Mit der Freigabe von Cannabis als Genussmittel verändern sich einige rechtliche Dinge. So steht selbstverständlich auch wieder einmal der THC-Grenzwert für Kraftfahrer auf der Agenda. Schon lange wird von verschiedensten Seiten kritisiert, dass dank der geringen Menge von nur einem Nanogramm im Blut ein gewöhnlicher Konsument noch nach Wochen des Cannabiskonsums seinen Führerschein verlieren kann, obwohl er nicht unter Rauscheinfluss am Straßenverkehr teilgenommen hat.
Dies kann große Auswirkungen für den Betroffenen mit sich bringen, wird die Erlaubnis zum Fahren beispielsweise auch aus beruflichen Gründen benötigt. Auch dass diese niedrige Messlatte willkürlich gewählt scheint, wird seit Langem kritisiert. Wohl auch aus diesem Grund und im Hinblick auf die angepeilte Legalisierung des natürlichen Rauschmittels fand im Vorfeld erneut eine Diskussion statt, die eine Anhebung des THC-Grenzwertes für Fahrzeughalter zum Ziel hat.
Der Deutsche Anwaltverein stimmt zu
Stimmen des Deutschen Anwaltvereins sehen in der bisherigen Sanktionierung von Cannabiskonsumenten im Straßenverkehr eine nicht sachgemäße Behandlung der Betroffenen. Andreas Krämer sagt sogar, dass der bisherige Grenzwert der THC-Konzentration nichts tauge. Er würde nichts über die tatsächliche Fahrtüchtigkeit aussagen. Stattdessen wäre es sinnvoll, dass der Wert wie bei Alkohol festgelegt würde, sodass nur wirklich berauschte Fahrer mit Strafen zu rechnen hätten.
Zustimmung diesbezüglich gibt es von Siegfried Brockmann, dem Leiter der Unfallforschung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, der darauf hinweist, dass das berauschend wirkende Cannabinoid bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Reaktionen auslösen würde. Somit eine andere Wirkung als Alkohol habe. Aus diesem Grund plädiert er auf eine Abkehr von der Ein-Nanogramm-Regel, die auf dem kleinsten mit Sicherheit nachweisbaren Wert beruht, und fordert einen THC-Grenzwert für motorisierte Verkehrsteilnehmer in Höhe von drei Nanogramm pro Milliliter Blut. Studien würde davon zeugen, dass erst bei einem Wert von zwei bis vier Nanogramm pro Milliliter Blut von einer Beeinträchtigung gesprochen werden könnte.
Thema auf dem Verkehrsgerichtstag
Auf dem 60. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar sorgte vom 17. bis 19. August somit unter anderem das Thema Cannabis im Straßenverkehr für Gesprächsstoff. Es sollte dabei die Frage geklärt werden, ob Cannabis und Alkohol eine Gleichbehandlung verdient hätten. Hierfür wurden neue wissenschaftliche Erkenntnisse zurate gezogen, um zu klären, ob der Grenzwert noch als aktuell verstanden werden kann. Auch dem möglichen Problem des medizinischen Einsatzes wollte man auf der Tagung mit Experten auf den Grund gehen.
Helmut Trentmann, der Präsident Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr e. V. aus Hamburg, hatte die Leitung während dieser Themenrunde übernommen. Dr. Holger Niehaus, Richter am Landgericht Düsseldorf, Casten Staub, ein Fachanwalt für Straf- und Verkehrsrecht sowie Prof. Dr. Stefan Tönnes, der Leiter der Abteilung Forensische Toxikologie am Institut für Rechtsmedizin, sprachen unter anderem als Referenten über die Tatsachen.
Empfehlungen für den Gesetzgeber
Am Freitag, dem 19. August, hat der Deutsche Verkehrsgerichtstag sein Ende gefunden und mit einer Empfehlung an den Gesetzgeber aufgewartet, wie man künftig sinngemäß mit Cannabis im Straßenverkehr umgehen könnte. Der Präsident des Bundes gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr, Helmut Trentmann, ging laut Berichterstattung der Tagesschau davon aus, dass sich nach der Legalisierung Fahrten unter Cannabiseinfluss erhöhen werden. Daher wäre er für eine breit angelegte Aufklärung aller Verkehrsteilnehmer und forderte auch eine stärkere Durchführung von Alkohol- und Drogenkontrollen.
Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club e. V. – kurz ADAC – sprach sich im Vorfeld schon dafür aus, dass an der alten Regelung von einem Nanogramm THC festgehalten werden sollte. Grund hierfür wäre durch die unklare Dosis-Wirkung-Beziehung gegeben. Die Sicherheit im Straßenverkehr dürfe nicht zur Disposition stehen, wurde ein Sprecher auf dem Portal der Nachrichtenseite zitiert. Nach der Diskussion hat sich auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag wurde nun aber seitens der Teilnehmer die Empfehlung an den Gesetzgeber ausgesprochen, dass man den THC-Grenzwert erhöhen sollte.
Gründe für eine Veränderung
Laut dem Verkehrsgerichtstag könne man mit dem derzeitigen Grenzwert zwar den Nachweis des Konsums erbringen, aber da der Wert so niedrig angesiedelt wäre, wäre es nicht möglich, Rückschlüsse zu ziehen, ob die Verkehrssicherheit tatsächlich beeinflusst sei. Dies führe in der Praxis dazu, dass die betroffenen Fahrzeugführer „in einem nicht vertretbaren Umfang“ sanktioniert werden würden, obwohl sich bei ihnen aus wissenschaftlicher Sicht die Verminderung der Fahrsicherheit nicht stichfest begründen ließe. Man solle daher den derzeitigen Wert „angemessen“ heraufsetzen, um das Dilemma zu beheben. Eine konkrete Zahl bezüglich der Erhöhung des THC-Grenzwertes wurde aber vom Deutschen Verkehrsgerichtstag nicht genannt.