Über jene in der Politik gerne verkündeten Entlastungen samt Bürokratieabbau dürfen sich diesen Sommer auch mal die ansonsten oft vernachlässigten Hanfpatienten freuen. Abgeschafft wurde nämlich endlich der äußerst nervige Genehmigungsvorbehalt von Krankenkassen bei Cannabis auf Rezept.
Bis dato lehnte die Kasse als zuständiger „Medizinischer Dienst“ bei Grasblüten und THC-Öl häufig jede Übernahme von Behandlungskosten ab, nicht selten gegen das Urteil der eigentlichen Ärzte und ohne sich um das Leid von Patienten zu kümmern.
Verschreibungen der hochwirksamen Cannabinoide ab sofort leichter und schneller
Vor der Abschaffung des Genehmigungsvorbehalts war es absurderweise nicht dem Hausarzt und Fachmediziner freigestellt, wie konkret eine Therapie im Einzelfall aussehen soll. Krankenkassen gerierten sich bei der erstmaligen Verordnung von Cannabis auf Rezept wie selbst ernannte Götter in Weiß, schauten aber weniger fachlich versiert auf konkrete Beschwerden, sondern meistens ausschließlich auf die eigene Jahresbilanz.
Weil therapeutisches Marihuana in Deutschland aus verschiedenen Gründen enorm teuer sein kann, senkte man über kranken Menschen fast so oft den Daumen wie römische Kaiser über verwundeten Gladiatoren. Auch ein Wechsel der Hanfprodukte ging nur unter jenem jetzt beseitigten Genehmigungsvorbehalt. Betroffen waren praktisch alle Schwerpunkte und Fachbereiche, weil Doktoren angeblich die Voraussetzungen für Medizinalhanf allein nicht abschätzen konnten.
Durch die Abschaffung dieser unnötigen Zwischenhürde auf dem Weg zur Verschreibung von THC und CBD kommen Patienten leichter, schneller und gerade auch passgenauer an die gewünschte Medizin. Theoretisch können Ärzte weiterhin bei der Krankenkasse um Rat bitten, aber im Sprechzimmer dürfte man über weniger Anträge schreiben sowie den Wegfall von bisher angedrohten Regressansprüchen eher hocherfreut als tief besorgt sein.
Bei Hanf vom Arzt wird auf bestimmte Krankheitsbilder verzichtet
Statt für Cannabismedizin endlose Vorschriften rund um diese oder jene Beschwerden umständlich zu formulieren, beschränkt man sich nun auf die Nennung von insgesamt 16 berechtigten Fachbereichen der Medizin und verlässt sich auf ohnehin vorhandene Expertise. Die Sicherheit der Patienten bleibt genauso gesichert wie der Abbau von Bürokratie und in der Summe bedeutet dies eine entsprechend bessere Versorgung bei Cannabis auf Rezept – endlich.
Diskussionen hatte es bei den Verbänden und Kassenvertretern zuvor mal wieder über die Frage gegeben, ob Cannabis jetzt ein Fertigarzneimittel sei oder nicht. Obwohl die Hanfpflanze seit Jahrtausenden ein Klassiker der Heilkunst ist und in modernen Staaten als Therapeutikum umfassend erforscht wird, drehten bundesdeutsche Bürokraten wie gewohnt ihre Kreise und zugleich an der Kostenschraube.
Apotheken verlangen etwa für oft überhaupt nicht erwünschtes Zermahlen von Gras samt seiner begehrten Trichome und Terpene fette Aufschläge, was wiederum die Krankenkassen störte und zur Ablehnung von Behandlungen führte. Statt Hanfblüten zum Rauchen und Verdampfen gab es Konzentrate, deren Wirksamkeit jedoch gar nicht selten geringer ausfällt als die natürlichen Formen von Cannabis. Effekte, Nebenwirkungen und Dosierungen seien extrem verschieden, meinten Verbände, die nach dem Abschaffen der Extra-Genehmigungen schon ein wenig dumm dastehen.
Cannabis auf bestem Wege zur Allgemeinmedikation?
Möglich, denn selbst in der Kinder- und Jugendheilkunde sind THC-Rezepte ab sofort erlaubt. Natürlich wird es zur Verschreibung von Medizinalhanf an besonders junge Patienten nur sehr selten, doch diese Gruppe angesichts neuster Forschung komplett ausschließen möchte man nicht mehr. In der Beschlussfassung sind etwa Gynäkologie und Schmerztherapie als typische Anwendungsbereiche von medizinischem Cannabis genannt.
Entschieden wird ausschließlich vom behandelnden Arzt beziehungsweise der Ärztin, wobei die Mediziner auch keine extra Fortbildung mehr besuchen müssen. Wegen der allgemeinen Zunahme von Verschreibungen kann es allerdings zu Problemen kommen und explizit in der Palliativmedizin muss Nachschub mit THC auch bei deutlich mehr Rezepten stets gesichert sein – verständlich.
Evaluiert wird die neue Praxis in 15 Monaten. Ein normales Präparat im Rahmen der Allgemeinmedikation soll Cannabis freilich nicht sein und es wird spannend zu sehen, wie sich die Verbände nach dieser künftigen Überprüfung positionieren. Von den Apotheken gab es noch keine Reaktionen, wohl aber aus der Cannabis-Wirtschaft respektive den für Import zuständigen Unternehmen. Patienten wird viel sinnlose Wartezeit erspart, Medizinern der Stress beim Ausfüllen von Formularen und die Einfuhr wie Verteilung bis hin zur Ausgabe sind in Deutschland in Zukunft hoffentlich fast so einfach wie in Nordamerika.