Die Podiumsdiskussion der Fachtagung in Münster
Abschließend fand nach den Vorträgen der Referenten der Cannabis Fachtagung „Verantwortungsvolle Regulierung auf kommunaler Ebene“ in Münster am 13.12.2016 noch eine kurze Podiumsdiskussion statt. Angeregt wurde diese Idee durch die Hanffreunde Münster 2014 e. V. und fand im Stadtrat bereits gegen die CDU und AFD eine Mehrheit.
Die Sicht eines Psychiaters
Prof. Volker Arolt ist als Psychiater an einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie tätig. Für seine Klientel steht er dem Cannabismodellprojekt erstaunlich offen gegenüber. Er sieht jedoch große Gefahren für einen frühen Konsum oder genetisch und vielleicht auch sozial vorbelastete Problemgruppen.
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen
Dr. Gaßmann fasst sich kurz und erklärt in dieser Diskussion, dass die willkürlichen Verbote untragbar und kontraproduktiv sind. Jeder würde wissen, dass in Münster Heroin an Konsumenten verkauft wird, es gibt bekannte Umschlagplätze. Es steht jedoch nicht jeden Tag die Polizei bereit, sondern nur „nach Lust und Laune“. Das willkürliche Verbot ist sinnlos.
Anmerkung: Gibt es wegen der Verbote wirklich weniger Heroinabhängige? Ist der Konsum wegen der Verbote bedenklicher oder unbedenklicher? Vielleicht gibt es weniger Heroinabhängige, da aufgrund eines bedenklicheren Konsums mehr Konsumenten sterben? Z. B. an HIV, Hepatitis C oder Suizid? Aufgrund vom Repressionsdruck nahmen die Zahlen der Drogentoten in der Schweiz kurzfristig um 30 % zu. Mit Lockerungen, Methadonprogrammen und anderen Maßnahmen nahmen diese Zahlen wieder ab.
Low and Order
Hans-Joachim Kuhlisch ist der neue Polizeipräsident in Münster. Er lehnt das Modellprojekt zur verantwortungsvollen Regulierung von Cannabis als einziger in der ganzen Fachtagung offen ab. Es sei eine Frage der Bundesebene und Gesetzgebung, nicht aber der Stadt Münster, ob Cannabis verboten oder legalisiert wird. Er könnte mit einer Legalisierung leben, ist jedoch strikt dagegen. Mit den Gesetzen kann immerhin gesagt werden, was erwünscht und unerwünscht ist. Cannabiskonsum ist also unerwünscht. Was ist mit dem wesentlich bedenklicheren Konsum von Alkohol oder Tabak? Diese Frage konnte hier leider nicht gestellt werden, um zu prüfen, ob diese Kreise sich der Tragweite ihrer Aussagen überhaupt bewusst sind.
Institut zur Förderung qualitativer Drogenforschung, akzeptierender Drogenarbeit und rationaler Drogenpolitik e. V.
Dr. Wolfgang Schneider von INDRO spricht sich nicht gegen das Modellprojekt zur verantwortungsvollen Regulierung von Cannabis aus. Er sieht jedoch eine sehr große Gefahr. Wenn das Modellprojekt z. B. 6 Jahre dauert, könnte das auf politischer Ebene weitere 6 Jahre Stillstand bedeuten. Die Politiker könnten sich dann immerhin damit herausreden, dass sie zuerst auf die Ergebnisse warten müssen. Er möchte und kann jedoch nicht warten. Auch dank Herrn Schneider wurde in Münster für Schwerstabhängige ein Konsumraum eingerichtet. Genau diese Problemkonsumenten und Schwerstabhängigen können diese 6 Jahre eben nicht mehr warten. Hier muss so schnell wie möglich eine umfassende Harm Reduction betrieben werden.
(In dieser Reihenfolge sind die Diskussionsteilnehmer neben der Moderatorin Dr. Susanne Eichler zu sehen. Weiterhin traten Cornelia Wilkens und Thomas Kollmann zu Beginn der Fachtagung mit Grußworten auf.)
Verantwortungsvolle Regulierung mit rechtlichen Hürden
Die Moderatoren oder Beteiligten auf der Bühne äußern im Übrigen vor und während der Podiumsdiskussion, dass die Aussichten für den Cannabis Modellantrag der Stadt Münster schlecht aussehen. Die derzeitige und möglicherweise künftige Bundesregierung möchte für den Cannabiskonsum keine legale und zugleich verantwortungsvolle Regulierung. Allein die Erklärung, dass verstrecktes Cannabis gefährlicher als Cannabis wäre, ist für diese Kreise bereits eine Verharmlosung und Konsumaufforderung.
Die BfArM als ausführendes Organ wird ihre Weisungen befolgen und, wie auch zuvor, alles blockieren, was sich blockieren lässt. Deswegen wurden bislang alle vergleichbaren Anträge auf Modellprojekte für eine verantwortungsvolle Regulierung von Cannabis abgelehnt. Dennoch wäre es wichtig, den Weg zu gehen, da man ihn sich damit ebnet. Deswegen wäre es so wichtig, den Antrag intelligent zu formulieren, um das Ablehnen zu erschweren.
Münster ist mit dem Gedanken zum Cannabis Modellprojekt nicht allein. Es sind derzeit ca. 25 deutsche Städte, die gerne etwas in die richtige Richtung bewegen möchten. In der vorherigen Woche gab es bereits eine Fachtagung in Düsseldorf, Vertreter aus Münster waren vor Ort mit dabei.
Im Übrigen wurde diese Fachkonferenz aus Münster live übertragen. Sie wurde zugleich aufgezeichnet und findet sich vielleicht bereits im Internet.
Schnittpunkte
Eine interessante Beobachtung einiger Referenten und auch in der Podiumsdiskussion ist, dass Cannabis eben nicht die Ursache vieler Probleme sein muss. Macht Marihuanarauchen alles so viel schlimmer oder wird es geraucht, da es bereits schlimm ist? Viele Menschen mit Schmerzen, diversen Krankheiten und auch psychischen Problemen profitieren immerhin vom Marihuana. Viele jedoch nur bei der richtigen Anwendung, die durch den Schwarzmarkt natürlich erschwert wird. Demnach wären hohe THC Gehalte für viele Menschen mit psychischen Leiden sehr schlecht, wobei hohe CBD Gehalte sogar helfen können. Hohe THC Gehalte mit wenig CBD würde zugleich eine Sucht begünstigen. Anmerkung: Dabei geht es vermutlich weniger um die Konzentration als um das Verhältnis von THC zu CBD, welches sich entgegengesetzt beeinflusst. Eine verantwortungsvolle Regulierung würde es den Betroffenen erleichtern, gezielt die richtigen Cannabisprodukte zu konsumieren, womit es ihnen nicht nur gesundheitlich besser gehen kann.
Die ganze Artikelserie
Cannabis Fachtagung in Münster
Verantwortungsvolle Regulierung auf kommunaler Ebene