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Seit der Hanflegalisierung beschäftigen sich Verbände, Juristen und Unfallforscher verstärkt mit Mischkonsum von Alkohol und Cannabis im Straßenverkehr. Auch der diesjährige „Deutsche Verkehrsgerichtstag“ hatte THC am Steuer auf der Tagesordnung stehen und die Experten fordern bei einer Nachweisbarkeit härtere Maßnahmen besonders gegen jüngere Autofahrer, die gleichzeitig bekifft und besoffen erwischt werden.
Probleme bei der Nachweisbarkeit von THC
Cannabis und Alkohol lassen sich als berauschende Substanzen zwar beide simpel wie schnell nachweisen, mit Blick auf eine möglicherweise beeinträchtigte Verkehrstüchtigkeit jedoch nicht direkt vergleichen. Alkoholische Getränke baut der Organismus nach einem klaren, kalkulierbaren Zeitplan ab, und die in Deutschland erlaubten 0,5 Promille sind das Ergebnis langjähriger Studien, während Cannabinoide recht willkürlich beurteilt werden.
Beim Kiffen verzichten Behörden bei weniger als 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blut auf Strafen, was laut internationaler Forschung das absolute Minimum darstellt und mit einem wirklich realistischen Grenzwert für Cannabinoide im Straßenverkehr wenig zu tun hat. Die Nachweisbarkeit von Marihuana-Konsum bleibt allerdings über einen sehr langen Zeitraum möglich.
Der Abbau läuft individuell verschieden, wobei berauschende Effekte der Joints nach einigen Stunden natürlich vorübergehen und das Führen von Kfz sicher ist. Wirklich akkurate Cannabistestmethoden mit allen nötigen Daten wie beim Alkohol gibt’s aktuell leider keine, und so fordern Polizeigewerkschaften und Automobilklubs auf dem Verkehrsgerichtstag endlich mehr Mittel für bessere THC-Testverfahren.
Kfz-Versicherer verlangen generelles Verbot von Mischkonsum am Steuer
Jeder zweite Unfall mit Todesfolge habe mit Alkohol zu tun und häufig werde Cannabis ebenfalls nachgewiesen – laut Frau Kirstin Zeidler von der Unfallforschung der Versicherer muss gleichzeitiges Saufen und Kiffen ab sofort immer sanktioniert werden! Momentan sei vorgeblich auch in kleinen Mengen stets gefährlicher Mischkonsum noch erlaubt.
Wer die jeweils geltenden Grenzwerte beim Drogentest unterschreitet, darf ohne weitere Maßnahmen oder einen Eintrag in Flensburg weiterfahren. Bessere Aufklärung wäre ebenfalls geboten, wissenschaftlich legitimiert natürlich, und gerade beim Entwickeln neuer Testmethoden könnte auch eine kleine Ecke vom Billionenkredit der künftigen Bundesregierung für Cannabis-Forschungsprojekte Gutes auf deutschen Straßen tun.
Null-Toleranz für alle kiffenden Autofahrer?
Nach Anpassungen vom Cannabisgesetz zu THC im Straßenverkehr werden Ersttäter nicht mehr sofort mit Führerscheinentzug und bombastischen Geldstrafen ruiniert. Diesen Warnschuss wollen besorgte Psychologen am liebsten wieder abschaffen und wirklich jeden Kiffer bestraft sehen, egal ob seit Jahrzehnten unauffällig unterwegs oder als frisch gebackener Fahranfänger.
Wird Hanf nämlich nachgewiesen, argumentieren Frau Yvonne Muffert und Herr Siegfried Brockmann auf der Tagung, bestünde immer ein klarer Verdacht auf missbräuchlichen Konsum und Abhängigkeit! Das gelte natürlich nur bei Cannabis und nicht bei Alkohol, so die Experten, und von der Strukturierung einer MPU bis zu Schadensgutachten für Kraftfahrzeuge müssen neue Regeln umgehend ausgearbeitet werden.
Extra Arbeitskreis vom TÜV Thüringen zu „Cannabis-Missbrauch im Straßenverkehr“
Eine eigene Arbeitsgruppe zu Haschisch und Marihuana hinter dem Steuer hatte schließlich der TÜV Thüringen auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar am Start. Verkehrspsychologin Marie-Christin Perlich meinte in dieser Runde zum Beispiel, dass Kiffer zwischen Alltagskonsum und Autofahren wahrscheinlich gar keinen Unterschied machen könnten! Alle Begutachtungsleitlinien gehörten dazu auf den Prüfstand, und vom TÜV wurden abschließend folgende Empfehlungen an Politik und Behörden ausformuliert:
- Mischkonsum von Alkohol und Cannabis muss immer sanktioniert werden – auch bei Hanf auf Rezept vom Arzt und Ersttäterschaft.
- Aufnahme von Mischkonsum als Gefährdung für die Verkehrssicherheit in Anlage 4 der Fahrerlaubnisordnung, wo bekanntlich die Eignung zum Führen von Kfz geregelt ist.
- Umfang und Dauer einer Strafe sollten bei Cannabis von Aspekten wie Konsummustern, „Vortagesgeschehen“ und weiteren Umständen abhängig sein.
- vollständige Abstinenz von THC für Arbeitnehmer, die im Bereich der Gefahrguttransporte zu tun haben.
Hanfprodukte konsumieren, Marihuana selbst anbauen und mitführen ist zwar seit einem Jahr legal, doch gerade im Bereich der Straßenverkehrsordnung noch lange nicht so detailliert geregelt, wie das nach Ansicht der Fachleute erforderlich ist.
Mal schauen, was die neuen Bundesdrogenbeauftragten und Verkehrsminister der künftigen Regierung aus CDU/CSU und SPD dazu sagen. Mehr Wissenschaftlichkeit erscheint auf jeden Fall schon jetzt mit Sicherheit genauso wichtig wie klare Vorschriften, ohne dass es dabei wieder zu staatlichen Gängeleien wie zu früheren Verbotszeiten kommt.