Wegen Cannabiskonsum, der mehrere Monate nach der Legalisierung in privatem Rahmen stattfand, wollten die New Yorker Behörden einer Mutter das Kind wegnehmen. Die Frau zieht vor Gericht und gewinnt den Prozess. Nun soll die Stadt ihr eine Entschädigung von 75.000 US-Dollar zahlen.
Der Jugendschutz ist einer der zentralen Punkte, mit denen der Gesetzgeber sich im Zuge der Entkriminalisierung von Cannabis auseinanderzusetzen hat. Diese Gesetzesreform ist sehr umfangreich und umfasst mehr Aspekte als man im ersten Moment denken mag. Selbstverständlich dürfen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nicht Mitglied eines Anbauvereins werden, sie können Cannabis nicht legal erwerben und auch der Konsum bleibt für sie illegal.
Das allerdings ist nur die Spitze des Eisbergs, denn auch Dinge wie Werbeverbote, Konsum im öffentlichen Raum oder vor Minderjährigen generell, und noch viele weitere Details müssen bedacht werden. Nicht nur bei uns in Deutschland ist dieses Thema Jugendschutz in Verbindung mit Cannabis aktuell. Wie ein Fall aus den USA zeigt, gibt es auch in anderen Teilen der Welt noch Klärungsbedarf.
Eingreifen der Behörden trotz legalem Konsum
Im US-Bundesstaat New York wurde im Jahr 2021 ein Gesetz verabschiedet, das Cannabis als Genussmittel legalisiert und die kontrollierte Herstellung und Abgabe von Cannabisprodukten an erwachsene Konsumenten reguliert hat.
Etwa fünf Monate, nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist, hatte Chanetto Rivers, eine Frau aus der Bronx, bei einer Familienfeier Cannabis konsumiert. Kurze Zeit später bekam sie Wehen und begab sich für ihre Entbindung in ein Krankenhaus. Wie es in Kliniken oft üblich ist, wurde Rivers vom Personal gefragt, ob sie Gebrauch von Alkohol oder Drogen gemacht hat. Sie antwortete ehrlich und erzählte vom kurz zuvor erfolgten Cannabiskonsum.
Im Krankenhaus noch wurde das Neugeborene und die Mutter einem Drogentest unterzogen, der entsprechend positive Resultate hinsichtlich Cannabis aufwies. Die New Yorker Administration for Children’s Services (ACS – entspricht dem deutschen Jugendamt) hatte sich daraufhin eingeschaltet und mitgeteilt, dass man einen Fall der Vernachlässigung und der Kindeswohlgefährdung eröffnet habe und dass das Kind bei einer Pflegefamilie untergebracht werden soll.
Cannabis kurz vor der Entbindung – kein Grund für Sorgerechtsentzug
Es stellt sich an dieser Stelle nicht die Frage, ob der Cannabiskonsum von Chanetto Rivers im schwangeren Zustand in Ordnung gewesen ist, denn das ist sicher nicht der Fall. Vor allem das Rauchen stellt ein Risiko für das ungeborene Kind dar. Trotzdem müssen bei dem Vorgehen der ACS gegen die Mutter vorrangig zwei Punkte beachtet werden. Allem voran das Interesse des Kindes, und dann natürlich die exakte rechtliche Situation.
Die Tatsache, dass die Mutter schwanger Cannabis konsumiert hat und das Kind auf diesem Weg ebenfalls die Wirkstoffe im Körper hatte, lässt keinen Rückschluss zu, ob sie das Kind, ebenfalls dem Rauch von Cannabis aussetzen und es damit gefährden würde. Daher kann man nicht davon ausgehen, dass es im Interesse des Kindes ist, von seiner Mutter getrennt zu werden.
Der rechtliche Aspekt macht den Fall noch etwas eindeutiger, denn nach den Richtlinien der ACS sind Cannabiswirksubstanzen im Körper des Babys kein ausreichender Grund, um der Mutter das Kind zu entziehen. Hierfür müsste ganz klar eine Beeinträchtigung des Gesundheitszustands des Babys festgestellt werden, was in diesem Fall nicht zutreffend war.
75.000 Dollar als Entschädigung für Behördenwillkür
Im Mai dieses Jahres verklagte Chanetto Rivers die Stadt New York, da sie der ACS rassistische Motive wegen ihrer dunklen Hautfarbe unterstellte. Die Behörde steht schon längere Zeit in der Kritik, schwarze Familien schlechter zu behandeln als weiße, wie ein Beitrag in der New York Times berichtete.
Das Gericht gab Rivers recht und sprach ihr eindeutig das Sorgerecht für ihr Kind zu. Doch nicht nur das, die offensichtlich willkürlich handelnde Behörde ACS strebte ihrerseits einen Vergleich mit Rivers an, um die Angelegenheit gütlich zu bereinigen. Als Entschädigung für das unrechtmäßige Vorgehen durch die Behörde soll die Stadtverwaltung von New York die Frau aus der Bronx nun mit einer Summe von 75.000 US-Dollar entschädigen. Wie Rivers’ Anwältin, Niji Jain, vermutet, will man vermeiden, dass noch mehr Dinge zutage gefördert werden, die vielleicht auf rassistisch motivierte Willkür der ACS hindeuten.