Der große Aufschwung in der legalen Cannabisbranche kann theoretisch mit dem Aufkommen der verschiedenen Produkte mit Cannabidiol in Verbindung gebracht werden. Während Rausch-Cannabis bisweilen noch immer verboten ist, konnten schon vor knapp zehn Jahren die ersten Hanföle mit CBD bei unterschiedlichen Händlern erworben werden, bis sie sogar ihren Weg hinein in große Drogerien und Discounter fanden. Dass das nicht berauschend wirkende, dafür aber mit einigen positiven gesundheitlichen Eigenschaften in Verbindung stehende Cannabinoid die Stimmung bezüglich Cannabis im Allgemeinen ein gehöriges Stück veränderte, schien jedoch nicht im Sinne politischer Kräfte zu stehen.
Schnell wurden Regeln wie die Novel-Food-Definition in der EU durchgesetzt, die verlangten, dass Nahrungsmittel nachweislich vor 1997 gebräuchlich waren, ansonsten müssten spezielle Anträge von Produzenten gestellt werden, die mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden sind. So wurde der legale Verzehr von CBD-Ölen aufseiten der Nutzer schwieriger gestaltete und Hersteller wie Händler durften die Einnahme der Tropfen nicht länger empfehlen.
Oft wurde die Staatsmacht auch in Deutschland aktiv, um Waren von Groß- und Einzelhändlern zu beschlagnahmen und selbst Gerichtsurteile, die Verkäufer von CBD-Blüten glimpflich davon kommen ließen, wurden nachträglich wieder zurückgezogen. Auf dem CBD-Markt hat man es somit aktuell nicht ganz leicht, seinen Geschäften ohne Gefahren nachzugehen, wie ein neues Urteil aus Gießen wieder einmal mehr bescheinigt. Hier wurde ein weiteres Mal die Betrachtung untermauert, dass Hanföle mit CBD als Arzneimittel einzustufen sind.
Lebensmittelbehörde handelte rechtswidrig
In dem speziellen Fall eines Geschäftes im Vogelsbergkreis wurde den Betreibern seitens der Lebensmittelbehörde per Bescheid aufgetragen, eine spezielle Charge eines vertriebenen CBD-haltigen Hanföls nicht länger zu verkaufen. Ebenfalls sollten an Kunden ausgelieferte Waren dieses Produktes sofort zurückgerufen werden. Insgesamt forderte man, dass der Verkauf von jeglichen Hanfölen, die den aus Hanf gewonnenen Wirkstoff CBD enthielten, eingestellt gehöre. Begründet wurde dies von der Lebensmittelbehörde, mit der These, dass es sich bei den Ölen um neuartige Lebensmitte handle, die nach europäischen Recht somit einer Zulassungspflicht unterlägen.
Zudem wurde angeführt, dass die Waren dazu auch noch insgesamt als gesundheitsschädlich betrachtet werden würden. Doch dagegen klagte man vor dem Verwaltungsgericht Gießen und bekam jetzt in gewisser Form Recht von den dort beschäftigen Richtern, berichtet die Frankfurter Neue Presse. Es wurde nämlich festgestellt, dass nicht die Lebensmittelbehörde zuständig gewesen wäre, um einen solchen Bescheid zu verschicken. Dagegen wäre es Aufgabe der Arzneimittelbehörde, die seit diesem Jahr in Hessen das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege genannt wird, sich um den Fall zu kümmern.
Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts betrachtet CBD-haltige Hanföle nämlich als Arzneimittel, genauer gesagt als sogenannte Funktionsarzneimittel, weil die Produkte schließlich pharmakologische Eigenschaften besäßen. Daher wären die Rechtsgrundlagen, auf die man sich im Vogelsbergkreis bezüglich des Lebensmittelrechtes gestützt hatte, in diesem Fall nicht anwendbar.
Erneute Einstufung von CBD als Arzneimittel
Schon vor über einem Jahr sah auch das Verwaltungsgericht Köln die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte getätigte rechtliche Einstufung von CBD als Arzneimittel als richtig an. Denn auch in diesem Fall wurde eingeschätzt, dass es faktisch zutreffend wäre, dass CBD aufgrund der Nutzung in zugelassenen Arzneimitteln auch in allen anderen Produkten eine pharmakologische Wirkung besitzen müsse.
Definiert wurde in diesem Urteil noch genauer, dass diese Wirkung sich schon unterhalb einer vermuteten Wirksamkeitsschwelle des Wirkstoffs von Schritt zu Schritt aufbauen könne. Nicht erst nach dem Erreichen einer gewissen Schwelle würde davon ausgegangen werden können, dass eine Wirkung abrupt einsetze. Leicht witzig klang es hier auch, dass die Produkte des Unternehmens nicht als bloße Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel betrachtet werden könnten, da es nicht bekannt wäre, ob CBD überhaupt zur Ernährung eingesetzt werden könne.
Es wird also wirklich Zeit für die Legalisierung von Cannabis in Deutschland und einen vollständig veränderten Umgang mit der seit tausenden von Jahren von Menschen genutzten Pflanze Hanf. Diese Schlussfolgerung sollte bei derartigen Gerichtsgeschichten tatsächlich langsam eindeutig verstanden werden können.