Oliver Kaupat hat einen Schulabschluss, eine Ausbildung und hat viele Jahre für wenig Geld gearbeitet, bis er krank wurde. Er leidet an einer Angsterkrankung, mit der er teils über Wochen kaum noch das Haus verlassen kann und bereits seine Frührente mit Aufstockung durch hat. Dabei ist der Mann gerade einmal über 40 und somit im besten Alter.
Mit der verbleibenden Energie gründete Oliver Kaupat Cannabis Colonia e. V. und nach mehreren Anläufen startete 2012 die erste Dampfparade in Köln.
Patient Oliver Kaupat muss keine Strafe zahlen
Dass Cannabis ihm hilft, war Oliver Kaupat bekannt, dass er sich im Notstand befindet nicht unbedingt. Bei Angsterkrankungen oder ganz generell sind hohe Mengen THC extrem kontraproduktiv und verstärken Angstzustände, nur kleine THC Mengen lindern Ängste. Für Oliver Kaupat wirkt Marihuana mit ca. 1 zu 1 Anteilen THC und CBD am besten, das wusste er damals noch nicht. Aufgrund interner Probleme hat Oliver Kaupat sich von Cannabis Colonia e. V. komplett zurückgezogen, die Dampfparade wird voraussichtlich auch im Jahr 2015 wieder im August oder September ohne seine Mitwirkung stattfinden, vielleicht ist er jedoch mit dabei.
Wie Oliver Kaupat im Notstand handelt
Ein Frührentner mit Aufstockung ist ungefähr in der Situation, dass er durch die Stadt laufen und Leergut suchen kann: Wer noch etwas Tabak und Alkohol konsumiert und nicht nackt herumlaufen will, kann sein kostenloses Essen von der Tafel holen. Wenn aus medizinischen Gründen jeden Tag noch ein Gramm Cannabis konsumiert werden müsste, geht dieses nicht, ohne zu dealen, zu stehlen oder anderweitig Sachen zu machen, die man nicht machen soll und es auch nicht möchte. Oliver Kaupat hat sich Ende 2013 dazu durchgerungen, ein Growzelt zu übernehmen und im eigenen Keller Marihuana anzubauen, um im Notstand sein Recht auf körperliche Unversehrtheit zu wahren.
Der erste Versuch war holprig, aber die Ernte war ihm so gut wie sicher, da zeigt ihn eine Nachbarin an, weil sie gerade wegen anderen Dingen Wut auf ihn hatte. Die Welt bricht ein, da neben der öffentlichen Demütigung der Hausdurchsuchung nun auch der Gang zum Anwalt mit entsprechenden Kosten ansteht. Oliver Kaupat ist mittellos, hätte sonst auch nicht diesen Notstand erlitten und erhält natürlich Prozesskostenbeihilfe.
Dennoch wurde ihm nicht nur gekündigt, er wird durch den Richter zudem zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Vor dem Gerichtstermin hat Oliver Kaupat jedoch alles richtig gemacht und hat sich Geld für Bearbeitungsgebühren geliehen und an Dr. Franjo Grotenhermen gewendet, mit dem er recht schnell eine Ausnahmegenehmigung nach § 3 Abs. 2 BtMG beim BfArM beantragen konnte und bewilligt bekam.
Oliver Kaupat stand deswegen als Patient im Notstand vor dem Richter, sonst wäre es vermutlich noch schlimmer gekommen, obwohl Oliver Kaupat nicht vorbestraft oder anderweitig auffällig war, abgesehen von seinem Wirken in Cannabis Colonia e. V.
Im Notstand so schnell wie möglich die Ausnahmegenehmigung beantragen!
Nach dem Gerichtsurteil ging Oliver Kaupat in Berufung oder Revision, da er nicht eingesehen hat, wofür er als Patient im Notstand über 3000 € Strafe zahlen soll oder womit ein Vorgehen gegen ihn als Patienten im Notstand richtig gewesen wäre. Der Richter verwarnt Oliver Kaupat am 16.03.2015, lässt aber sämtliche Geldstrafen fallen. Das genaue Urteil lautet: „Verwarnung mit Strafaussetzung für ein Jahr.“ Express.de titelt mit „Zugedröhnt vor dem Richter – und der fand’s okay!“, Bild.de titelt „Kölner hat Lizenz zum Kiffen“.
Oliver Kaupat ist kein Einzelfall. Der Großteil aller Cannabispatienten befindet sich in einem ähnlichen Notstand und beantragt dennoch nicht die Ausnahmegenehmigung.
Viele sind nicht in der Verfassung und haben keine Hilfe, andere wissen nicht über ihre Möglichkeiten, die nächsten gehen damit nicht zum Arzt oder dieser blockiert und ein typisches Argument lautet: „Wofür? Ich kann mir die Apothekenpreise nicht leisten.“ Andere hingegen sehen es nicht ein, dass sie diesen mühseligen Weg für ihr Cannabismedikament aus dem Garten gehen sollen. Fakt ist jedoch, dass jeder auffällig werden kann und dann im Notstand das Döschen mit Ausnahmegenehmigung zücken zu können, ist ein erheblicher Vorteil.
Leider reicht auch das in Einzelfällen nicht vor Repression, aber die Chancen, dass gar nichts oder nichts Schlimmes passiert, sind erheblich besser. Wer im Notstand steht, sollte es deswegen versuchen, da es spät ist, zu warten, bis man die Anklageschrift auf dem Tisch liegen hat.
Aber auch dann ist es ein schlagendes Argument in der Verteidigung, wenn man sich im Notstand befindet und wirklich nur Handlungen vorgeworfen bekommt, die mit der Eigenversorgung im Zusammenhang stehen. Wer sich als Patient im Notstand befindet, darf aber nicht auf den Anwalt hoffen, der das dann vor Gericht vorträgt. Wer nicht wenigstens zusammen mit einem Arzt einen Antrag gestellt hat, kann seinen Notstand nicht belegen und Anwälte wissen über dieses Verteidigungsargument häufig selbst nicht genügend Bescheid oder kommen einfach nicht auf die Idee.
Gerade Pflichtverteidiger wollen die Akten schnell vom Tisch bekommen und werden ihre Möglichkeiten wie einen Notstand mit Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht immer ausspielen.
Oliver Kaupat kennt seinen Anwalt jedoch seit vielen Jahren und hatte hier und dank Dr. Franjo Grotenhermen Glück, er steht jetzt nicht auch noch mit Schulden da, weil er medizinisches Cannabis nutzt und im Notstand selbst anbaute!