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Was jedem bekannt sein dürfte: Wir leben im digitalen Zeitalter. In Zeiten, in denen man problemlos Dinge wie Schuhe über das World Wide Web zu sich nach Hause bestellen kann, bleibt es natürlich nicht aus, dass man selbstverständlich auch auf die Idee kommt, sich das eine oder andere zum Naschen über dieses Medium zu bestellen. Und wie das so ist, wo Nachfrage herrscht, bildet sich auch schnell ein Angebot heraus.
Stand heute sind nicht wenige bereits auf ebendiese Verkaufsstrategie gestoßen, teilweise über das Open-Web, teilweise über das Darknet. Nicht allzu lange her ist die Geschichte eines jungen Mannes aus Leipzig, der aus seinem Kinderzimmer heraus einen florierenden Handel mit einer erlesenen Vielzahl von Drogen betrieb. Dem ein oder anderen dürfte dies unter dem Namen „Shiny flakes“ ein Begriff sein. Gut ging diese Geschichte übrigens nicht aus. 7 Jahre Jugendstrafe standen am Ende der Verhandlung – bei 10 Jahren Maximalstrafe im Jugendstrafrecht schon ein Wort.
Wie funktioniert Online-Handel, und ist er verboten?
Dies lässt sich im Grunde einfach beantworten. Der Online-Handel mit Betäubungsmitteln verläuft letztlich nicht anders, als etwa Bestellungen über Amazon oder Ähnliches. Man schreibt den Verkäufer oft per E-Mail an und gibt seine Bestellung ab. Die Ware wird dann an eine anzugebende Adresse versandt. Oftmals weicht man dabei in das Darknet aus, denn das ist anonymer als das World Wide Web. Auch beliebt ist mittlerweile die Zahlung per Bitcoins, je nach Menge und Art der gewünschten Nascherei. Viele gehen dabei über Bewertungen, wobei das auch täuschen kann – da man in Vorlasse geht, kann es gut passieren, dass man am Ende leer da steht.
Selbstverständlich handelt es sich auch im Darknet nicht um rechtsfreie Räume. Der Handel über das Netz ist genauso strafbar, wie auf der Straße. Die Straftatbestände des Betäubungsmittelgesetzes greifen somit gleichermaßen, auch wenn der „Versandort“ im Ausland ist.
Wie macht man sich strafbar?
Das kommt – wie immer – auf die einzelnen Umstände an. Solche Umstände sind natürlich die Menge an bestellten Betäubungsmitteln, wie auch das, was man damit vorhat. Bei der Bestellung kleinerer Mengen aus dem Inland kommt stets eine Strafbarkeit wegen Erwerbs in Betracht. Dabei bleibt es auch grundsätzlich dann, wenn man „nur“ seine 5 g Gras zum Eigenverbrauch erwirbt. Nach unseren Erfahrungen werden die staatsanwaltschaftlichen internen Einstellungsrichtlinien – z. B. bei einem Ersttäter, der unter 10 g Gras für den Eigenkonsum erworben hat – aber auch hier angewendet und auf unsere Anregung hin erfolgt meistens die Einstellung des Verfahrens.
Anders sieht es natürlich aus, wenn man sich eine etwas größere Menge liefern lässt. Die Staatsanwaltschaft geht dabei regelmäßig davon aus, dass man diese gewinnbringend weiter verkaufen will. Die Mengen sind dabei von Staatsanwaltschaft zu Staatsanwaltschaft verschieden. Es erfolgt dann eine Anklage wegen Handeltreibens. Hat man darüber hinaus keinen Job, wird angenommen, dass man den Handel zur Unterhaltung des Lebensunterhaltes betreibt. Die Polizei geht dann von einem gewerbsmäßigen Handeltreiben aus. Dort beträgt die Mindeststrafe – auch bei einer „normalen“ Menge – gem. § 29 Abs. 3 BtMG Freiheitsstrafe ab 6 Monaten.
Sobald man Mengen ab etwa 100 g oder sogar im Kilogramm-Bereich bestellt und geliefert bekommt, bewegt man sich strafrechtlich in anderen Sphären. Die Mindeststrafe beträgt gem. § 29 a BtMG sofort 1 Jahr Freiheitsstrafe, sobald der Wirkstoffgehalt 7,5 g THC erreicht. Über Eigenkonsum muss man bei solchen Mengen auch nicht mehr reden. Wichtig ist, dass bereits die „Anbahnung“ des Geschäftes, also über Menge und Preis zu mailen, strafrechtlich Handelstreiben darstellt! Bei großen ist es also vollkommen egal, ob es überhaupt zu einer Versendung kommt.
Schließlich kann man sich auch wegen unerlaubter Einfuhr nach § 29 BtMG strafbar machen. Dies ist stets dann gegeben, wenn man Ware aus dem Ausland, vornehmlich den Niederlanden, liefern lässt. Bei nicht geringen Mengen redet man dann schon über Freiheitsstrafen von mindestens 2 Jahren. Dabei ist es unerheblich, dass man das Material überhaupt nicht selbst einführt – die Veranlassung der Einfuhr durch Dritte – z. B. per Post – reicht völlig aus.
Wie kommt die Polizei einem auf die Schliche?
In der Regel erfolgt zunächst eine Hausdurchsuchung aufgrund eines anonymen Hinweises eines Nachbarn, Freundes oder Kunden des Versandhändlers. Es werden dann sämtliche technischen Geräte – Handys, Laptops, IPads etc. – mitgenommen. Auf dem Rechner findet die Polizei dann Dateien mit den Empfängerdaten. Oftmals werden mithilfe von Excel-Dateien die Bestellungen aufgelistet und sogar farblich gekennzeichnet. Im Fall von „Shiny“ stand Grün dabei für „Bezahlt und versendet“.
In solchen Listen werden dann auch die E-Mail-Adressen und die Adressen geführt, an die die Bestellung gesendet wurde. Wenn die E-Mail-Adressen Klarnamen aufweisen oder z. B. „offiziell“ sind (Universität oder vom Arbeitgeber) oder die Adressen mit den Bewohnern übereinstimmen, wird man sofort Beschuldigter. Unangekündigte Wohnungsdurchsuchungen sind anschließend vorprogrammiert. Vielfach werden auch Postsendungen – etwa bei der Post oder dem Zoll – abgefangen und der Empfänger kann auf diese Weise ermittelt werden.
Ist meine Täterschaft erwiesen, wenn die Ware an meine Adresse adressiert war?
Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Ein unmittelbarer Beweis, dass man die Ware bestellt und auch erhalten hat, ist nicht vorhanden, wenn man die Adresse des Empfängers kennt. Es kommt dann auf sämtliche Umstände an, die der Beweiswürdigung des Gerichtes unterliegen. Dieses muss sämtliche Indizien würdigen. Die Ergebnisse hängen dabei vom Gewicht der Indizien ab.
Man kann jedoch eine gewisse Tendenz erkennen. Wenn über den Bestellvorgang selbst nichts bekannt ist, stellen viele Staatsanwaltschaften die Verfahren auf unsere Anregung hin ein. Wenn wie im obigen Fall Namen und Adressen der Empfänger gefunden werden, ist dies zunächst mal ein Indiz dafür, dass genau diese Personen auch die Bestellung vorgenommen hat. Oftmals kann es jedoch auch Anhaltspunkte dafür geben, dass eine andere Person die Ware an die Adresse des Beschuldigten hat verschicken lassen. Exemplarisch sind solche Fälle, in denen sich der Briefkasten etwa frei zugänglich in einem Mehrfamilienhaus befindet. Dann wird man unter Umständen nicht ausschließen können, dass auch eine unbekannte dritte Person der Täter ist. Wie erwähnt, unterliegt dies aber stets der Würdigung des Gerichtes und ist kein sicheres Anzeichen für einen Freispruch, zumal man sich auch der Beihilfe strafbar machen kann, wenn man dem Täter seinen Briefkasten zur Verfügung stellt.
Ein ebenfalls häufig auftauchendes Problem ist die Frage, ob die Ware überhaupt angekommen ist. Die Bestellung allein ist bei kleinen Mengen nämlich noch kein Erwerb (anders bei größeren Mengen, s. o.). Vielmehr muss der Absender die Ware erst auf den Weg bringen und sie muss auch tatsächlich ankommen. Dies zu beweisen, ist oftmals schwierig. Liegen mehrere Bestellungen vor und gibt es seitens des Bestellers keine Reklamationen, wird die Staatsanwaltschaft auf den Erhalt schließen. Lässt sich nur nachweisen, dass die Ware versandt wurde, jedoch nicht, ob sie angekommen ist, bleibt aber eine Strafbarkeit wegen versuchten Erwerbs.
Ausblick
Der Online-Kauf oder auch Handel floriert geradezu. Im genannten „Shiny flakes-Verfahren“ hat es eine Vielzahl von Folgeverfahren gegen die Adressaten gegeben. Mittlerweile hat man die Liste sprichwörtlich abgearbeitet und die Welle an Verfahren ebbt nunmehr etwas ab. Das „Alpha-Bay“ Konvolut beginnt hingegen gerade erst, sich auszuweiten.
Aber auch andere Plattformen bestehen nach wie vor, insbesondere im Darknet wird weiterhin fleißig bestellt. Die Strafverfolgungsbehörden schauen dabei mit mehr als nur einem Auge drauf. Umso wichtiger ist es, professionell an diese Problematik heranzugehen und ohne Rücksprache mit seinem Verteidiger keine Angaben zu dem Vorwurf zu machen.