Im Regierungsprogramm, Seite 44, der österreichischen Bundesregierung befindet sich folgender Passus: „Suchtmittelgesetz: Verschärfung einzelner Bestimmungen im SMG, um insbesondere Minderjährige zu schützen. Verbot des Verkaufs von Hanfsamen und Hanfpflanzen“. Es geht um eine Änderung der Suchtgiftverordnung. Hierbei handelt es sich um eine Verordnung, das heißt, die zuständige Gesundheitsministerin kann diese jederzeit ändern.
Die Suchtgiftverordnung enthält im Anhang 1
- I.1. Stoffe und Zubereitungen gemäß § 2 Abs. 1 Suchtmittelgesetz:
- I.1.a. Folgende Drogen und daraus hergestellte Extrakte, Tinkturen und andere Zubereitungen: Cannabis (Marihuana)
- Die nicht mit Blüten- oder Fruchtständen vermengten Samen und Blätter der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen. Änderung laut BGBL 292 aus 2017 vom 30.10.2017 (Rechtslage neu)
Blüten- oder Fruchtstände der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen, denen das Harz nicht entzogen worden ist, ausgenommen sind
- die Blüten- oder Fruchtstände jener Hanfsorten, die
- im Gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten gemäß Artikel 17 der Richtlinie 2002/53/EG des Rates vom 13. Juni 2002, ABl. Nr. L 193/2002, S. 1, oder
- in der österreichischen Sortenliste gemäß § 65 Saatgutgesetz 1997, BGBl. I Nr. 72/1997, in der geltenden Fassung, angeführt sind und deren Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,3 % nicht übersteigt.
- Produkte aus Nutzhanfsorten, die im ersten Spiegelstrich angeführt sind, sofern der Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,3 % vor, während und nach dem Produktionsprozess nicht übersteigt und daraus nicht leicht oder wirtschaftlich rentabel Suchtgift in einer zum Missbrauch geeigneten Konzentration oder Menge gewonnen werden kann, sowie
- die nicht mit Blüten- oder Fruchtständen vermengten Samen und Blätter der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen.
Cannabisharz (Haschisch) das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen
Dabei war geplant, den Prozentgehalt von 0,3 % auf 0,2 % zu senken – was jedoch nunmehr nicht getan wurde. Seitdem gibt es einen Boom in der CBD-Branche. Überall sprießen CBD-Geschäfte an allen Ecken und Enden des Landes aus dem Boden.
Im Lagebericht der Suchtmittelkriminalität 2017 stellt man fest, dass rund 1,7 Tonnen Cannabis beschlagnahmt wurden. Des Weiteren ist aus dem Suchtmittelbericht ersichtlich, dass sich der Reinheitsgehalt von 2008 auf 2017 bei Cannabiskraut und Marihuana von 7,2 % auf 13,9 % fast verdoppelt hat.
Auch sind im Lagebericht Suchtmittelkriminalität Plantagen ausgewiesen – gegliedert in Miniplantagen, kleine Plantagen, Mediumplantagen, große und industrielle Plantagen. Dies allein bedeutet, dass die Exekutive einen stärkeren Fokus auf diese Art der Suchtgiftkriminalität legt.
Das Cannabiskraut ist auch das einzige Suchtmittel, das in Österreich hergestellt wird; alle anderen Mittel werden aus dem Ausland importiert. Typisch bei Cannabisplantagen ist, dass normalerweise die Beweislast relativ hoch ist. Es wird zumeist eine Plantage vorgefunden, mit technischem Equipment und belastet sich der Mandant – erfahrungsgemäß – mit der ersten Aussage gleich selbst. Angegebene Mengen können im Gerichtsverfahren kaum mehr revidiert werden. Gleichzeitig schwingt der Staatsanwalt, falls man diese Verteidigungslinie vertritt, gleich die Rechtsansicht, man würde doch die Polizeibeamten verleugnen, da nunmehr behauptet wird, dass absichtlich falsch zu hohe Mengen in das Protokoll geschrieben wurden.
Was würde jetzt passieren, wenn der Verkauf von Hanfstecklingen und Hanfsamen in Österreich verboten werden würde?
Natürlich würde dies einen wirtschaftlichen Einbruch bei den diversen Anbietern geben, da aus meiner Sicht hier das Geschäft mit den Stecklingen ein zentrales Element darstellt. Geht man von einer Beschäftigungsanzahl von rund 1.000 Personen in der Growbranche aus, so würden rund die Hälfte ihren Arbeitsplatz verlieren. Das zweite Problem wäre, dass ausländische Tätergruppen nunmehr Cannabis aus dem Ausland importieren und – wie in der Vergangenheit schon vorgekommen – würden ausländische Tätergruppen dazu übergehen, eventuell das Cannabis vom Gewicht her mit Wasser angereichertem Blei zu versetzen, um höhere Verkaufspreise am Markt zu erzielen. Es kommt zu einer Vermischung der Täterkreise. Ein Großteil meiner Klientel betont immer wieder, dass es ihnen nur um Cannabis ginge, dass sie nie etwas „Hartes“ (Kokain, Heroin, Crystal Meth) angegriffen haben.
Aus meiner 15-jährigen Anwaltspraxis kann gesagt werden, dass es mehr als zwei Drittel aller Suchtmittelmandate aus der Kanzlei reine Cannabismandate sind. Diese Trennung der Vertriebswege von harten und weichen Drogen würde damit verschwinden.
Dass sich am Konsum der Österreicher etwas ändern würde, bezweifle ich stark. Letztlich würden sich primär Herr und Frau Österreicher mehr aus dem Darknet bedienen, wo auch – wenn man Cannabis bestellt – praktischerweise Heroin und Kokain zusätzlich angeboten wird.
Die Ermittlungsarbeit der Polizei wäre wesentlich erschwert, da österreichische Homegrower sicher leichter zu verfolgen sind, als ausländische Tätergruppen bzw. Darknethändler.