Am vergangenen Wochenende, genauer gesagt dem 6. Mai 2017, fanden im Rahmen des Global Marihuana March unter dem Titel „Legalisierung macht Sinn“ in vielen deutschen Städten Demonstrationen und Kundgebungen zum Thema Legalisierung statt. Als Hauptstadt Österreichs war auch Wien in der Liste der Städte vertreten, und als Aktivist habe ich mir dieses Event natürlich nicht entgehen lassen.
Wandern für die Legalisierung
Wegen Bauarbeiten auf der Mariahilferstraße wurde in den letzten Jahren eine Ausweichroute für den Hanfwandertag gewählt, doch da diese nun abgeschlossen sind, wurde dieses Jahr wieder auf der traditionellen Strecke gewandert. Diese beginnt auf Höhe des Westbahnhofs (einem der zentralen Bahnstationen Wiens) und die Route verläuft über die berühmte „Mariahilferstraße“, am Parlament vorbei und eine ganze Runde um die Ringstraße herum bis zum Heldenplatz. Viele Menschen, die schon einmal in Österreichs Hauptstadt waren, kennen diese Orte, denn sie werden in so ziemlich jedem Reiseführer als Sehenswürdigkeit beschrieben und sind daher weltweit bekannt, was zur Folge hatte, dass viele Schaulustige sich unserer Parade anschlossen oder zumindest interessiert den Fahnenschwenkern und Musiktrucks zusahen.
Im Folgenden werde ich versuchen, diesen speziellen Tag für Euch Revue passieren zu lassen. So viel vorweg: Es war ein magischer Tag für mich und meine Freunde, denn dieses eine Mal fühlten wir uns nicht ausgestoßen oder ausgegrenzt, sondern waren unter Menschen, die genau so dachten wie wir.
12 Uhr – Der Beginn
Da dies mein erster Hanfwandertag war, habe ich den Tag fett im Kalender markiert, im Vorfeld allen interessierten Bescheid gesagt und so eine kleine Gruppe meiner Freunde mobilisiert, um mit ihnen gemeinsam diesen Tag zu verbringen. Um 12 Uhr trafen wir uns am Westbahnhof und gingen gut gelaunt und voller Vorfreude das kurze Stück bis zum Beginn des Hanfwanderwegs. Dort angekommen bot sich uns ein sehr willkommenes Bild: T-Shirts mit Hanfmotiven wurden verteilt, Fahnen verschenkt und sogar frische Stecklinge wurden uns in die Hand gedrückt, all das begleitet von guter Musik und netten Menschen. Nach wenigen Minuten waren wir neu eingekleidet, hatten die Fahnen hoch in der Luft und rochen auch schon zum ersten Mal den verräterischen Duft, der uns nur allzu gut bekannt war. Obwohl rundherum viele Polizisten standen, schien sich die Masse nicht davon abzuhalten zu lassen, diesen besonderen Tag gebührend zu zelebrieren.
Nach ein paar Worten des Veranstalters fing auch schon die musikalische Unterhaltung an und bald erklang aus den 3 verschiedenen Paradewagen eine Mischung aus Reggae, Hip Hop und EDM. Wir genossen die Musik und tanzten, lachten und freuten uns über die Menschenmenge, bis um 14 Uhr das eigentliche Event begann.
14 Uhr – Die Zaubersteuer
Um 14 Uhr wurde die Musik durch eine weitere Ansprache des Organisators vom ÖHV unterbrochen und wenig später folgte das von mir so heiß ersehnte kollektive Singen des Liedes „Die Zaubersteuer“ von Götz Widmann. Nachdem wir gemeinsam dieses Lied gesungen und damit klargestellt hatten, was wir wollten und weshalb wir hier waren, ging es auch schon los und um 14. 30 setze sich auch der letzte Wagen in Bewegung, um mit der gut gelaunten Masse durch die Mariahilferstraße zu wandern.
14.30 Uhr – Das Wandern ist des Kiffers Lust
Gemeinsam bewegten wir uns langsam aber stetig in Richtung Ringstraße. Meine Freunde und ich befanden uns direkt hinter dem Hauptwagen aus dem laut Ganjamans Stimme erklang, denn er war es, der uns auf dieser ersten Etappe mit Musik versorgte und so erneut zum Ausdruck brachte, was jeder von uns dachte: Gebt das Hanf frei!
Neben uns standen Schaulustige mit ihren Handykameras und filmten das ganze Spektakel, was ich zum Anlass nahm, um meine Fahne noch höher und energischer zu schwenken, als zuvor. Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist, ist, dass keiner von den Passanten einen negativen Eindruck machte, im Gegenteil. Der Großteil der Zuschauer machte einen sehr fröhlich erstaunten Eindruck und niemand wandte sich von uns ab, als wir an ihnen vorübergingen. Ob alt oder jung, fast jeder hielt für einen Moment inne und betrachtete das Bild, das sich ihm hier bot. Von der guten Musik und der guten Stimmung beflügelt wanderten wir etwa eine Stunde, bis wir uns auch schon dem ersten großen Halt unserer Parade näherte: dem Parlament.
15.30 Uhr – Kundgebung beim Parlament
Vor diesem wichtigen Regierungsgebäude kam die Kolonne zu einem Halt und es folgte eine Kundgebung, die in ihrer Form direkt an die Politiker gerichtet war. Man sprach über die Situation in Österreich, das sinnlose Gesetz und die Inhaftierung des Aktivisten Willi Wallner (er sitzt seit Februar in Untersuchungshaft, weil von ihm die akute „Tatbegehungsgefahr“ des Cannabisanbaus ausgeht) und unterhielt anschließend die Menge wieder mit Musik. Für mich war diese Ansprache besonders einprägsam, denn zu diesem Zeitpunkt wurde mir schlagartig klar: Ich bin ein Cannabisaktivist und die Legalisierung ist mir ein Herzenswunsch. Meine Tage als ahnungsloser und desinteressierter Kiffer waren damit ein für alle Mal vorbei. Meinen Freunden erging es nicht anders, denn uns alle berührten die Worte des ÖHV-Vorstandes und wir schworen uns, in Zukunft noch mehr zu tun, um die Legalisierung voranzutreiben.
16.00 Uhr bis 18.30 Uhr – Gute Laune, interessante Menschen und die Universität
Um ca. 16 Uhr setzte sich die Menge wieder in Bewegung und wir zogen gemeinsam, begleitet von guter Musik und Gleichgesinnten die Ringstraße entlang. Es dauerte nicht lange, bis wir das Hauptgebäude der Universität Wien, meiner Universität, passierten und langsam weiter in Richtung Heldenplatz zogen. Zu diesem Zeitpunkt war die Menge schon etwas kleiner geworden und auch meine Freunde teilten mir mit, dass sie nun, um 18 30, ihren Heimweg antreten würden. Da meine Erwartungen bereits mehr als übertroffen waren, beschloss auch ich mich ihnen anzuschließen und so nahmen wir beim Schwedenplatz, nach etwa 2/3 des gesamten Wanderweges, unseren Abschied von der immer noch feiernden Menge.
Als ich in der U-Bahn auf dem Weg nach Hause noch einmal über das eben erlebte nachdachte, wurde mir klar, was ich die letzten Jahre verpasst hatte und ich schwor mir in Zukunft jedes Jahr auf diese Parade zu gehen.
All jenen in Österreich, die nicht in Wien wohnen kann ich nur empfehlen sich für das nächste Jahr ein Zugticket zu leisten und gemeinsam mit mir und Tausenden anderen Legalisierungs-Befürwortern erneut auf die Straßen zu gehen. Ihr werdet es nicht bereuen.
fotocredit: David Rosse (ÖHV)