine unbekannte Menge dieser Einfuhren werde laut Bericht jedes Jahr in andere Länder der Europäischen Union wieder ausgeführt, aber nach Ansicht von Branchenexperten zeichnen die Daten dennoch das Bild einer schnell wachsenden Branche auf.
Anbau im Land bislang unzureichend
Grund für die hohe Importmenge ist auch dem mittlerweile abgeschafften Quotensystem zu verschulden, das den im Land mit Anbaugenehmigungen agierenden Cannabisproduzenten die Menge ihrer Ernten stark beschränkte. Der inländische Anbau sei daher bislang unzureichend gewesen, erklärt Peter Homberg, ein Partner bei Dentons in Deutschland und Leiter der europäischen Cannabisgruppe dieser global arbeitenden Wirtschaftskanzlei. Erst im Jahr 2019 wurden nach einem langwierigen und mehrfach verschobenen Antragsverfahren insgesamt nur drei Unternehmen für den Anbau von medizinischem Marihuana in Deutschland ausgewählt. Ansonsten durften keine Firmen medizinisches Cannabis für kommerzielle Zwecke anbauen.
Zusammen war es den Produzenten gestattet, nur 10.400 Kilogramm Cannabis über einen Zeitraum von vier Jahren herzustellen, was die steigenden Importe erklären sollte. Die Abhängigkeit Deutschlands von Importen könnte jedoch in den kommenden Jahren abnehmen, da mit dem neuen deutschen Cannabisgesetz auch das einschränkende Quotensystem abgeschafft worden ist. Stattdessen könnten Unternehmen nun eine Genehmigung für den Anbau von medizinischem Marihuana bei der Cannabisagentur beantragen, was etwas flexiblere Bedingungen für den Anbau von medizinischem Cannabis brächte. Homberg sagt daher, dass durch das neue Gesetz Importe aus dem Ausland wohl weniger notwendig werden würden.
Einer der weltweit größten Importeure
Deutschland gilt seit Jahren als einer der größten Importeure von medizinischem Cannabis auf der Welt. Dies ist als ein Vorteil für Marihuanaexporteure zu verstehen, die im Allgemeinen stets einige Schwierigkeiten haben, Zugang zu bedeutenden Importmärkten zu bekommen. Kanada beispielsweise, hat die kommerzielle Einfuhr von medizinischem Cannabis jahrelang blockiert. Dort wird aber der größte staatlich regulierte Markt für medizinisches Marihuana in der Welt verortet. Dies dränge unter anderem potenzielle Exporteure dazu, nach Abnehmern in Ländern wie Australien, Brasilien, Deutschland und Israel zu suchen.
Da mit dem CanG die Einstufung von Marihuana als Betäubungsmittel am 1. April 2024 aufgehoben worden ist, benötigen Patienten nun kein Rezeptformular für Betäubungsmittel mehr, sodass mit einem Anstieg des Bedarfs im medizinischen Bereich zu rechnen ist. Da indessen auch Unternehmen eine Anbaulizenz beantragen können, sehen Firmen in Deutschland ein großes Wachstumspotenzial bezüglich des eigenen Anbaus. Constantin von der Groeben, Geschäftsführer des deutschen Unternehmens Demecan, lässt erkennen, dass auch eine Ausweitung des Anbaus über die bisherige Höchstproduktionsquote hinaus beantragt werden könne.
Wie lange Deutschland jedoch auf Importe angewiesen sein wird, hänge stark vom Ausbau des heimischen Anbaus ab, so von der Groebens Antwort auf diese Frage. Sobald die Nachfrage nach Cannabis im Inland befriedigt werden könne, wären keine Einfuhren mehr erforderlich oder zulässig. Dies sei durch den Artikel 21 des Einheits-Übereinkommens der Vereinten Nationen über Betäubungsmittel bestimmt. Bis dieser Zeitpunkt erreicht ist, würden aber wohl noch einige Jahre vergehen.
Kanada dürfte daher somit erst einmal der mit Abstand größte Exporteur für den deutschen Medzinialhanfmarkt bleiben. Rund 15.600 Kilogramm Cannabis aus Kanada wurden alleine 2023 nach Deutschland verschifft, was in etwa 50 Prozent der deutschen Marihuana-Importe für medizinische und wissenschaftliche Zwecke in diesem Jahr ausmachte.