Hanf wird nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung fast immer mit dem Entzug vom Führerschein, hohen Geldbußen und psychologischen Tests sanktioniert. Auf wissenschaftlich unhaltbarer Grundlage und am Lenkrad von Fahrzeugen wohlgemerkt, was sich hoffentlich bald durch die Einführung neuer THC-Grenzwerte ändert.
Aber was gilt eigentlich bei Cannabiskonsum und Fahrrad fahren? Besoffen im Sattel geht auch nicht, wenn die Polizei gerade mit der Kelle am Straßenrand winkt – welche Vorschriften sind nach der Marihuana Legalisierung für Touren auf dem Drahtesel zu beachten?
Bekiffte Kampfradler im Visier der Polizei
Auf Streife und während einer Verkehrskontrolle beobachten unsere Freunde und Helfer ganz genau, wer sich wie auf deutschen Straßen bewegt. Neben Handy am Steuer, Vollgas oder Schlangenlinien rückt nun auch Cannabis ins Fadenkreuz und die Beamten wollen streng kontrollieren. Mit roten Augen Fahrrad fahren ist ab sofort höchst verdächtig, Nuscheln ohnehin und als lahm interpretierte Reaktionen sind nach Meinung der Cops klare Hinweise auf Hanfkonsum. Für den gibt es beim Radeln jedoch aktuell keinerlei Verbot und das stört Leute wie den Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft enorm.
Stefan Pfeiffer, seines Zeichens Vorsitzender der Fachkommission für Verkehrssicherheit, möchte so gerne auch mal Legislative spielen und Fahrradfahrern wegen THC am liebsten eine Ordnungswidrigkeit von mindestens 500 € abknöpfen. Regelrecht „geschockt“ und bis ins Mark erschüttert seien die Kollegen angesichts der bisher fehlenden Sanktionen, die Pfeiffer zur Not auf Basis von Ausnahmeregeln trotzdem durchdrücken will. Strafen rund ums Radeln sind in Deutschland nämlich auch vollkommen unabhängig von berauschenden Substanzen drin – wenn die Polizei das vor Ort für nötig hält!
Gegen entsprechende Bußgelder lässt sich allerdings klagen und nach der Cannabislegalisierung mit Sicherheit vor Gericht öfter gewinnen als jemals zuvor. Aus dem Verkehrsausschuss vom Bundestag kommen zudem Signale, die keine Verschärfung vermuten lassen, schließlich geht es den Abgeordneten bei Anpassungen im Straßenverkehr um mehr Realismus und weniger sinnlose Gängelei durch geltungsbedürftige Ordnungshüter. Mag sein, dass Stefan Pfeiffer nach Luft schnappt und enttäuschte Kollegen trösten muss, aber immerhin verzichtet der Gewerkschaftler auf die sonst übliche Anti-Hanf Diskriminierung und wünscht sich saftige Strafen für alle Bürger und alle berauschenden Genussmittel beim Fahrradfahren.
Von der Kneipe nach Hause radeln: Bis zu 1,6 Promille sind offiziell erlaubt
Solche Werte reichen bei manchen Leuten schon für Notaufnahme und Alkoholvergiftung und eine kräftige Absenkung der Strafbarkeit erscheint rund ums Saufen viel notwendiger als die Einführung frischer Sanktionen wegen Hanf im Blut. Die Polizeigewerkschaft will beim Fahrradfahren maximal 1,1 Promille, benennt jedoch zum Thema Cannabinoide wie gewohnt keine konkreten Limits, die sich ohnehin kaum wirklich sinnvoll festlegen lassen. Man verlegt sich auf Mutmaßungen, hat weder Studien noch statistische Belege aus anderen Ländern zu bieten – zum THC gibt’s auf der Wache weiterhin nur gruselig klingende Vermutungen statt empirische Fakten.
Knackpunkt oder nach Sicht der Polizei nützliche Nische scheint auch an Lenker und Klingel die lange Nachweisbarkeit von Cannabis zu sein. Man kann nur hoffen, dass ausgerechnet in Zeiten der überfälligen Freigabe keine neuen Strafen im Gesetzbuch auftauchen, die sich früher nicht mal die CDU/CSU in Regierungsverantwortung ausdenken konnte.
Regulierung und Gleichbehandlung im Verkehr
Nach dem Konsum von Cannabis mit dem Auto fahren wird im Moment schon ab 1,0 Nanogramm THC /ml Blutserum sanktioniert, das entspricht ungefähr 0,2 Promille Alkohol. Die Bundesregierung will den Wert auf 3,5 Nanogramm THC /ml anheben und Berichten zufolge auch in Zukunft auf Maßnahmen gegen radelnde Verkehrsteilnehmer verzichten. Wird die Anpassung so beschlossen und falls man es im Verband der Polizei mit der Gleichbehandlung von Rausch im Verkehr wirklich ernst meint, müssten Pfeiffer und Kollegen die zum Alkohol geforderten 1,1 Promille also in mindestens 6 Nanogramm THC/ml umrechnen.
Wegen einer generell sehr individuell unterschiedlichen Wirkungsweise der Cannabinoide, potenzieller Behördenwillkür und fehlender Beweise für mehr Unfälle durch Hanf raten fachlich versierte Toxikologen: Finger weg von Bikern, die lieber Gras rauchen, als Bier trinken. Fährt jemand mitten in der Nacht Stop-and-Go oder balanciert auf dem Lenker im Schritttempo, soll eine Überprüfung natürlich erlaubt sein, doch pauschales Strafen und Verdächtigen eben nicht – und auch kein Schikanieren aus Lust und Laune, wenn jemand ohne Ausfallerscheinungen das Fahrrad an einer Polizeikontrolle gemütlich nach Hause schiebt.