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Ende 2018 hat das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz in seinem Erlass zur Geschäftszahl BMASGK-75100/0020 zur Rechtslage im Umgang mit CBD-haltigen Extrakten in Lebensmitteln und Kosmetika Stellung genommen.
Zum Einsatz von CBD in Kosmetikprodukten hat das Ministerium Folgendes festgehalten:
„Betreffend den Einsatz von Cannabis und daraus hergestellten Extrakten in kosmetischen Mitteln ist auf Artikel 14 Abs. 1. lit. a in Verbindung mit Anhang 2 Nr. 306 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 zu verweisen. In dieser Liste von Stoffen, die in kosmetischen Mitteln verboten sind, werden natürliche und synthetische Betäubungsmittel genannt. Dies ist jeder Stoff, der in den Tabellen I und II des UN-Einheitsübereinkommens über Suchtmittel (ESK 1961) aufgezählt ist, somit auch Cannabis und daraus hergestellte Extrakte. Ein Inverkehrbringen ist damit nicht zulässig.“
Das Ministerium ist somit überzeugt, dass das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln, die Cannabis und daraus hergestellte Extrakte enthalten, generell unzulässig ist. Zu diesem Schluss gelangt das Ministerium durch einen Verweis auf die Kosmetik-Verordnung, welche wiederum auf die internationale Suchtgiftkonvention aus dem Jahr 1961 Bezug nimmt. Näher begründet wurde diese Ansicht nicht und die rechtliche Situation scheint durch die Verweise für das Ministerium eindeutig zu sein.
Sieht man sich aber die zitierten Bestimmungen der Kosmetik-Verordnung und der Suchtgiftkonvention 1961 genauer an, gelangt man zu dem Ergebnis, dass die Rechtslage nicht ganz so klar ist, wie sie das Ministerium in ihrem Erlass darstellt. Die nachfolgenden Überlegungen beziehen sich auf Unionsrecht und internationale Abkommen, weshalb diese in allen Ländern der Europäischen Union gelten.
Die Kosmetik-Verordnung
Der Erlass verweist in erster Linie auf die Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 („Kosmetik-Verordnung“).
Die Kosmetik-Verordnung enthält Vorschriften, die jedes in der EU auf den Markt gebrachte kosmetische Produkt erfüllen muss. Ein Kriterium für den Verkauf ist, dass das Produkt keine verbotenen Stoffe enthält. In der Verordnung werden als verbotene Stoffe auch natürliche und synthetische Betäubungsmittel aufgezählt und darunter alle Stoffe verstanden, die in der Suchgiftkonvention 1961 aufgezählt sind.
Allein aus der Kosmetik-Verordnung wird man also nicht schlau. Man muss zusätzlich die Suchgiftkonvention 1961 lesen, um beurteilen zu können, ob die Verwendung von CBD in Kosmetikprodukten verboten ist.
Die Suchtgiftkonvention 1961
In der Suchgiftkonvention werden als Suchtgifte Cannabis, Cannabisharze, Extrakte und Cannabistinkturen aufgeführt. Auf den ersten Blick könnte man daher zunächst annehmen, dass die Rechtsansicht des Ministeriums stimmt: Cannabis wird in der Suchgiftkonvention aufgelistet und stellt damit einen verbotenen Stoff nach der Kosmetik-Verordnung dar.
Ganz so einfach ist es aber nicht: Es muss vielmehr unterschieden werden, was umgangssprachlich mit Cannabis gemeint ist und was die Suchtgiftkonvention unter dem Begriff „Cannabis“ versteht. Nach der Konvention werden vom Begriff „Cannabis“ nämlich nicht pauschal sämtliche Produkte sowie Be- und Verarbeitungen der Cannabispflanze erfasst.
Die Konvention bezeichnet als „Cannabis“ nämlich die Blüten- oder Fruchtstände der Cannabispflanze, denen das Harz nicht entzogen worden ist. Davon ausgenommen sind die nicht mit solchen Ständen vermengten Samen und Blätter. Unter „Cannabispflanze“ wird jede Pflanze der Gattung Cannabis verstanden.
Einfach gesagt bedeutet das, dass Samen und Blätter der Cannabispflanze und Blüten oder Fruchtstände der Cannabispflanze, denen das Harz entzogen wurde, nicht unter den Cannabisbegriff der Konvention fallen. Für den Einsatz von CBD in der Kosmetik heißt dies, dass CBD aus den Samen und Blättern zulässig ist, sofern die Samen und Blätter nicht mit den Blüten und Fruchtständen vermengt waren. Sollte das Harz aus den Blüten und Fruchtständen aber bereits entzogen sein, dann wäre auch die Vermengung kein Problem.
CBD aus Cannabisblüten und -fruchtständen ist dagegen dem Wortlaut der Suchgiftkonvention 1961 nach unzulässig (außer das Harz wurde bereits entzogen). Unseres Erachtens lässt sich aber argumentieren, dass auch CBD aus den Blüten und Fruchtständen in der Kosmetik eingesetzt werden darf. Für die Interpretation und Auslegung eines Gesetzes kommt es nämlich nicht immer nur auf den genauen Wortlaut an, sondern man muss sich zusätzlich überlegen, mit welchem Hintergrund und zu welchem Zweck eine Rechtsvorschrift erlassen wurde.
Ziel und Zweck
Die Suchgiftkonvention verfolgt jedenfalls nicht das Ziel, Hanf pauschal und ohne Differenzierung als verboten zu erklären. Der hauptsächliche Hintergrund der Konvention war es vor allem, gegen den Missbrauch von Suchgiften vorzugehen.
Auch ein von den Vereinten Nationen erstellter Kommentar zur Konvention geht von einem solchen Verständnis aus, wenn es darin z. B. heißt, dass unter anderem Hanf Quelle häufig missbrauchter Substanzen ist. Dass es nicht das Ziel der Konvention war, Hanf generell zu verbieten, zeigt schon allein die ausdrückliche Zulässigkeit von Hanfsamen und der Cannabispflanze. Diese Ausnahme gibt es deshalb, weil von den Samen und der Cannabispflanze kein Risiko ausgeht, dass diese als Suchtgift missbraucht werden. Diesen Gedanken muss man auch auf Nutzhanf übertragen, dessen THC-Gehalt durch aufwendige Züchtung stark reduziert wurde: Wenn es nicht möglich ist, daraus mit wirtschaftlich sinnvollen Mitteln Suchtmittel herzustellen, dann widerspricht es Ziel und Zweck der Konvention, wenn auch die Blüten von Nutzhanf den Beschränkungen der Konvention unterliegen würden. Die Konvention zielt ausdrücklich darauf ab, den Konsum und die Verbreitung von Suchtmitteln zu verhindern. Auch in der Kosmetik-Verordnung werden ausdrücklich nur Betäubungsmittel genannt, die als Inhaltsstoff von kosmetischen Mitteln verboten sind.
Außerdem geht auch die EU selbst davon aus, dass bestimmte Cannabissorten unbedenklich sind. Der gemeinsame Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten enthält derzeit über 60 verschiedene zugelassene Sorten der Gattung Cannabis sativa L. Der Anbau wird von der EU sogar finanziell gefördert, sofern der THC-Gehalt der verwendeten Sorten nicht mehr als 0,2 % beträgt.
Es wäre widersprüchlich, würde die EU mehr als 60 Sorten zulassen und den Anbau finanziell fördern, die Nutzhanfsorten gleichzeitig aber als verbotenes Betäubungsmittel und als verbotene Inhaltsstoffe in kosmetischen Mitteln erklären.
Unserer Ansicht nach müsste man daher entgegen dem Erlass des Ministeriums argumentieren, dass CBD aus den Blüten und Fruchtständen der Cannabispflanze in kosmetischen Mitteln erlaubt ist, wenn durch den niedrigen Gehalt an THC sichergestellt ist, dass ein Missbrauch als Suchtgift ausgeschlossen ist. Die Ansicht der Autoren wird im Übrigen auch durch die Empfehlung der WHO vom Sommer 2018 bekräftigt, CBD von sämtlichen internationalen Abkommen zur Drogenkontrolle auszunehmen.
Zusammengefasst bedeutet das, dass CBD aus Cannabisblüten und Fruchtständen nach dem Wortlaut der einschlägigen Rechtsvorschriften unzulässig ist. Unseres Erachtens muss man aber auch den Zweck betrachten, warum diese Rechtsvorschriften eingeführt wurden, womit man eigentlich zu dem Ergebnis kommen müsste, dass CBD aus Cannabisblüten in der Kosmetik eingesetzt werden darf.
Über den Autor
Georg Männl ist Rechtsanwalt in Wien, Berater des Wirtschaftsverbands Cannabis Austria und betreut zahlreiche Unternehmen der Cannabisbranche.
Julia Gaggl ist Rechtsanwaltsanwärterin in Wien und betreut zahlreiche Unternehmen der Cannabisbranche.