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Die Wärmepumpe lässt grüßen: Wie das Heizungsgesetz und so viele andere Projekte der Ampelregierung steht auch die Cannabis-Legalisierung laut einer aktuellen Umfrage in der Kritik. Immerhin 55 % der Befragten halten die Freigabe ein halbes Jahr nach Inkrafttreten für misslungen.
Woran liegt’s und wo muss die Politik beim Hanfkonsum nachbessern, damit Haschisch und Marihuana als uralte Medizin wie Genussmittel in der Öffentlichkeit endlich realistisch bewertet werden können?
Komisch gedacht, schlecht gemacht: das neue Cannabisgesetz
Warum die Bundesregierung aus SPD, FDP und Grünen nicht einfach die schlüssigen Ideen zur Legalisierung von THC aus dem vor gut drei Jahren vereinbarten Koalitionsvertrag umgesetzt hat, verstehen weder die befragten Bürger noch Experten. Beschlossen war schließlich ein den USA und Kanada recht ähnliches Freigabemodell mit einem legalen, lizenzierten Fachhandel für Hanfprodukte, wie das zum Vergleich hierzulande bei Alkohol und Tabak schon jahrzehntelang funktioniert.
Angeblich hat selbst Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei der Ankündigung von Grasgeschäften nicht gewusst, dass solcher Fortschritt durch die EU in Brüssel blockiert wird. So ist es keine Überraschung, wenn das nach langem Warten schließlich präsentierte Reförmchen derzeit auf gerade einmal 37 % Zustimmung kommt. Statt Geschäfte, Jobs und Steuereinnahmen gibt es seit 1.4.2024 Cannabis legal nur durch Eigenanbau, entweder zu Hause oder im Verein.
Weil viele Leute im Land schlicht keine Zeit haben für die Zucht, keine Lust oder keine Muße, gehen Hanfkonsumenten häufig weiter zu Dealern. Die fetten ab, logisch, denn das Cannabisgesetz erlaubt zwar keinen Verkauf, wohl aber den Besitz von bis zu 25 bis 50 Gramm. Ganz folgerichtig kann die Polizei bei Kontrollen gesetzestreue Bürger nur schwierig von Kriminellen unterscheiden. Hass und Hetze durch die wie gewohnt komplett unsachliche CDU/CSU und kaum Aufklärung in den Medien verzerren diese unausgegorene Legalisierung zusätzlich.
Bei Cannabis entscheidet die Politik vollkommen an der Realität vorbei
Die jüngst im Auftrag der Deutschen-Presse-Agentur befragten 2.100 Personen könnten es auch paradox nennen, ambivalent und sogar böswillig, wenn Cannabis vorzüglich erforscht ist und von all den angeblichen Risiken faktisch nur wenig übrig bleibt; der Umgang mit THC jedoch weiterhin nicht vollständig normalisiert wird. Nachweislich gefährlichere Suchtgifte wie eben Schnaps und Tabak lassen sich hingegen überall problemlos kaufen und für den Spirituosen-Handel gelten auch keine Abstandsregeln wie beim Kiffen in der Öffentlichkeit.
Obwohl sich Cannabisfans nach Kräften um Entspannung auf Grundlage der Gesetze bemühen – bundesweit liegen gut 300 Anträge zur Gründung von Cannabis Social Clubs vor – werden bürokratische Hürden besonders hoch angesetzt und Probleme ignoriert. Opposition und Verbände hingegen übertreiben, verquicken organisiertes Verbrechen mit Hanfkonsum durch mündige Erwachsene und verschrecken die an wissenschaftlichen Fakten interessierte Bevölkerung. Jeder Joint weckt heute mehr Aufmerksamkeit, doch eine faire Bewertung hat das nicht zur Folge.
Auch Polizei und Behörden sind mit der Cannabis-Legalisierung unzufrieden
Selbstverständlich verbirgt sich in der Ablehnung von Hanfkonsum ohne Schikane viel Heuchelei, doch einiges an Kritik durch Strafverfolgungsbehörden erscheint leichter nachzuvollziehen als etwa die Raserei bei CDU/CSU. Jene Bierparteien wollen nach einer künftigen Regierungsübernahme Gras sofort wieder verbieten, Millionen erwachsene Bürger erneut kriminalisieren und die Bevölkerung gezielt hinters Licht führen, wie das ja leider über Dekaden hinweg in Deutschland der Fall gewesen ist.
Demgegenüber urteilen unsere Cops zumindest etwas realistischer. Wegen der fehlenden Fachgeschäfte mischt laut Polizei das organisierte Verbrechen kräftig mit im Cannabishandel. Dealer laufen mit der erlaubten Menge Haschisch und Marihuana unbehelligt durch die Gegend und verkaufen gerne auch andere, wirklich gefährliche Substanzen selbst an Minderjährige. Touristen oder ausländische Fachkräfte können sich logischerweise keinen Hanf aus den Anbauclubs nur für Mitglieder besorgen.
Entsprechend lebendig bleibt der Schwarzmarkt trotz Freigabe – eine ziemlich absurde Situation! Wirklich durchdacht und nachvollziehbar scheint das Cannabisgesetz also kaum, auch wenn ein paar Amnestien ausgesprochen werden und einige wegen Gras verurteilte Leute immerhin nicht mehr im Knast verrotten müssen. Andere Länder haben das besser hinbekommen und in Übersee fällt ganz folgerichtig die Zustimmung gegenüber einer Legalisierung viel höher aus als bei uns. Ob sich die völlig zerstrittene Bundesregierung THC noch mal vornimmt und etwa die angedachten Modellprojekte zum Hanfverkauf vorzieht?
Wegen kaum zu erwartender Nachbesserungen präsentiert sich die deutsche Cannabispolitik dieser Tage nicht nur in Umfragen als ähnlich misslungenes Projekt wie die beschworene Energieversorgung der Schwerindustrie durch Wind und Sonne.