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Wer kennt das nicht: Man selbst oder ein Bekannter fotografiert sich selbst dabei, wie man einen Joint in Händen hält und postet dieses Foto bei Facebook, Instagram oder woanders. So erst vor einiger Zeit einem jungen Mann aus Hamburg passiert. Die Person auf dem Foto nahm etwas in die Hand, das jedenfalls einem Joint sehr ähnlich sah und zündete es mit der anderen Hand mit einem Feuerzeug an. Dieses Foto wurde dann auf Facebook hochgeladen, sodass es für andere Leute sichtbar war.
Was eigentlich nur als Scherz gedacht war, führte zu einem Ermittlungsverfahren. Aufgrund einer Internetrecherche erfuhr die Polizei Hamburg davon und leitete ein Strafverfahren gegen ihn ein. Kurze Zeit später erhielt er von der Polizei eine Vorladung als Beschuldigter. Die Polizei teilte ihm mit, dass ihm eine Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen wird. Aber macht man sich tatsächlich schon strafbar, wenn man ein solches Foto hoch lädt?
Wie reagiert man am besten?
Der erste Fehler wäre es bereits jetzt gewesen, wenn man zu diesem Termin hingeht. In solch einer Situation sollte man stets einen Verteidiger konsultieren und nicht bei der Polizei erscheinen. Allein die oft schon kryptische Überschrift in solchen Vorladungen „Verstoß gegen das BtMG wegen Herstellung, Anbau, Besitz von Betäubungsmitteln“ verwirrt eher. In einer Vorladung steht zu 99 % nie der exakte Vorwurf. Man will ködern und allzu Neugierige gehen dann auch zur Polizei, weil sie wissen wollen, was eigentlich los ist. Also: Ruhe bewahren und einen Anwalt für Strafrecht dazu holen.
Macht man sich durch das Hochladen oder das Foto strafbar und wenn ja, wie?
Selbstverständlich speisen wir euch nicht mit so einem weisen Ratschlag ab. Denn spannend ist ja, ob man sich damit überhaupt strafbar machen kann. Trotzdem: Bevor ihr die nächsten Abschnitte lest, kann man zusammenfassend sagen, dass die Art der Stellungnahme von sehr großer Bedeutung ist.
Eines vorab: Durch das Fotografieren und reine Hochladen von Fotos macht man sich grundsätzlich nicht strafbar, sieht man mal von ein paar Ausnahmen ab. Gemeint sind solche Ausnahmen, bei denen man durch das Hochladen gegen das Urheberrecht verstößt oder wenn man etwa Bilder mit pornografischem Inhalt hochlädt. Auch wichtig zu bedenken ist, dass ein Foto nur eine Momentaufnahme und zudem nur visuell wahrnehmbar ist.
Um auf den Fall zurückzukommen, sah man auf dem erwähnten Foto erst einmal nur einen Gegenstand, der wie ein Joint aussieht. Ob sich darin tatsächlich Betäubungsmittel befinden, lässt sich allein anhand des Fotos nicht nachweisen. Das Foto begründet also allenfalls einen Anfangsverdacht, weswegen auch die Vorladung durch die Polizei erfolgte. By the way: In Bayern hätte man möglicherweise allein aufgrund dieses Fotos schon eine Wohnungsdurchsuchung durchgeführt. Aber derjenige wohnte zum Glück in Hamburg. Eine Stellungnahme dahin, dass sich in dieser Jointattrappe überhaupt keine Marihuana befand, wird man also nur schwer widerlegen können.
Allerdings bleibt es oft nicht allein bei dem Foto. Vor allem bei Facebook werden die Fotos gerne auch mal kommentiert. Ein etwas flapsiger Kommentar, der auf den verbotenen Inhalt hinweist, kann dann nach hinten losgehen. Dies kann den Schluss zulassen, dass sich im Zigarettenpapier eben nicht nur Tabak befindet. Dann befindet man sich schnell im Strafbarkeits-Dunstkreis des BtMG.
Welche Straftaten kommen in Betracht?
§ 29 BtMG sieht einen ganzen Katalog davon vor. Die häufigste Variante ist Besitz von Betäubungsmitteln. Damit meint man ein tatsächliches Sachherrschaftsverhältnis von gewisser Dauer. Auf letzteres kann es entscheidend ankommen. Bewahrt man bei sich zu Hause etwa Marihuana auf, wird man zweifelsohne von einer gewissen Dauer und damit von Besitz reden können.
Anders verhält sich das aber, wenn man einen (richtigen) Joint von einem Freund in die Hand gedrückt bekommt und ihn (sogar wenn man danach daran gezogen hat) wegwirft. Die Weitergabe an einen anderen wäre schon wieder strafbar, da man dann Betäubungsmittel abgibt. Ob unser Freund aus Hamburg sich also nun wegen Besitzes strafbar gemacht hat, hängt nicht zuletzt von seiner Einlassung ab. Wie zuvor erwähnt, das Foto ist nur eine Momentaufnahme. Was davor und danach passiert ist, lässt sich am Foto nicht erkennen. Es wäre also möglich und auch schwer zu widerlegen, dass man den Joint in die Hand gedrückt bekommt, das Foto macht und ihn dann wegwirft und vernichtet.
Gibt es noch weitere Möglichkeiten, sich außer wegen Besitzes strafbar zu machen?
Die Vorschrift des § 29 BtMG bietet einen ganzen Blumenstrauß an weiteren Alternativen auf, viele davon eher unbekannt.
Eine davon dürfte noch relativ bekannt sein, nämlich „anbauen“. Hier gilt im Grunde nichts anderes, als da oben Gesagte. Das Foto allein beweist es nicht, solange man nicht etwas hinzu kommentiert. Gleiches gilt für Herstellen, Handel treiben, einführen, ausführen, veräußern, insbesondere auch für die Abgabe, in den Verkehr bringen, erwerben oder sich sonst verschaffen. Allein durch das Hochladen des Fotos macht mich sich wegen all dessen nicht strafbar.
Aber es gibt auch noch eine Reihe von Exoten in § 29 BtMG, die einem eher selten begegnen, auf die man hier jedoch stößt. Da wäre zum einen das „Werben für Betäubungsmittel“. Auf den ersten Blick absolut naheliegend, dass man für Betäubungsmittel wirbt, wenn man solche auf einem Foto für jedermann zugänglich zeigt und damit „angibt“. Doch macht man sich dann auch deswegen strafbar? Nein! Denn für etwas werben setzt voraus, dass man seine Bereitschaft zeigt, Betäubungsmittel zu liefern. Durch das Abfotografieren eines Joints kann man dies jedoch nicht ohne Weiteres annehmen. Auch hier sähe es natürlich anders aus, wenn man den entsprechenden Text dazu schreiben würde.
Wäre es psychische Beihilfe?
Auch psychische Beihilfe kommt durch das Hochladen des Fotos nicht infrage. Denn um strafrechtlich Beihilfe zu leisten, benötigt man eine rechtswidrige Haupttat. Der Konsum von Betäubungsmitteln ist nicht strafbar. Die Dokumentation des Konsums eines Dritten also erst recht nicht.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass man einem Strafverfahren relativ entspannt entgegensehen kann, wenn man das Foto nicht mit eigenen Kommentaren bei Facebook oder woanders strafrechtlich „aufwertet“. Im Zweifel bleibt es bei dem „weisen“ Rate von oben: Sucht einen Anwalt für Strafrecht auf und entscheidet nach Akteneinsicht, wie ihr euch positioniert. Frühschüsse haben noch nie geholfen.