Cannabis darf seit 2017 zu medizinischen Zwecken verschrieben werden. Der erwartete große Anstieg von Verordnungen, Erstattungen und das wirtschaftliche Wachstum blieb allerdings auch letztes Jahr aus.
Nachdem festgelegt worden war, dass Cannabis nun von Medizinern verschrieben werden darf, rechnete man mit einem starken Anstieg der Verordnungen und Patienten. 2019 war die Zahl um 44 Prozent gestiegen, im vergangenen Jahr waren es nur noch rund 20 Prozent. Somit kam man in diesem Jahr auf knapp 32.000 Verordnungen, welche von der gesetzlichen Krankenversicherung bewilligt wurden. Insgesamt wurden Ausgaben von rund 150 Mio. Euro für Cannabis als Medizin verbucht.
Medizinisches Cannabis – Bürokratie und Statistik
Seit 2017 sind knapp 70.000 solcher Verordnungen bei AOK, Techniker oder der Barmer im Briefkasten gelandet, von denen zwei Drittel auch bewilligt wurden. Aktuell geht die Marktforschung davon aus, dass etwas mehr als 80.000 Menschen in Deutschland Cannabis verschrieben bekommen.
An diesem Punkt darf man jedoch nicht vergessen, dass es sich bei diesen Zahlen um Verordnungen, nicht aber erstattete Rezepte handelt. Erstattungen sind nach wie vor eine Einzelfallentscheidung des zuständigen Arztes. Aufgrund bürokratischer Hürden und dem teilweise noch immer vorherrschenden Klischee von Cannabis als Freizeitdroge bleibt bei vielen Patienten eine Erstattung der Kosten noch ein Wunschgedanke. Da die Beantragung einer Erstattung meist sehr lange dauern kann und in vielen Stadien ungewiss ist, konnte bislang auch keine Statistik diesbezüglich erstellten werden.
Folgen für Produzenten und Importeure
Die oben genannten Zahlen klingen nicht nur für den Cannabis-Interessierten weniger berauschend: Kanadische Hersteller wie Canopy Growth, Aphria, Aurora und Tilray hatten bereits Tochtergesellschaften in Deutschland gegründet und Pläne für große Plantagen geschmiedet. Doch die Hoffnung auf das wirtschaftliche Wachstum bleibt aufgrund des fehlenden Bedarfs und den bürokratischen wie auch gesetzlichen Hürden vorerst unerfüllt. Ziel war es, rund ein Prozent der deutschen Bevölkerung (800.000) mit medizinischem Cannabis aus Deutschland versorgen zu können.
Zeitgleich sind etwa 90 deutsche Start-ups wie Cansativa in den Markt eingetreten. Da für Bedrocan, den Hauptlieferanten aus den Niederlanden, von der niederländischen Cannabisbehörde OMC ein Export-Limit von 200 kg auferlegt wurde, konnten diesen Start-ups jeweils nur knapp 3 kg Cannabis zugeteilt werden.
Bedrocan ist jedoch nicht der einzige Importeur. Neben diesem gibt es weitere große Zulieferer aus Kanada, Spanien, Portugal und mittlerweile sogar aus Australien. Gemeinsam konnte somit eine Importmenge von 1,2 Tonnen in 2017 und 2019 bereits 6,7 Tonnen medizinischem Cannabis erzielt werden. Cannabis made in Germany?
Es ließ lange auf sich warten, doch ab dem ersten Quartal 2021 soll es in Deutschland hergestelltes Cannabis geben. Drei Unternehmen haben nach Ausschreibung des Bfarm einen Zuschlag bekommen und bereits eigene Cannabisplantagen errichtet: die Tochterunternehmen der kanadischen Favoriten Aphria und Aurora, aber auch das deutsche und in Berlin gegründete Unternehmen Demecan.
Doch auch in diesem Sektor der Wirtschaft drückt Corona kein Auge zu. Somit berichtete Demecan bereits jetzt, dass sie erst in der zweiten Jahreshälfte Cannabisblüten liefern könne. Das anvisierte Ziel von 800.000 versorgten Patienten in Deutschland wird also noch auf sich warten lassen.