Während bei dem Versuch, eine neue Regierung aufzustellen, insbesondere die Union aus CDU und CSU sich medienwirksam dafür starkmacht, das noch nicht einmal ein Jahr alte Cannabisgesetz (CanG) wieder einzustampfen, sieht man das CanG in Deutschlands Bevölkerung offensichtlich doch recht positiv.
Eine Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännischen Krankenkasse ermittelte noch vor der Bundestagswahl, dass mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten in einem Alter zwischen 18 und 70 Jahren für ein Beibehalten des Gesetzes ist. Bei der durch die Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH durchgeführten Befragung von 1.012 Personen entschieden 55 Prozent, dass die Teil-Legalisierung von Cannabis richtig wäre und stellten sich somit entsprechend gegen eine Rücknahme des CanG.
Etwas über ein Drittel für Abschaffung
Kritiker des bislang erst seit Kurzem aktiven Gesetzes sagen, dass es die organisierte Kriminalität unterstütze und den Konsum in der Bevölkerung erhöhen würde. Anderen fehlen spezielle Regelungen, um einen besseren Gesundheitsschutz zu ermöglichen. Daher sorgt das legale Kiffen für Zündstoff in der Politik und lässt konservative Kräfte gegen das CanG wettern. Anfang März betonte der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Tino Sorge, dass das Gesetz einen gefährlichen Irrweg darstelle und somit unbedingt rückgängig gemacht werden müsse.
Der CDU-Rechtspolitiker Günter Krings gab preis, dass man alles daransetzen würde, die negativen Auswirkungen der Cannabislegalisierung zu stoppen. Doch bei der durchgeführten Umfrage der KKH gaben gerade einmal 36 Prozent der Teilnehmenden an, die Abschaffung des CanG tatsächlich zu befürworten. Begrenzt man die Gruppe der Gesetzesgegner auf eine Altersgruppe zwischen 18 und 34 Jahre, schmälert sich die Zustimmung auf magere 19 Prozent. Hier fanden sich somit auch die meisten Befürworter für ein Beibehalten der aktuellen Regelung, die sogleich Dreiviertel der Befragten ausmachten (75 Prozent).
Nicht vollkommen blauäugig
Möchte man den Freunden des Gesetzes vorwerfen, dass sie die entstandene Situation und den Umgang mit Cannabis im Allgemeinen beschönigen, so zeigen Detailfragen, dass sich die Menschen doch etwas ehrlicher mit der Thematik beschäftigen. So ließ sich festhalten, dass die große Mehrheit der Befragten (73 Prozent) der Aussage zustimmte, dass der Konsum von Drogen wie Cannabis der Gesundheit schaden könne. Auch erkannten 49 Prozent die Gefahr, dass Cannabiskonsum dazu führen könne, andere Rauschmittel ausprobieren zu wollen.
Selbst wenn die Mär von Cannabis als Einstiegsdroge von wissenschaftlicher Seite schon mehrfach widerlegt worden ist, hält sich also dieses Argument selbst bei einigen Befürwortern des liberaleren Umgangs mit Cannabis, wobei 43 Prozent Cannabis eher als eine harmlose Droge einstufen würden. Ebenso der Nutzen bei der Behandlung gewisser Krankheiten war den Teilnehmern in dieser Gruppe bekannt – bei den 18- bis 34-Jährigen waren es zehn Prozent mehr.
Dass Cannabiskonsum alleine gesundheitsschädlich sein könnte, befanden in dieser Altersklasse 65 Prozent, doch nur jeder Fünfte (21 Prozent) befürchtet einen ansteigenden hin zu einem übermäßigen Konsum, der durch die Teil-Legalisierung hervorgerufen werden könne. Unabhängig von den Erkenntnissen über die Zustimmung oder Ablehnung des derzeitig noch gültigen Gesetzes gaben 59 der Befragten insgesamt an, dass jeder selbst darüber zu entscheiden habe, ob er auf Rauschmittel zurückgreifen wolle oder nicht. Bei der jüngeren Gruppe der 18- bis 34-Jährigen sahen das sogar 69 Prozent so.
Forderung nach mehr Unterstützung für die Prävention
Damit die Risiken von Cannabiskonsum insbesondere bei jungen Menschen minimiert werden können, fordert man seitens der KKH eine bessere finanzielle Unterstützung von Projekten wie dem von der Krankenkasse initiierten Präventionsprogramm namens HöhenRausch. Man müsse laut KKH eine frühestmögliche Aufklärung in Schulen und für Eltern erreichen. Unabhängig von den kommenden Entwicklungen solle das gemeinsame Ziel in der Gesellschaft bestehen bleiben, frühzeitig junge Menschen über die Risiken und Gefahren des Cannabiskonsums aufzuklären, so Justin Onyechi vom Präventionsteam der KKH.
Ein koordiniertes Handeln in der Politik, dem Gesundheitswesen und der Gesellschaft wäre vonnöten, um die Gesundheitsprävention in Deutschland verbessern zu können. Suchtprävention sei aber nur ein Beispiel. Insgesamt würden diesbezüglich noch ein transparenter Wissensstand und ein gemeinsamer Erkenntnisgewinn zwischen der Forschung und der Praxis fehlen. Stärker gefördert gehören zusätzliche Qualitätsstandards und evidenzbasierte Ansätze.
Politische Kompromisse scheinen möglich
Wie es mit dem CanG weitergeht, bleibt aktuell ungewiss, doch es gibt erste Lichtblicke innerhalb der Union, dass es aktuell wichtigere Fragen im Land zu beantworten gäbe. Thorsten Frei, der erste Parlamentarische Geschäftsführer, gab auf abgeordnetenwacht.de an, dass man erst kommende Gespräche mit dem angestrebten Koalitionspartner zu führen habe, ob wirklich eine Veränderung zu erreichen wäre.
Schwerpunkte liegen derzeit doch eher im Bereich der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, der Beendigung der illegalen Migration, der Zielgenauigkeit des Sozialstaats und der Stärkung der äußeren Sicherheit. Ein Kompromiss könnte darin bestehen, dass man die Dinge also erst einmal nicht weiterverfolgt, sondern zunächst im Bestand einfriert, bis sie evaluiert werden. Die geltende Rechtslage betreffend des CanG bliebe dann zumindest bis zu diesem Zeitpunkt unangetastet, was die Mehrheit der Bevölkerung im Land offensichtlich befürworten würde – und über diesen Zeitraum hinaus.