Seit über zwei Jahren befindet sich die Welt im Würgegriff des COVID-19-Virus. Auch wenn nun langsam der Rückweg in die Normalität eingeschlagen wird und viele Beschränkungen fallen, so sind die Spuren, die durch die vielen Restriktionen hervorgerufen wurden, äußerst sichtbar. Der Einzelhandel hat genauso wie die Reisebranche viel verloren, sodass es für Geschäftsbereiche, die auf beide Faktoren angewiesen sind, besonders schwierig war, den Kopf über Wasser zu halten.
Dies betrifft beispielsweise auch grundlegend die in Hollands Hauptstadt angesiedelten Coffeeshops, denen der verebbte Touristenstrom schwer zu schaffen macht und auch weiterhin macht. Was mit den gemütlichen und legalen Handelsplätzen für schmackhafte Marihuana- und Haschischsorten während der Corona-Pandemie geschah und wie es derzeit um die bei Besuchern beliebten Örtlichkeiten steht, versucht ein großer Bericht von CNN aktuell zu vermitteln.
Ghost Town
Die Straßen neben den Grachten in Amsterdam sind weiterhin menschenleer. CNN bezeichnet die Hauptstadt der Niederländer aktuell als eine Geisterstadt, die in keinem Verhältnis zu den einst mit Menschenmassen befüllten Zeiten steht. Obwohl die strikten Reisebeschränkungen stark aufgelockert wurden, ist Amsterdam wie leer gefegt. Dies spüren auch die 167 dort angesiedelten Coffeeshops, von denen sich ungefähr die Hälfte im Stadtkern befinden soll.
Obwohl diese während der gesamten Pandemie aufgrund ihres essenziellen Geschäftsmodells fast durchgängig geöffnet haben durften, sind die Folgen der nun zwar aufgehobenen Reisestopps für die Betreiber immer noch äußert spürbar. Joachim Helms von der Vereinigung der Coffeeshop-Besitzer BCD erklärt die Situation gegenüber dem amerikanischen Nachrichtensender folgendermaßen: „Die Coffeeshops im Zentrum waren in den letzten zwei Jahren wirklich im Überlebensmodus.“ Staatliche Finanzhilfen ermöglichten es ihnen zwar, sich über Wasser zu halten, aber diese deckten nur die Miete und die Beurlaubung des Personals ab, und sie hätten große Mühe gehabt, überhaupt Einnahmen zu erzielen.
Touristen sind die verweilende Kundschaft
Durch die Krise wurde offensichtlich, dass es vor allem die Touristen sind, die auf die Angebote der Coffeeshops zurückgreifen würden und sich nach dem Einkauf von berauschenden Hanfprodukten auch länger in den Lokalitäten aufhalten würden. Holländer kauften eher Marihuana, das anschließend an anderen Orten konsumiert werden würde. Eindeutig wurde während der Pandemie aber auch, dass die Nachfrage nach Gras und Hasch in der Bevölkerung insgesamt zugenommen hat. Gerade als es noch nicht ganz eindeutig war, ob die Coffeeshops geöffnet haben dürfen, was kurzzeitig auch nicht der Fall war, bis man befürchtete, dass der Schwarzmarkt davon profitieren würde, wurden seitens der konsumierenden Bevölkerung in Holland Hamsterkäufe getätigt, wie es in Deutschland beim Klopapier der Fall war. Besonders in Wohngebieten soll das Geschäft mit dem Gras gut gelaufen sein.
Mehr Konsum während des Lockdowns
41 Prozent von 1.563 Befragten gaben bei einer Umfrage des niederländischen Forschungsinstitutes für psychische Gesundheit und Sucht namens Trimbos an, dass sie seit Beginn der Coronavirus-Pandemie mehr Cannabis konsumierten. Fast die Hälfte gab an, genauso viel zu rauchen wie in den Zeiten davor. Dreiviertel konsumierten Cannabis fast täglich, nachdem die Regierung Lockdown-Maßnahmen eingeführt hatte.
Die Hauptgründe für den verstärkten Cannabiskonsum sollen dabei Langeweile, Stress und Einsamkeit gewesen sein. Etwa 75 Prozent der Befragten rauchten berauschende Hanfprodukte nahezu jeden Tag.
Die aktuellen Regeln erschweren das Geschäft
Obwohl die Lockdown-Einschränkungen mittlerweile beendet wurden, sind weiterhin große Einschränkungen der Freiheit vorhanden. Für das gesamte niederländische Gaststättengewerbe gelten weiterhin strenge Regeln. Alle Kunden müssen einen Impfpass in Form eines QR-Codes auf ihrem Handy vorzeigen, einen Abstand von 1,5 Metern einhalten und bei einer Bestellung eine Schutzmaske tragen. Coffeeshops müssen ihren Gaststättenbetrieb um 22:00 Uhr einstellen, dürfen aber bis Mitternacht für den Verkauf außer Haus geöffnet bleiben.
Diese Regeln wirken gegen das übliche Geschäftsmodell, welches eigentlich darauf abzielt, Menschen in den Shops willkommen zu heißen, wo sie Menschen aus aller Welt zum Plausch treffen können, erklärt Joachim Helms gegenüber CNN. Die Coffeeshop-Kultur Amsterdams sei stark verändert worden. Maeve Larkin, die im Hunters Coffee Shop im Zentrum arbeitet, hofft, dass sich die Situation bis Mitte März wieder normalisiert. Die Welt solle wissen, dass die Shops in Amsterdam geöffnet sind, damit die derzeitig herrschende Todesstille schnell wieder von vielen fröhlichen Menschen und glücklichen Reisenden vertrieben werden könne.
Die nächste Hürde: ein mögliches Verkaufsverbot für Touristen
Ganz unproblematisch scheint die Zukunft für Amsterdams Coffeeshops aber nicht zu werden. Bürgermeisterin Femke Halsema hat vorgeschlagen, ausländischen Touristen den Zutritt zu den Coffeeshops der Stadt zu verbieten. Den Stadträten teilte sie 2019 in einem Brief mit, dass das Verbot darauf abziele, den Tourismus im Zentrum besser steuern und die Lieferkette der Cafés besser kontrollieren zu können. Coffeeshop würden die Lebensqualität in der Innenstadt „unter Druck setzen.“
Rotterdam und Maastricht im Süden des Landes haben bereits ein solches Verbot eingeführt, um zu verhindern, dass Cannabistouristen aus Deutschland und Belgien über die Grenze reisen. Vor der Pandemie beklagten sich Anwohner mehrfach darüber, das Amsterdam zu einer Art „Disney World“ verkommen sei. Diese beschwerten sich über den Lärm, die Vermüllung und das ungebührliche Verhalten der Touristen, die in Scharen die Stadt überfluteten. In einem Statement aus dem letzten Sommer bekräftigte der Stadtrat dazu, dass man nicht zu den Zeiten vor der Pandemie zurückkehren wolle. Die Menschenmassen im Rotlichtviertel und in den Vergnügungsvierteln der Stadt wurden als Belästigung für die Anwohner bezeichnet.
Keine Coffeeshop = Keine Touristenströme
In einer Umfrage aus dem August 2019 ließen 1.100 internationale Touristen die Stadt aber bereits wissen, dass ihre Besuche stark abnehmen würden, würde ihnen der Zugang zu den Coffeeshops nicht mehr gewährt. 34 Prozent der zwischen 18 und 35 Jahre alten Teilnehmer gaben an, dass sie seltener in die Stadt kommen würden. Ganze 11 Prozent würde ihre Reisen nach Amsterdam komplett einstellen. Eindeutig sei es aus sich von Joachim Helms, dass in diesem Fall der Schwarzmarkthandel wieder stark zunehmen würde, so wie es während der kurzen Schließungen der Shops im März 2020 bereits der Fall war. Er sieht das Verbot auch daher nicht kommen.
Ebenso wären die negativen Folgen für Tausende Menschen, die in dem regulären Geschäftsbereich beschäftigt sind, enorm. „Das wäre eine wirklich schlechte Entscheidung für alle Menschen, die im Zentrum von Amsterdam leben“, sagte er gegenüber CNN.