Die Stadt Münster ist eine der deutschen Kommunen, die nicht mehr nur über einen Ausnahmeantrag für ein Cannabismodellprojekt nachdenkt. Münster in Westfalen ist eine der Kommunen, die sich bereits entschieden hat und diesen Antrag ausformulieren wird. In diesem Zug fand am 13.12.2016 von 14 bis 19 Uhr die Cannabis-Fachtagung „Verantwortungsvolle Regulierung auf kommunaler Ebene“ statt.
Verantwortungsvolle Regulierung auf kommunaler Ebene
Den Stein ins Rollen gebracht haben die Hanffreunde Münster, die inzwischen ein eingetragener Verein sind. Bereits 2014 wurde im Zuge der Gründung der Hanffreunde Münster ein Antrag an die Stadt Münster gestellt. Diese soll einen Antrag an die BfArM auf Ausnahmegenehmigung für ein Cannabismodellprojekt stellen. Die Cannabis-Fachtagung dient eigens dazu, interessierten Bürgern das Vorhaben zu erklären. Deswegen können diese zugleich einige Fragen stellen.
Dieses Modellprojekt wird dabei nicht auf die medizinische Verwendung, sondern auf Genuskonsum abzielen. Dabei wird wissenschaftlich beobachtet, ob die Probanden in dieser Zeit ihre Konsummuster ändern, wie sie sich sozial weiter entwickeln und welche Auswirkungen der legale und kontrollierte Zugang zu Cannabis auf ihre Gesundheit hat.
Die Referenten der Cannabis Fachtagung in Münster
Wer sich ein wenig auskennt, sieht schnell die Bedeutung der Referenten der Cannabis Fachtagung in Münster:
Strafrechtsprofessor Lorenz Böllinger
Prof. Lorenz Böllinger ist der Strafrechtsprofessor, der mit 122 weiteren den Deutschen Bundestag dringlich zur Prüfung der derzeitigen BtM Gesetze auffordert. Er hält diese für verfassungswidrig und kann nicht ansatzweise erkennen, dass diese Verbote ihre Ziele erreichen, Schaden von der Gesellschaft abzuhalten. Anmerkung: Selbst dann wären diese anmaßenden Verbote verfassungswidrig, da Drogenkonsum keine Fremdschädigung ist. Es handelt sich um das Recht der freien Selbstentfaltung, ob man trinkt, kifft, spielt, Motorrad fährt oder sonst etwas macht.
Prof. Martin Smollich – Praxis-Hochschule Rheine
Prof. Martin Smollich mag weniger bekannt sein. Er studiert intensiv die Wirkung von Cannabis auf den menschlichen Körper. Dabei weist er auf Gefahren hin, ist für die medizinische Anwendung jedoch sehr aufgeschlossen. Er erklärt im Vortrag unter anderem die toxikologische Wirkung von Cannabis auf den menschlichen Körper. Die Funktionsweise der Cannabinoide im Endocannabinoidsystem stellt er nur vereinfacht dar, womit es bereits sehr unübersichtlich wird. Seine Arbeit zielt durch das Verstehen auf die sicherere und gezieltere Anwendung für den medizinischen Gebrauch ab. Sein Name wird künftig gewiss noch häufiger in den gewissen Kreisen fallen.
Abteilung für Suchtkrankheiten vertreten durch Frau Dr. Jutta Settelmayer
Frau Dr. Jutta Settelmayer ist für die LWL Klinik- Abteilung in Münster für Suchtkrankheiten zuständig. Mit reinem Cannabiskonsum kommen fast keine Patienten zu ihr. Auch sie sieht Gefahren womit sie die größeren Gefahren jedoch bei anderen Substanzen sieht. Ihr Vortrag auf der Cannabis Fachtagung heißt nicht grundlos: „Gefahr aus Tüten? Ratio und Mythos – Cannabiskonsum aus der Sicht der Suchtmedizin und Psychiatrie“.
Münsters Ex Polizeipräsident Hubert Wimber
Hubert Wimber als Ex Polizeipräsident von Münster und LEAP Gründungsmitglied wird vielen wieder bekannter sein. Er will nicht lediglich Cannabis, sondern direkt alle Drogen entkriminalisieren und damit zugleich eine legale Versorgung etablieren. Er verweist z. B. auf Portugal. Hier wurden die Konsumenten entkriminalisiert und unterstehen nicht mehr dem Strafrecht. Siehe da, es wird bei Jugendlichen nicht häufiger und im Allgemeinen weniger riskant konsumiert. Die HIV-Raten und Zahlen der Drogentoten sind rückläufig. Dabei gibt es nur die Entkriminalisierung und noch gar kein umfassendes Konzept. Selbst das ist bereits viel besser als die Konsumentenverfolgung. Anmerkung: Portugal entkriminalisierte bereits im Jahr 2001 und hat sich einiges dabei gedacht. Ohne einen intelligenten Ansatz wären diese sensationellen Erfolge natürlich nicht möglich gewesen. Bei 15 Jahren kann jedoch sehr deutlich gesagt werden, dass es keine zufällige Schwankung in der Statistik ist. Dieses Grauzonenkonzept ist bereits besser als die gescheiterten Drogenverbote.
Stiftung für Prävention mit Dr. Hans-Jürgen Hallmann
Dr. Hans-Jürgen Hallman ist maßgeblich bei der Ginkgo-Stiftung tätig. Sein Name wird ebenfalls vielen bereits bekannt sein. Ihm geht es darum, die Gesundheit der Menschen zu erhalten. Das hohe Ziel der Abstinenz soll man dabei nicht ganz aus den Augen verlieren. Es soll den Menschen jedoch nicht aufgezwungen werden, rund 98 % der Erwachsenen sind immerhin nicht abstinent. Auch ein gesünderer Konsum wäre bereits erstrebenswert. Deswegen spricht er sich für das Modellprojekt aus, da er immerhin weiß, dass der Schwarzmarkt schlechter als ein sinnvoll regulierter Markt ist.
Wegen der Verbote muss er argumentativ Jugendlichen oder auch Erwachsenen den Konsum jeglicher verbotener Substanzen untersagen. Er darf jedoch nicht erklären, dass man gesünder und weniger oder etwas weniger Schlimmes konsumieren soll. Diese Harm Reduction Ansätze könnten für Therapeuten, Sozialarbeiter, Erzieher oder auch Lehrer bereits mit Strafanzeigen oder Jobverlust enden. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen würden seine Arbeit extrem erschweren oder sogar unmöglich machen, da der Argumentationsansatz der abstinenten Welt unhaltbar ist. Den Standpunkt der Illusion einer abstinenten Welt scheinen alle Referenten der Cannabis Fachtagung zu teilen.
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, mit Dr. Raphael Gaßmann
Dr. Raphael Gaßmann ist ebenfalls eine sehr bekannte Person in der Drogenthematik. Den Jugendschutz erklärt er einmal anders: Nicht der Schnaps kaufende Jugendliche muss sanktioniert werden, sondern der Verkäufer. Es heißt immerhin nicht Jugendbestrafung. Auch er spricht sich wie die anderen Referenten etwas oder sogar massiv für das Modellprojekt aus. Er möchte folgenden Rat mit auf den Weg geben: Preise hoch, Verfügbarkeit runter und Werbung beenden. Ihm geht es um Suchtvorbeugung, die sich mit dieser Strategie auf einem regulierten Markt am einfachsten erreichen lässt. Auf die Frage, ob nicht die weniger schädlichen Drogen leichter verfügbar sein sollen als die schädlichen Substanzen, antwortet er nicht. Er scheint jedoch auch nicht gegen solche Ideen zu sein.
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Cannabis Fachtagung in Münster