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Jugendschutz ist das Argument überhaupt, wenn es um das Thema Cannabislegalisierung geht. Egal in welche Richtung sich eine Diskussion über eine Legalisierung entwickelt, am Ende kommt stets die Keule mit dem Jugendschutz. Eine Freigabe von Cannabis gefährdet den Jugendschutz, mit dieser Aussage wird praktisch jeder Versuch, eine Freigabe stichhaltig zu erklären, förmlich abgewürgt. Es stand zu keinem Zeitpunkt zur Debatte, dass Cannabis für Minderjährige zugänglich sein soll. Ganz im Gegenteil.
Erst der Schwarzmarkt führt dazu, dass Jugendliche ohne Altersnachweis auf der Straße Drogen kaufen können. Wäre Cannabis genauso wie Alkohol und Tabak nur in Geschäften mit strikter Regulierung und gegen Vorlage eines Ausweises erhältlich, wäre dieses für Minderjährige ähnlich schwierig verfügbar. Dass dies nicht nur Wunschdenken ist, sondern tatsächlich der Realität entspricht, zeigen Daten aus den USA und Kanada, in denen genau dieses Modell mit streng regulierter Abgabe seit vielen Jahren gelebt wird.
Deutlich erschwerte Verfügbarkeit in Washington
Der US-Bundesstaat Washington war neben Colorado einer der ersten Staaten, die den Freizeitgebrauch von Cannabis legalisierten. Seit 2012 dürfen Erwachsene ab 21 Jahren Cannabis legal erwerben. Der Verkauf erfolgt über lizenzierte Fachgeschäfte, die über den staatlichen Liquor and Cannabis Board reguliert werden. Dass diese Maßnahme, die Cannabis vom Schwarzmarkt in eine kontrollierte Abgabe verlagert, den Jugendschutz verbessert, zeigen Umfragedaten aus einer Highschool in Washington. Das Health Youth Survey führt in Washington regelmäßig verschiedene Umfragen zum Thema Gesundheit unter Jugendlichen durch. Dazu zählt auch das Thema Drogen.
Eine dieser Fragen war, wie leicht der Zugang zu Cannabis ist. Im Jahr 2010 gaben 54,3 % der Befragten an, dass es für sie sehr einfach ist, Cannabis zu erwerben. Der Anteil jener, denen der Zugang zu Cannabis als sehr leicht erschien, sank bis zum Jahr 2021 auf 31,6 %. Bis 2023 sank dieser Wert noch einmal auf 30,8 %. An diesen Zahlen lässt sich ganz klar ablesen, dass ein legaler Markt, der nun seit über 10 Jahren besteht, einen deutlich besseren Jugendschutz bietet als ein unkontrollierter Schwarzmarkt mit hochgiftigen Streckstoffen und synthetischen Cannabinoiden.
Auch das Bewusstsein unter Jugendlichen, dass Cannabis im Jugendalter Gefahren mit sich bringt, ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Im Jahr 2023 gaben bei der Umfrage 76,5 % der Zehntklässler an, dass es falsch ist, in diesem Alter Cannabis zu konsumieren. Dies ist ein deutlicher Anstieg seit 2010. Damals, noch vor der Legalisierung, gaben 70 % an, dass Cannabiskonsum in diesem Alter falsch ist.
Vergleichbare Umfragedaten aus Kanada
Auch in Kanada ist der Freizeitgebrauch von Cannabis seit 2018 legal. Wie in vielen US-Staaten erfolgt auch hier die Abgabe über lizenzierte Fachgeschäfte, nach Vorlage eines Altersausweises. Je nach Provinz schwankt das Alter zwischen 18 und 21 Jahren, ab dem man Cannabis legal erwerben darf. Eine Umfrage an einer Highschool zeigte auch hier, dass im Zuge der Legalisierung und vor allem durch die kontrollierte Abgabe der Zugang für Minderjährige erheblich erschwert wurde.
Im Zuge der COMPASS-Studie werden an Schülern von der 9. bis zur 12. Klasse regelmäßig Umfragen durchgeführt. Vor der Legalisierung 2018 gaben 51 % der Schüler an, dass es für sie einfach ist, an Cannabis zu kommen. Bis zum Jahr 2021 sank dieser Wert auf 37,4 %. Auch hier zeigt sich ganz klar, dass ein Modell mit streng kontrollierter Abgabe den Jugendschutz drastisch verbessert.
Musterlösung aus den USA
Während es in restriktiven Ländern wie Österreich noch immer gängige Praxis ist, mit der Keule des Jugendschutzes zu argumentieren, zeigen US-Staaten wie Washington seit über 10 Jahren, wie ein reflektierter und vernünftiger Umgang mit Cannabis aussehen kann. Interessanterweise werden ausgerechnet diese Zahlen nie von Verbotsideologen in der Mainstream-Presse erwähnt. Auch das Thema Straßenverkehr wird in diesem US-Staat deutlich evidenzbasierter behandelt. Washington hat einen THC-Grenzwert im Straßenverkehr von 5 ng / ml im Vollblut, welcher deutlich näher an eine reale Grenze der Beeinträchtigung herankommt, als in anderen Ländern.
In Deutschland beträgt der Grenzwert aktuell 3,5 ng /ml im Blutserum, was faktisch einem Wert von 1,75 im Vollblut entspricht, während in Österreich eine absolute Nulltoleranz gilt. Unabhängig davon, dass Minderjährige kein Cannabis konsumieren sollten, lässt sich dennoch festhalten, dass die gesamte Problematik rund um das Thema Führerschein und Cannabis mehr Schaden anrichtet, als es ein gelegentlicher Konsum jemals könnte. Wird einem Jugendlichen wegen einer Auffälligkeit mit Cannabis der Zugang zum Führerschein verbaut oder zumindest erschwert, hat dies drastische negative Folgen auf den Einstieg ins Berufsleben.
Wenn gerade in einer ländlichen Gegend der Ausbildungsplatz nicht mehr erreicht werden kann, ist eine einschneidende Absturzspirale praktisch vorprogrammiert. Dies bringt weitaus schwerwiegendere Langzeitfolgen mit sich, als Cannabis alleine es jemals könnte. In restriktiven Ländern wie Österreich ist und bleibt die größte Nebenwirkung von Cannabis, dass man damit erwischt wird. Washington hingegen hat nicht nur in Bezug auf Cannabis eine fortschrittliche Politik, sondern behandelt auch Konsumenten anderer Substanzen nicht mehr als Verbrecher.
In der Hauptstadt Seattle ist der Besitz und Konsum natürlicher Psychedelika, wie zum Beispiel Zauberpilze, legal. Der Besitz und Konsum chemischer Drogen wurden im gesamten Staat zu einer Ordnungswidrigkeit mit niedriger Priorität herabgestuft. Auch dies hatte keine der gefürchteten negativen Folgen. Wer diese Substanzen konsumieren wollte, tat dies bereits davor. Der einzige Unterschied ist, dass nun einfache Konsumenten, die eine andere Substanz als Alkohol bevorzugen, keine Verbrecher mehr sind.